Nachhaltig digital

forum-Interview mit Alexander Bonde, dem Generalsekretär der DBU

Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt DBU möchte im Gemeinschaftsprojekt nachhaltig.digital die Möglichkeiten und Perspektiven der Digitalisierung für mehr Nachhaltigkeit aufzeigen. Der Corona-Lockdown und seine massiven Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft haben die Bedeutung des Themas dramatisch verstärkt. Grund genug für ein forum Gespräch mit Alexander Bonde, dem Generalsekretär der DBU.
 
Herr Bonde, welchen Beitrag hat die Digitalisierung mit ihren technischen Lösungen für die Arbeitsfähigkeit der DBU in der Corona-Krise geleistet?
Alexander Bonde ist Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) in Osnabrück. © DBUDigitale Technologien haben uns in der Krise kommunikationsfähig gehalten. Und wir waren gut vorbereitet, denn unser Projekt nachhaltig.digital nutzen wir schon seit über zwei Jahren als Experimentierraum für die virtuelle Zusammenarbeit mit unserem Partner B.A.U.M. e.V. in Hamburg. Wir prüfen jetzt verstärkt, welche der Tools wir für die Stiftung übernehmen können. Welche Maßnahmen und Arbeitsweisen haben sich bewährt? Welche wollen wir mit in die Zukunft nehmen? Es lohnt sich, genau hinzuschauen, wie sich unsere CO2-Bilanz durch die Corona-Phase verändert hat. Denn die Virtualisierung unserer Arbeitswelt kann helfen, viele Fahrten und damit CO2 einzusparen. Trotzdem ist und bleibt uns der persönliche Kontakt zu unseren Projektpartnern wichtig. Wir nutzen die Zeit der Corona-Pandemie, um zu lernen, welche Meetings auch in Zukunft digital stattfinden können und welche von persönlicher Anwesenheit profitieren.

Welche positiven Effekte kann die Digitalisierung darüber hinaus noch für Nachhaltigkeit/Umweltschutz leisten?
Die Virtualisierung unserer Arbeitswelt bietet Chancen insbesondere für den Klimaschutz, wenn dadurch unnötige Dienstreisen und Arbeitswege entfallen oder weniger Flächen genutzt und beheizt werden müssen. Die digitale Steuerung von Verkehrsströmen oder Produktionsprozessen kann helfen, Ressourcen besser zu nutzen und ermöglicht transparente Wertschöpfungsketten sowie die Schließung von Wertstoffkreisläufen.

Auch in der Landwirtschaft spielt Digitalisierung eine große Rolle für mehr Nachhaltigkeit, etwa beim Thema Precision Farming. Zwei Beispiele aus der DBU-Förderung zeigen den Zusammenhang auf: Das Laser Zentrum Hannover e.V. entwickelt zusammen mit Kooperationspartnern einen Prototyp für das Erkennen und Beseitigen von Unkraut in einem fahrbaren Untersatz. Diese laserbasierte Unkrautbeseitigung zeichnet sich durch eine schnelle und präzise Strahlung auf einzelne, ausgesuchte Pflanzen aus, von der Kulturpflanzen oder Tiere nicht beeinflusst werden. Die Firma Avalution aus Kaiserslautern will die Anzahl von Bekleidungsretouren im Online- Geschäft verringern, indem sie eine virtuelle Anprobe ermöglicht. An einem generierten Avatar wird die Kleidergröße und -form übertragen und angepasst. Der Kunde muss so nicht mehr die gleichen Kleidungsstücke in verschiedenen Größen bestellen.

Wo sehen Sie kritische Bereiche oder auch Grenzen der Digitalisierung?
Digitalisierung betrachten wir als Werkzeug, das bei der Umsetzung einer nachhaltigen Entwicklung helfen kann. Dazu muss die Digitalisierung allerdings selbst nachhaltig gestaltet werden und ihr Energie- und Ressourcenverbrauch so niedrig wie möglich sein. Nur so können ihre Vorzüge für Energieeffizienz, Kreislaufwirtschaft und CO2-neutrale Produktionsprozesse sinnvoll genutzt werden. Unsere Kompetenzplattform nachhaltig.digital thematisiert den ökologischen Fußabdruck in der Sonderreihe Arbeitswelt zum Schwerpunkt Green IT. Hier wird diskutiert, wo die Ressourcen für die Hardware herkommen, welche Reboundeffekte mit der Digitalisierung einhergehen oder wie groß der Energiehunger der Rechenzentren ist. Wir müssen uns bei der Einführung digitaler Innovationen fragen, welchen Mehrwert diese für eine nachhaltige Entwicklung bieten und wie sie sich an nachhaltigen Zielen ausrichten lassen können.
 
