Susanne Baust
Technik | Wissenschaft & Forschung, 28.04.2016
Smart Security
Oder wie man digitale Löcher stopft
Digitale und reale Netze funktionieren gegenläufig – das physische Netz eines Fischers wird mit zunehmender Dichte stabiler, ein digitales anfälliger. Welche Methoden es gibt, um kritische Infrastrukturen trotzdem vor physischen Bedrohungen, Cyberangriffen und „digitalen Löchern" zu schützen, erforscht seit 2005 das Programm KIRAS. Im Rahmen von „Smart Cities" wurden neue Schwerpunkte auf die Bereiche Wohnen, Energie, Verwaltung und Mobilität gelegt.
In der „Smart City" von morgen eröffnet die umfassende Nutzung moderner Informations- und Kommunikationstechnologien den Bürgerinnen und Bürgern eine neue Lebensqualität, die geprägt ist von innovativen Konzepten und Angeboten, etwa in den Bereichen Wohnen (smart home), Energie (smart energy), Verwaltung (e-government), Gesundheit (e-health) und Mobilität (smart mobiltity). Dahinter steht eine immer stärker werdende digitale Vernetzung. Enorme Datenmengen werden generiert, transferiert und für neue Dienstleistungen nutzbar gemacht.
Die steigende Vernetzung erhöht aber auch die Angriffsmöglichkeiten auf unsere digitalen Kommunikationskanäle. So gilt es, diese intelligenten Systeme vor Cyberattacken und die persönlichen Daten der Bürgerinnen und Bürger vor unbefugten Zugriffen zu schützen. Es geht um die Gewährleitung von Sicherheit in einer sich rasant verändernden Umgebung und um den Schutz der kritischen Infrastrukturen.

Im Sinne von „smart security" braucht es daher ein Konzept, das maßgeschneidert jene innovativen Sicherheitslösungen zur Verfügung stellt, die gerade benötigt werden. Besonders wichtig ist dabei, dass neue Technologien auch gesellschaftliche Akzeptanz finden und von den Bürgerinnen und Bürgern angenommen werden.
Die österreichische Sicherheitsforschung verfolgt mit dem Programm KIRAS genau diesen Ansatz von „smart security". Durch die verpflichtende Einbindung der Bedarfsträger als potenzielle Endnutzer neuer Sicherheitstechnologien wird bereits in der Projektphase sichergestellt, dass bedarfs- und nachfragegerecht geforscht wird. Zudem steht KIRAS mittels integrativer Einbindung von geistes-, sozial-, und kulturwissenschaftlicher Expertise ganz im Zeichen verantwortungsvoller Technologieentwicklung („responsible innovation").
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Literaturempfehlung
![]() B.A.U.M. Report: Intelligent Cities
Wege zu einer nachhaltigen, effizienten und lebenswerten Stadt 200 Seiten EUR 79,90 ISBN 978-3-925646-59-1 |
Denn selbst wenn der Staat das Beste für die Gemeinschaft seiner Bürger will, ist es noch lange nicht sicher, dass dies auch in der vorgeschlagenen Form akzeptiert wird. Deshalb werden alle eingereichten Projektanträge, die bei den Experten für „smart security" einlangen, aus ihrer GSK-Perspektive überprüft: GSK steht für Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften und umreißt damit die Kriterien für die Angemessenheit und die gesellschaftliche Akzeptanz neuer Sicherheitslösungen. Dabei geht es nicht nur um den sprichwörtlich „gläsernen Menschen", der im übrigen von der Verwaltung weder forciert, noch im vermeintlichen Umfang digitalisiert wird. „Die meisten persönlichen Daten sind in Besitz privater Unternehmen", so Ralph Hammer von der Stabsstelle für Technologietransfer und Sicherheitsforschung im bmvit, auf Social Media Unternehmen und Suchmaschinen anspielend, die jede Bewegung eines Menschen im Cyberspace registrieren und auswerten, „E-Government und E-Health sollen ja nur dazu dienen, Serviceleistungen des Staates auf die moderne Zeit zu übertragen." Daher zählt auch e-democracy zu einer wahrscheinlichen und daher zu analysierenden Zukunftsperspektive: Der Bürger soll die Möglichkeit erhalten, über digitale Kanäle in Entscheidungsprozesse eingebunden zu werden, auch wählen per Internet ist heute keine Utopie mehr. Als zu eliminierendes Sicherheitsrisiko gilt dabei nicht nur das unkontrollierte Sammeln von Daten, sondern natürlich auch die unerlaubte Manipulation derselben.
Künftig liegt aber ein hohes Augenmerk der Sicherheitsforschung für „Smart Cities" nicht nur auf der Kommunikation von Mensch zu Mensch oder von Mensch zur „Cloud" und umgekehrt, sondern mit zunehmender Intensität auch auf der Übertragungssicherheit von Daten in der Prozesskommunikation, Stichwort „Industrie 4.0".
In den letzten Jahren nimmt die Zahl der KIRAS-Forschungsprojekte, die sich mit diesen Themen beschäftigen, kontinuierlich zu – viele von ihnen mit direktem Bezug auf das Leben in der „Stadt von morgen". „SG2 – Smart Grid Security Guidance", nahm schon 2012 die oben erwähnte Smart Grid-Problematik in Angriff, um aus den Erkenntnissen effektive Schutzmaßnahmen entwickeln zu können und wurde 2014 erfolgreich abgeschlossen. Bereits einen Lösungsansatz verfolgt hingegen ein weiteres Projekt zu diesem Thema: Die zentrale Idee im Projekt „CPS Security" besteht darin, auf Basis vorhandener (Mess-)Daten, die während der Produktion bzw. von Steuerungsvorgängen kontinuierlich geliefert werden, laufend zu überprüfen, ob das cyber-physische Produktionssystem sich erwartungskonform verhält. Durch den Abgleich der Messdaten mit den erwartbaren Daten bei „Normalfunktion" einer Produktions-/Steuerungsanlage kann so auf eventuell vorliegende Anomalien geschlossen werden. Denn in der „Smart City" von morgen muss in allen Belangen größtmögliche Sicherheit gewährleistet werden können – ohne sie kann die gewünschte Lebensqualität weder erreicht noch gehalten werden.
Susanne Baust berichtet seit 25 Jahren als freie Journalistin und Buchautorin in Österreich über die Bereiche Wirtschaft, Touristik, Mobilität und Fahrzeugtechnik. Ihre Leidenschaft gehört der Entwicklung der Automobilindustrie, die Förderung und redaktionelle Begleitung einer zukunftsfähigen Wirtschaft ist ihr ein besonderes Anliegen.
Der Beitrag ist mit der freundlichen Unterstützung des Österreichischen Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie entstanden. Entgeltliche Einschaltung.
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 02/2016 - Zukunft gestalten erschienen.
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