Lennart Zech

Die Wirkung zählt

Ein Fonds für Social Impact rückt den Profit in den Hinter- und die gesellschaftliche Wirkung in den Vordergrund

Bereits Ende 2019 hat fair-finance den Social Entrepreneurship Venture Capital Funds angekündigt. Eineinhalb Jahre später und genau zum Zeitpunkt des Starts hat forum-Redakteur Lennart Zech sich mit fair-finance-CEO Markus Zeilinger über die Hürden der letzten Monate, die ersten Unternehmen und die Vision des neuartigen Social Impact Funds unterhalten. Denn bald ist es so weit. Die Konzession steht kurz vor der Bestätigung.

© fair-financeMag. Markus Zeilinger ist Gründer und CEO der ­Sinnova Holding, Vorstandsvorsitzender der fair-finance Vorsorgekasse und Vorstandsmitglied im Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG).

Herr Zeilinger, was waren eigentlich die Beweggründe für fair-finance, das Sozialunternehmertum in Österreich zu unterstützen?
Wir verstehen uns als Game-Changer und selbst als Social Enterprise. Wir haben die Vision, das uns anvertraute Kapital sinnstiftend in unserem Sinn der Nachhaltigkeit einzusetzen und Vorreiter zu sein. Den Impact, den wir anstreben, erzielt man am besten durch Direktinvestments. Nicht durch den reinen Erwerb von nachhaltigen Aktien oder Anleihen. Natürlich wenden wir unsere Nachhaltigkeitskriterien auch im Ankauf dieser beiden Assetklassen an. Doch der Unterschied besteht darin, dass hier das Kapital, welches wir bereitstellen, direkt investiert wird und nicht den bisherigen Eigentümern der Wertpapiere zugutekommt. Im Bereich der Beteiligungen war es also naheliegend, den Social Entrepreneurship Venture Capital Funds aufzusetzen, der sich mit Beteiligungen an Impact-starken Unternehmen beschäftigt.
 
Können diese Social Entrepreneure nicht einfach das Geld von der Bank bekommen?
Nein. Social Entrepreneure haben es oft schwer, sich über Banken zu finanzieren. Wir wollen diese Lücke schließen, als Vorbild auftreten und ein Multiplikator unserer Idee für weitere Unternehmen sein. Für uns gilt es, ein Netzwerk aufzubauen und die Rahmenbedingungen der Social-Entrepreneure-Finanzierung zu verbessern. Denn erst mit dem bereitgestellten Kapital können diese Akteure sich als wirtschaftlicher Faktor etablieren.
 
Ist das der einzige Fonds dieser Art in Österreich?
Ja, in dieser Art ist es der einzige Fonds in Österreich, der Social Enterprises mit Eigenkapital versorgt. Das heißt aber auch ganz konkret, dass die Unternehmen, die von uns Geld bekommen, ein soziales, so genanntes Impact-Unternehmen sein müssen. Es geht also nicht nur um grüne Technologie mit maximalem Gewinnstreben. Vielmehr wird der Profitwille in den Hinter- und der Impact in den Vordergrund gerückt.
 
Warum hat es letztlich über ein Jahr gedauert, bis erste Beteiligungen eingegangen werden konnten?
Die erste Ankündigung war tatsächlich schon im Herbst 2019 und im Frühjahr 2020 nahm dann alles mehr und mehr Fahrt auf. Warum es dann bis zur Zulassung des Fonds doch ein wenig gedauert hat, hatte einen wesentlichen Grund: Der Fonds wurde regulatorisch und aufsichtsrechtlich als konzessionierter Alternativ Investment Fonds unter der EUVECA-Verordnung aufgesetzt. Da wir der erste Fonds in dieser Ausgestaltung waren und es sich um eine spezielle EU-Verordnung handelt, die genau für solche Social Impact Fonds verabschiedet wurde, wusste zu dem Zeitpunkt in Österreich noch niemand so recht, wie sich so etwas in der Praxis umsetzen lässt.
 
Viele Details mussten ausgearbeitet werden, bis wir alles regulatorisch aufsetzen konnten. Doch wir haben die Zeit genutzt und erste Gespräche mit Social Entrepreneuren geführt. So konnten wir in diesem Abklärungsprozess schon die ersten fünf Unternehmen auswählen. Mittlerweile haben wir bereits die Bestätigung zur Konzession. Die Gesellschaft wurde also gegründet und die Beteiligungen können zeitnah eingegangen werden.
 
Können sich auch andere Investoren in dem Fonds beteiligen?
Absolut! Deshalb ja auch der mühsame Konzessionierungsprozess. Co-Investoren können genauso wie wir mit fair-finance in den Fonds investieren. fair-finance ist Initiator, Fondsmanager und Seeding-Kapital-Geber und stellt fünf Millionen Euro zur Verfügung. Ab sofort ist es möglich, dass sich auch andere Investoren mit einem Mindestinvestment von 500.000 Euro beteiligen. Der Fokus liegt dabei auf Stiftungen oder institutionellen Organisationen und nicht so sehr auf Privatanlegern.
 
