Fritz Lietsch
Wirtschaft | Gründung & Finanzierung, 01.12.2018
Gutes Geld für gute Unternehmer
Social Entrepreneurship Fonds gibt Rückenwind
Der Senat der Wirtschaft veranstaltete Ende September 2018 im ehrwürdigen Dominikanerkloster zu Wien das fünfte Social Entrepreneurship Forum. Ein besonderer Höhepunkt in diesem Jahr war die Bekanntgabe eines Fonds für Social Entrepreneure.
Das vom Senat der Wirtschaft initiierte Social Entrepreneurship-Forum (SEF) fokussiert auf zwei Kernthemen: Zum einen sollen alle Stakeholder, also Unternehmen und Institutionen, Politik, Medien, NGOs, Zivilgesellschaft… motiviert werden, an einem Strang zu ziehen um gesellschaftliche Probleme auch durch Social Entrepreneurship zu lösen. Die andere Fragestellung ist nicht weniger wichtig: Wie kann man Finanzmittel zugänglicher für Social Business Akteure machen?

Schritt für Schritt zum Erfolg
Bereits auf dem SEF 2017 wurden von den Teilnehmern des Forums mit Unterstützung der Kanzlei RPCK Rastegar Panchal Verbesserungen der Rahmenbedingungen für österreichische Social Entrepreneure vorgeschlagen:
- die Vereinfachung der bürokratischen Erfordernisse
- ein regressives Fördermodell für Sozialunternehmen
- eine spezielle Rechtsform (S-GmbH) für Social Entrepreneure
- eine unabhängige Interessensvertretung
- die Verankerung im Bildungssystem
Die Erkenntnisse im Nachgang zum SEF 2017 waren schnell klar: Da die Umsetzung neuer Legislaturen lange dauern kann, muss man auch selbst aktiv werden!
Problem erkannt, Problem geIöst: In Sachen „unabhängige Interessensvertretung" konnte bereits im Oktober 2018 die Gründung von SENA, (Social Entrepreneurship Network Austria) gefeiert werden und auch der regelmäßige Austausch zwischen Institutionen und allen wichtigen Stakeholdern in Österreich lief bestens an. Thema Nummer 1 damit abgehakt und so konnte der Fokus für das SEF 2018 auf die Finanzierung von Social Entrepreneuren gesetzt werden.
Sozialunternehmertum verbindet soziale Wirkung mit wirtschaftlicher Unabhängigkeit! Dafür braucht es Kapital und optimierte Rahmenbedingungen.
Zwei Königskinder kommen zusammen
Wenn man ein Problem adressiert, kommt es oft durch „wundersame" Fügung zu Lösungen an die man vorher nicht zu hoffen gewagt hätte. Durch eine Empfehlung kam es zu einem Treffen zwischen dem Senat der Wirtschaft und Vertretern der Vorsorgekasse fair-finance. Diese österreichische Vorsorgekasse ist als Pionier nachhaltiger Kapitalanlage auch in Deutschland bekannt, zählt doch auch die Bochumer GLS Gemeinschaftsbank zu den Gründern. Schnell fand man einen gemeinsamen Nenner und das Treffen endete mit dem hoffnungsfrohen Satz von Seiten des Senats der Wirtschaft: „Es wäre uns eine Ehre Ihre Expertise mit unserem Engagement zu verbinden und ein paar Schritte des Weges gemeinsam zu gehen". Den Hintergrund der euphorischen Äusserung erklärt Projektmanager Vuk Markovic: „Normalerweise ist man es gewohnt Investoren und generell Stakeholdern lange erklären zu müssen, was Social Entrepreneurship ist und was der jungen Szene fehlt. Doch der Finanzdienstleister fair-finance hatte sofort verstanden, welche Aspekte zur Förderung von Social Business wichtig sind: Ohne Zögern erklärten sie, dass Sie für die gute Sache bis zu EUR 5 Mio. als Seedmoney eines eigenen Fonds zur Verfügung stellen würden." Und noch mehr der guten Ergebnisse des Meetings: fair-finance sagte spontan zu, diesen Fond mittels der eigenen Asset Management Gesellschaft, ganz im Sinne der Social Entrepreneure, soweit rechtlich zulässig pro bono zu managen. Somit entpuppte sich die Vorsorgekasse als der lang gesuchte „Missing Link" für das SEF und damit auch für die gesamte Szene.
Der Fonds und seine Initiatoren im Kurzprofil:
Der Senat der Wirtschaft ist eine parteiunabhängige Wirtschaftsorganisation, mit dem Ziel, Unternehmen und Gesellschaft mit praxis- und zukunftsorientierten Anwendungsinformationen zu ökosozialen Themen auszustatten und Lösungen für aktuelle und künftige Herausforderungen bereitzustellen. Der Senat verbindet Menschen, die sich ihrer Verantwortung gegenüber Staat und Gesellschaft besonders bewusst sind und gemeinsam für eine ökosoziale Ausrichtung von Wirtschaft und Gesellschaft wirken. Gemeinsam mit über 560 Unternehmen in Österreich sowie weiteren Unternehmen in den umliegenden Ländern werden nach dem Leitspruch „Wirtschaft – Das sind wir ALLE!" neue Denkanstöße und innovative Lösungsansätze erarbeitet. Die Politik gilt hier als Dialogpartner.
