Brauchen wir Nachhaltigkeitspreise?
Sabine Braun zieht Bilanz aus dem Monat November
Diese Frage wurde angesichts der Vergabe des 3. Deutschen Nachhaltigkeitspreises letzte Woche aufgeworfen. Meine Antwort: Natürlich brauchen wir sie, selbst wenn sie niemand ernst nähme. Wir leben in einer medialen Welt, in der Aufmerksamkeit ein hohes und oft teures Gut ist.
Preise und Auszeichnungen dienen dazu, Themen und Leistungen eine Aufmerksamkeit zu verschaffen.
Der Friedensnobelpreis gehört sicher zu jenen, deren Bedeutung für eine alljährliche öffentliche und internationale Diskussion über das Thema unstrittig ist. Auch der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels tritt regelmäßig eine wichtige Debatte in deutschen Feuilletons los. Ein Deutscher Logistik-Award, die Auszeichnung der besten Geschäftsberichte oder die Kür zum attraktivsten Arbeitgeber des Landes sind dagegen nur für ein Fachpublikum interessant und erreichen die breite Öffentlichkeit eher selten oder nie. Doch auch sie sind wichtig, um den kontinuierlichen Verbesserungsprozess in den Unternehmen, der auch aus dem Wettbewerb untereinander gespeist wird, aufrechtzuerhalten. Insofern tragen sie nicht unerheblich zur Wettbewerbsfähigkeit der (deutschen) Wirtschaft bei.
Der Deutsche Nachhaltigkeitspreis ist dagegen noch jung - vielleicht wird er in zehn Jahren eine wichtige Auszeichnung sein, über die SZ, FAZ, taz und BILD berichten, oder auch nicht. Solange Unternehmen daran teilnehmen, wird er - trotz aller Kritik - bestehen. Und Unternehmen werden weiterhin daran teilnehmen, weil sie Aufmerksamkeit für ihre Leistungen schaffen wollen - möglichst im Großen, aber auch im Kleinen. Zurecht ist beispielsweise jeder Umweltbeauftragte stolz, wenn sein Unternehmen vom Bürgermeister den städtischen Umweltpreis erhält. Es zeichnet ihn aus vor anderen (auch wenn dies vielleicht wenige sind), schafft Stolz und spornt an. Und was würde aus unseren Unternehmen, wenn Wettbewerb nicht alle, die dort arbeiten, anspornen würde ... Natürlich müssen die Auswahlverfahren klar, transparent und nachvollziehbar sein. Und natürlich sind Auszeichnungsverfahren, in die sich Unternehmen erst einmal einkaufen müssen, nicht seriös. Aber: Bedarf schafft Nachfrage. Auch das müssen wir zumindest zugestehen, ohne gleich wie Philister über "unlautere" Preise herzufallen.
Dem Deutsche Nachhaltigkeitspreis kann zugestanden werden, dass er nicht käuflich ist und sich bemüht, Qualität zu gewährleisten. Was mich aber dauerhaft irritiert, ist seine Interpretation von "Öffentlichkeit schaffen". Kaum jemand versteht bis heute, warum die - neben den Unternehmen - ausgezeichneten Persönlichkeiten nicht aus Deutschland stammen können. Es gibt hierzulande kluge und engagierte Köpfe genug. Warum muss man sich die "schillernden" Persönlichkeiten für einen "deutschen" Preis immer von woanders herholen? Warum kann der Ehrenpreis nicht an Peter Maffay statt an Robin Gibb gehen, an Nena statt Jane Fonda oder an Karlheinz Böhm statt Prinz Charles? Wenn Glitter, Glanz und Gloria so offensichtlich "ausgeliehen" werden müssen, passt der Preis aber weder zu unserem Land, noch zu seinen Menschen oder zu seinen Unternehmen - von denen übrigens nur selten die Rede ist in den wenigen Pressenotizen. Weil eine Jane Fonda einer Dagmar Fritz-Kramer von Baufritz als Preisträgerin dann halt doch die Show stiehlt. Und das ist doch mehr als schade, wenn man "neue HeldInnen und Vorbilder" aufbauen will, oder?