Gibt es derzeit schon andere Geldgeber?
Ja, wir haben informelle Gespräche geführt und sind auf Interesse gestoßen. Das angestrebte Gesamtvolumen soll den Beitrag von fair-finance verdoppeln, so dass wir davon ausgehen, den Fonds bald mit zehn Millionen Euro dotieren zu können.
 
Wann wollen Sie die zehn Millionen Euro erreichen?
Wir haben Fristen gesetzt, wann der Fonds schließt. Denn es wäre unfair, wenn ein Investor zu einem späteren Zeitpunkt bei dem gleichen Kurs einsteigt, wenn man schon weiß, wie sich die eingegangenen Beteiligungen entwickeln. Der Fonds ist also ein geschlossenes Produkt, in den Investoren nur zu Beginn einsteigen können. Wichtig für fair-finance ist, dass wir auch in Zukunft zumindest mit 50 Prozent der Lead Investor sind, damit wir auch weiterhin die Geschäftspolitik im Sinne des angestrebten Impacts maßgeblich bestimmen können.
 
Was kommt nach Fond Nr. 1?
Die Erfahrungen des ersten Fonds wollen wir dann in einem zweiten, dritten und vierten Fonds nutzen. Das Ziel: mit diesem Geschäftsmodell ganz bewusst in eine lebenswerte Zukunft investieren. Ob es jährlich einen neuen Fonds gibt, hängt natürlich von der Nachfrage ab. Aber grundsätzlich ist ein Folgeprodukt geplant, welches dann wieder mit einem Seeding-Kapital von fair-finance startet. Und natürlich könnten in Zukunft auch andere Länder, neben Österreich, interessant werden.
 
Wie viele Einreichungen gab es im jetzigen Fonds insgesamt?
Nach dem Impact Day vom Senat der Wirtschaft vor eineinhalb Jahren, auf dem wir den Fonds angekündigt haben, kamen schon die ersten Anfragen. Durch einige zusätzliche Medienberichte wurden bis jetzt 14 Anfragen an uns herangetragen. Davon kamen fünf dann schlussendlich zum Abschluss, mit zwei weiteren sind wir noch in detaillierten Gesprächen und mit sieben wurden die Gespräche aus unterschiedlichen Gründen gestoppt.
 
Aus welchen Gründen wurden bei sieben Fonds-Bewerbern die Gespräche gestoppt?
Das lässt sich nicht pauschal sagen. Bei einigen generiert die Geschäftsidee nicht ausreichend Impact, bei anderen war es die Wirtschaftlichkeit, bei wieder anderen der strenge Prüfungsprozess in unserem Fonds.
 
Was passiert am Ende? Welche Exit-Szenarien sind geplant?
Das ist tatsächlich eine wichtige Frage! Hier liegt naturgemäß die große Sorge der Social Entrepreneure. Üblicherweise ist es bei solchen Beteiligungsfonds so, dass am Ende der Laufzeit der Exit kommt. Heißt: Der Fonds veräußert alle seine Beteiligungen und die Investoren wissen erst dann, wie hoch die Rendite des Investments war. Auch bei uns ist es grundsätzlich so. Jedoch ist vorgesehen, dass die einzelnen Beteiligungen nach acht Jahren Laufzeit des Fonds nicht an den Meistbieter verkauft werden, sondern den Social Entrepreneuren selbst beziehungsweise ihren Mitarbeitenden angeboten werden müssen. Weiters ist angedacht, die Beteiligungen in eine Anleihe überzuführen und somit von der Assetklasse Privat Equity in die Assetklasse Unternehmensanleihen zu wechseln. Zu diesem Zeitpunkt wissen wir genau, welche Beteiligungen funktioniert haben und welche nicht, und können die Unternehmen daher gut bewerten und den zukünftigen Ertrag berechnen. Die Co-Investoren können dann weiter Anleiheinvestoren bleiben, oder sie bekommen ihr Kapital zurück.
 
Diese Unternehmen haben uns mit ihren Ideen überzeugt. Da der Weg der Zusammenarbeit im Fonds mit vielen Regularien einhergeht, waren diese auch die ersten fünf Unternehmen, wo der Prozess bis hin zur finalen Beteiligung erfolgreich war. Diese fünf haben unsere Anforderungen bestens erfüllt. Dabei steht der kommerzielle Erfolg des Geschäftsmodells nicht alleine im Vordergrund, vielmehr geht es darum, das Kapital jenen Unternehmen bereitzustellen, die einen sichtbaren und messbaren Impact erzeugen können. Es geht um das Gesamtkonzept und nicht um maximale Performance. Denn für uns ist der Social Impact das wirklich wichtige Investment. Gleichzeitig wollen wir auch anderen Investoren ermöglichen, sich an Unternehmen zu beteiligen, die Lösungen anstreben, statt Green Washing zu betreiben.
 
Dennoch erwarten natürlich auch wir eine moderat positive Rendite und streben mit unserem Social Entrepreneurship Venture Capital Funds einen jährlichen Ertrag von 3,5 Prozent an.
 
Herr Zeilinger, vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg für den ersten und hoffentlich nicht letzten Social Impact Funds.
 