Die fair-finance Unternehmensgruppe verfolgt das Ziel, faire und nachhaltige Finanzdienstleistung zu etablieren. Die Geschäftsbeziehung zu fair-finance soll Vorteile für Kundinnen und Kunden mit einer Leistung für das Gemeinwohl verbinden, wobei anstelle von Gewinnmaximierung der soziale und ökologische Impact im Vordergrund steht. Geld dient dabei als Gestaltungsmittel.
Dieser Leitgedanke begann 2010 mit der Gründung der fair-finance Vorsorgekasse und zieht sich auch durch die 2016 gegründete Immobilien-Tochter, samt Beteiligung an der Berliner KlimaGut Immobilien AG und die junge fair-finance Asset Management Gesellschaft, die ausnahmslos nachhaltige Investmentfonds betreut. fair-finance agiert als ausschließlich nachhaltiger Investor und Asset Manager richtungsweisend. |
Ein Abenteuer aus Überzeugung
So schnelle Erfolge sind nur möglich, wenn Menschen für ein Thema brennen. Dies war bei Mag. Markus Zeilinger, Vorstandsvorsitzender und Gründer von fair-finance auf Anhieb gegeben. Er betonte im Gespräch, dass seine ganze Zukunftshoffnung auf jenen Unternehmen liegt, die sozialen und ökologischen Impact erzielen und dabei profitabel wirtschaften. Letztendlich versteht sich fair-finance ja auch selbst als Social Business. Zeilinger: „Die Entrepreneure, also die handelnden Menschen sind fast immer für Erfolg oder Misserfolg entscheidend und das gilt insbesondere bei Projekten im Bereich Social Business". Ein weiterer Grundsatz, auf den sich die Partner einigten, lautet: "Es darf nicht verpönt sein, als Social Entrepreneur Gewinn zu erwirtschaften. Es kommt auf das „wie" an und wie der Gewinn anschließend verwendet wird." Damit waren bereits beim ersten Treffen die Gründung, Finanzierung und der Betrieb des SE-Fonds für Social Entrepreneure mit Social Impact eine beschlossene Sache.
Keine Abhängigkeit vom Fördertopf
Auch in einem weiteren Punkt sind sich die Partner einig: „Durch Social Entrepreneurship werden gesellschaftliche Herausforderungen gelöst. Die Zukunft der Social Business Unternehmen muss deshalb in der wirtschaftlichen Unabhängigkeit und Marktgängigkeit liegen und nicht in der Abhängigkeit von Fördertöpfen." Der SE-FONDS will deshalb durch seine Investitionen Social Business Cases mit messbarem Social Impact die Chance geben sich weiter zu entwickeln. Nachfolgende Wirkungen werden dadurch erzielt:
- Entrepreneure bekommen die Möglichkeit, Social Impact in erfolgversprechende Geschäftsmodelle zu implementieren und müssen nicht auf Profitmaximierung setzen, um an Eigenkapitalmittel zu kommen ß mehr Social Impact
- Social Entrepreneure bekommen die Möglichkeit, den Impact ihres Business Cases durch Geschäftserweiterung zu steigern ß mehr Social Business
- Social Impact entlastet direkt und indirekt das Staatsbudget und somit die Abgaben- und Steuerquote ß weniger Ausgaben und Unterstützung der Gesellschaft
- das Geld der Investoren generiert eine finanzielle und eine soziale Rendite ß Geld stiftet Sinn
- der Fonds bietet die Möglichkeit eines risikogestreuten Social Impact Investments ß kein zeitlicher und inhaltlicher Aufwand für den Investor
- das weitgehende pro bono Engagement von Senat der Wirtschaft und fair-finance senkt Kosten ß die Gebühren für Investoren und Portfoliounternehmen liegen unter den marktüblichen Sätzen
Klare Aufgabenverteilung bringt Schwung in die Sache
Wie erwähnt erfolgt das Fondsmanagement durch fair-finance wenn möglich pro bono, so dass der Fonds nicht mit den üblicherweise hohen und teilweise erfolgsabhängigen Managementfees performancemindernd belastet wird. Auch die Portfoliounternehmen müssen nicht die für Privat Equity üblichen Kapitalbeschaffungskosten kalkulieren. Die weiteren Aufgaben der Initiatoren sind klar definiert. Während die Homepage inkl. dem Antragsmodul und der Vorprüfung der Anträge vom Senat der Wirtschaft betrieben wird, muss beim aufsichtsrechtlichen Fondsmanager, also bei fair-finance die Due-Diligence der Unternehmen und eine überprüfbare Dokumentation angesiedelt sein. Bei gegebener Wirtschaftlichkeit wird anschließend ein unabhängiger und hochkarätiger aber ehrenamtlicher Beirat Projekte mit zu geringem Social Impact ausscheiden. Klimarelevanz wird dabei als soziales Thema gesehen.Finanzierungsanfragen an den SE-Fonds für Social Businesses können erstmalig ab Januar 2019 gestellt werden, doch schon vorab können sich Interessierte bei Vuk Markovic, dem Projektmanager beim Senat der Wirtschaft melden. Sie werden dann auf die Vormerklist gesetzt und erhalten weitere Detailinformationen. Wer als Co-Investor Kapital für Social Business Cases zur Verfügung stellen will, ist ebenfalls herzlich zur Kontaktaufnahme eingeladen.
Von Fritz Lietsch
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 04/2018 - Frauen bewegen die Welt erschienen.
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