Gute Beispiele, wie das gelingen kann, zeigt unser DBU Green Start-up Sonderprogramm mit dem Schwerpunkt Digitalisierung. Die grünen Start-ups lösen die ökologischen Herausforderungen unserer Zeit mit digitalen Tools oder Geschäftsmodellen – zum Beispiel der digitale Produktionsassistent von Finealyze, der Unternehmen bei einer nachhaltigen Optimierung ihrer Produktionsprozesse unterstützt.
 
Neben den ökologischen Implikationen spielen bei der Ausgestaltung einer nachhaltigen Digitalisierung auch soziale und ethische Herausforderungen eine Rolle. Wer hat überhaupt Zugang zu digitalen Tools? Wie sieht die Zukunft der Arbeitswelt aus? Wie verhindern wir eine gesellschaftliche Spaltung und Diskussionen in so genannten Bubbles? Ihr volles Potenzial entfaltet die Digitalisierung nur, wenn wir sie ganzheitlich betrachten, keine Insellösungen vorangetrieben werden und sie nicht alleinig dem Selbstzweck dient. Für diese Betrachtungsweise brauchen wir auch transformative Bildungsansätze.
 
Welche konkreten Maßnahmen und Unterstützungen leistet die DBU gegenwärtig und in Zukunft, um die Digitalisierung zum Wohle von Natur und Gesellschaft zu nutzen?
Mit unserer Kompetenzplattform nachhaltig.digital schaffen wir einen Ansprechpartner für kleine und mittlere Unternehmen, die genau diese Frage antreibt. Im Blog und auf der Landkarte auf www.nachhaltig.digital finden sich viele modellhafte Beispiele und hilfreiche Tipps. Wir entwickeln aktuell außerdem eine Sammlung nachhaltig.digitaler Bausteine, die es Unternehmen noch einfacher machen, digitale Innovationen für nachhaltiges Wirtschaften einzusetzen. Seit Juli bieten wir dazu im Rahmen von Themenmonaten zudem Online-Events zu Aspekten wie „3D Druck", „Smart Grid", „Digitale Kreislaufwirtschaft" oder „Green IT" an.

Als Stiftung setzen wir auch in unserem Förderprogramm auf eine nachhaltige Digitalisierung. In unseren zwölf Förderthemen und unserem offenen Förderbereich ist Digitalisierung als Querschnittsthema angelegt. Um auch den jungen Mittelstand im Interesse des Umweltschutzes in seiner dynamischen Entwicklung zu unterstützen, haben wir das Green Start-up Sonderprogramm aufgelegt. Mit möglichst geringen Zugangshürden und intensiver sachkundiger Beratung wollen wir vor allem digitale Gründungen ansprechen, die im Übergang zur Green Economy als Impulsgeber und Innovationstreiber eine wichtige Rolle spielen.

Das Gemeinschaftsprojekt „nachhaltig.digital"
Seit 2018 setzen DBU und B.A.U.M. e.V. gemeinsam mit der Kompetenzplattform nachhaltig.digital Impulse für den Mittelstand zu Nachhaltigkeit & Digitalisierung. Der große Wert der Gemeinschaft liegt in der besonderen Nähe zur Zielgruppe der kleinen und mittleren Unternehmen. Beide Organisationen besitzen ein großes Netzwerk mit vorbildlichen Praxisbeispielen, die in die Entwicklung nachhaltig-digitaler Bausteine der Kompetenzplattform einfließen und auf der diesjährigen Jahreskonferenz im Herbst gelauncht werden. Die Plattform soll zu aktuellen Fragestellungen und Herausforderungen, denen sich nachhaltigkeitsmotivierte Unternehmen im Zuge der Digitalisierung stellen müssen, wertvolle Anregungen geben.

Alexander Bonde ist Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) in Osnabrück. Die größte Umweltstiftung Europas fördert innovative und modellhafte Lösungsansätze zum Schutz der Umwelt in den Bereichen Umwelttechnik, Umweltforschung und Naturschutz sowie Umweltbildung und Kulturgüterschutz. Ein Schwerpunkt liegt auf der Förderung von Öko-Innovationen in der mittelständischen Wirtschaft.

Dieser Artikel ist in forum 03/2020 - Digitalisierung und Marketing 4 Future erschienen.



     
        
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  • TÜV SÜD Akademie
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  • circulee GmbH
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  • Global Nature Fund (GNF)
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