Hinweis: Erfahren sie mehr über die ersten fünf Social Start-ups des Social Impact Funds.

Dieser Artikel ist in forum 01/2021 - SOS – Rettet unsere Böden! erschienen.

Weitere Artikel von Lennart Zech:

Das Grüne Imperium von Martin Bauer
Vom Kräutersammler zum Global Player
Ein Hidden Champion aus Franken will klimaneutral werden. Und das bis 2030. Aus diesem Anlass hat forum einen Blick in die Unternehmensgeschichte des Konzerns geworfen. Darin dominieren die Wertschätzung der Lieferketten und ambitionierte Ziele in Sachen unternehmerische und gesellschaftliche Verantwortung. Zur Nachahmung empfohlen.


Nachhaltigkeit auf und neben der Tour
Erfolgsband Milky Chance im forum-Interview
Schallplatten, Awards und Echos – von Amerika über Europa bis nach Australien ist die deutsche Band Milky Chance erfolgreich mit ihrer Musik. Dass die Band aber auch in Sachen Nachhaltigkeit bereits auf Platz eins der Charts stürmte, zeigte nicht zuletzt die Ehrung mit dem Sonderpreis des Deutschen Nachhaltigkeitspreises im letzten Jahr.


#AlarmstufeGrün - Ein Bündnis für den Wandel
Aufruf zur Förderung einer nachhaltigen Veranstaltungswirtschaft
Die Veranstaltungswirtschaft steht vor einer existentiellen Bedrohung und benötigt Unterstützung. Gleichzeitig verdeutlichen Corona- und Klimakrise, dass es ein einfaches „Weiter so“ nicht geben kann! forum unterstützt den Aufruf und das Bündnis unter dem Hashtag #AlarmstufeGrün!, damit die Firmen und Selbstständigen der Kulturbranche überleben und sich gleichzeitig zukunftssicher aufstellen durch ein nachhaltiges Wirtschaften.


Fragen, suchen, Klima schützen
Der Wechsel zur nachhaltigen Suchmaschine
Allein in Deutschland werden täglich so viele Suchanfragen bei Google gestellt, wie Menschen in der Bundesrepublik leben – circa 80 Millionen. Die Anfragen kommen von Personen, die privat und auch beruflich schnelle Informationen benötigen. Wer statt zu googeln zu einer alternativen Suchmaschine wechselt, betreibt nicht nur Umweltschutz, sondern legt ein Bekenntnis zur Nachhaltigkeit ab.


Deutsche Technik und afrikanische Sonne
#connect2evolve löst Energieprobleme
"Wenn einer Wirtschaft grundlegende Bausteine fehlen, kann sie ihr Potenzial nicht entfalten"




     
        
Cover des aktuellen Hefts

forum future economy

forum Nachhaltig Wirtschaften heißt jetzt forum future economy.

  • Mit diesem Schritt markiert der Verlag bewusst eine Zeitenwende – hin zu einer Wirtschaft, die Zukunft schafft, statt nur Probleme zu verwalten.
Weiterlesen...
Kaufen...
Abonnieren...
08
DEZ
2025
Seeds of Hope
Lichtblicke am Jahresende
80336 München
09
DEZ
2025
Club of Rome Salon: Building the City of the Future (in English)
Cities, World Expos, and Stakeholders Driving Sustainability
10178 Berlin
Alle Veranstaltungen...
Anzeige

Professionelle Klimabilanz, einfach selbst gemacht

Einfache Klimabilanzierung und glaubhafte Nachhaltigkeitskommunikation gemäß GHG-Protocol

Klima

Wenn Klimaschutz nur der Ökonomie schadet...
Christoph Quarchs Überlegungen zur Generationengerechtigkeit
B.A.U.M. Insights
Hier könnte Ihre Werbung stehen! Gerne unterbreiten wir Ihnen ein Angebot

Jetzt auf forum:

Nachhaltig Weihnachten feiern

Ökologische Stromproduktion aus Fließgewässern

Ab 14.12.2025 gilt der neue Fahrplan der Deutschen Bahn für 2026

EMAS-Validierung für ein transparentes, europäisches Umweltmanagement der LaSelva Bio-Feinkost Unternehmensgruppe

Schulen stärken Bildung für nachhaltige Entwicklung

Seit 15 Jahren: faire und umweltbewusste Beschaffung mit dem Kompass Nachhaltigkeit

Blue Green FUTUREventura

Nachhaltigkeit in der Cloud

  • Global Nature Fund (GNF)
  • DGNB - Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen
  • BAUM e.V. - Netzwerk für nachhaltiges Wirtschaften
  • toom Baumarkt GmbH
  • NOW Partners Foundation
  • TÜV SÜD Akademie
  • Futouris - Tourismus. Gemeinsam. Zukunftsfähig
  • World Future Council. Stimme zukünftiger Generationen
  • Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG
  • Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft e.V. (BNW)
  • Engagement Global gGmbH
  • Protect the Planet. Gesellschaft für ökologischen Aufbruch gGmbH
  • circulee GmbH