Übrigens: Die Deutschen Nachhaltigkeitspreise 2010 gingen an Deutsche See als "nachhaltigstes Unternehmen", Lichtblick als "nachhaltigste Marke", Puma für die "nachhaltigste Zukunftsstrategie" sowie an GESOBAU und Studiosus für die "nachhaltigste Zukunftsstrategie (KMU)". Für "Deutschlands nachhaltigste Produkte" wurden C&A und Daimler ausgezeichnet, für "Deutschlands nachhaltigste Initiative" REWE, das auch den Preis "Deutschlands recyclingpapierfreundlichstes Unternehmen" erhielt; Ehrenpreise gingen an den englischen Starkoch Jamie Olivier, Robin Gibb von Bee Gees und Larry Hagman. Zum wichtigsten Nachhaltigkeitskopf Deutschlands wurde durch Publikumswahl Alain Caparros, Vorstandsvorsitzender von REWE, gekürt.
Preise und Auszeichnungen dienen dazu, Themen und Leistungen eine Aufmerksamkeit zu verschaffen.
Sabine Braun |
Der Deutsche Nachhaltigkeitspreis ist dagegen noch jung - vielleicht wird er in zehn Jahren eine wichtige Auszeichnung sein, über die SZ, FAZ, taz und BILD berichten, oder auch nicht. Solange Unternehmen daran teilnehmen, wird er - trotz aller Kritik - bestehen. Und Unternehmen werden weiterhin daran teilnehmen, weil sie Aufmerksamkeit für ihre Leistungen schaffen wollen - möglichst im Großen, aber auch im Kleinen. Zurecht ist beispielsweise jeder Umweltbeauftragte stolz, wenn sein Unternehmen vom Bürgermeister den städtischen Umweltpreis erhält. Es zeichnet ihn aus vor anderen (auch wenn dies vielleicht wenige sind), schafft Stolz und spornt an. Und was würde aus unseren Unternehmen, wenn Wettbewerb nicht alle, die dort arbeiten, anspornen würde ... Natürlich müssen die Auswahlverfahren klar, transparent und nachvollziehbar sein. Und natürlich sind Auszeichnungsverfahren, in die sich Unternehmen erst einmal einkaufen müssen, nicht seriös. Aber: Bedarf schafft Nachfrage. Auch das müssen wir zumindest zugestehen, ohne gleich wie Philister über "unlautere" Preise herzufallen.
Dem Deutsche Nachhaltigkeitspreis kann zugestanden werden, dass er nicht käuflich ist und sich bemüht, Qualität zu gewährleisten. Was mich aber dauerhaft irritiert, ist seine Interpretation von "Öffentlichkeit schaffen". Kaum jemand versteht bis heute, warum die - neben den Unternehmen - ausgezeichneten Persönlichkeiten nicht aus Deutschland stammen können. Es gibt hierzulande kluge und engagierte Köpfe genug. Warum muss man sich die "schillernden" Persönlichkeiten für einen "deutschen" Preis immer von woanders herholen? Warum kann der Ehrenpreis nicht an Peter Maffay statt an Robin Gibb gehen, an Nena statt Jane Fonda oder an Karlheinz Böhm statt Prinz Charles? Wenn Glitter, Glanz und Gloria so offensichtlich "ausgeliehen" werden müssen, passt der Preis aber weder zu unserem Land, noch zu seinen Menschen oder zu seinen Unternehmen - von denen übrigens nur selten die Rede ist in den wenigen Pressenotizen. Weil eine Jane Fonda einer Dagmar Fritz-Kramer von Baufritz als Preisträgerin dann halt doch die Show stiehlt. Und das ist doch mehr als schade, wenn man "neue HeldInnen und Vorbilder" aufbauen will, oder?
Übrigens: Die Deutschen Nachhaltigkeitspreise 2010 gingen an Deutsche See als "nachhaltigstes Unternehmen", Lichtblick als "nachhaltigste Marke", Puma für die "nachhaltigste Zukunftsstrategie" sowie an GESOBAU und Studiosus für die "nachhaltigste Zukunftsstrategie (KMU)". Für "Deutschlands nachhaltigste Produkte" wurden C&A und Daimler ausgezeichnet, für "Deutschlands nachhaltigste Initiative" REWE, das auch den Preis "Deutschlands recyclingpapierfreundlichstes Unternehmen" erhielt; Ehrenpreise gingen an den englischen Starkoch Jamie Olivier, Robin Gibb von Bee Gees und Larry Hagman. Zum wichtigsten Nachhaltigkeitskopf Deutschlands wurde durch Publikumswahl Alain Caparros, Vorstandsvorsitzender von REWE, gekürt.
Quelle:
Gesellschaft | Pioniere & Visionen, 30.11.2010
Pioniere der Hoffnung
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