Kai Platz
Lifestyle | Sport & Freizeit, Reisen, 17.09.2025
Nachhaltigkeit in der Hotellerie zahlt sich aus
Das Erfolgsmodell Steineggerhof
Familie Resch bringt in Südtirol ökologische Verantwortung, wirtschaftlichen Erfolg und Genuss zusammen.
Ein Urlaub wurde zum Wendepunkt: Seit 2018 richtet die Familie Resch den Steineggerhof kompromisslos nachhaltig aus – mit überwiegend vegetarisch-veganer Küche, 100 % Bio-Lebensmitteln, erneuerbaren Energien und ehrlicher Kommunikation.Das Ergebnis: weniger Emissionen, geringere Kosten, neue Gästegruppen und ein Branchenpreis.
Ein Blueprint für Hotels, die umdenken wollen.
Ein Aha-Erlebnis als Startsignal
2018 sahen Kurt und Sonja Resch im Urlaub in Mexiko die Schattenseiten des Massentourismus: vermüllte Strände und Abfallberge hinter den Postkartenmotiven.
Aus der Betroffenheit entwuchs der Entschluss, den eigenen Betrieb so weit wie möglich klima- und ressourcenschonend auszurichten – für Umwelt, Tierwohl und eine enkeltaugliche Hotellerie.
Früher galt der Steineggerhof als Adresse für Motorradreisende – zeitweise machten sie rund 60 % der Gäste aus. Hohe Getränkeumsätze standen Lärm, Unfällen und dem Fernbleiben anderer Zielgruppen gegenüber. Die Familie zog die Notbremse: Kurswechsel, klare Regeln, neue Angebote. Der Übergang war anspruchsvoll und bedeutete zunächst Mut zur Veränderung.
Heute ist das Haus ein ruhiger Rückzugsort für Natur- und Bikefans, Wandernde und Genießer – mit spürbar entspannter Atmosphäre.
Die Küche als Hebel – und als Haltung
Die Speisekarte entwickelte sich Schritt für Schritt in Richtung pflanzlicher Küche. Ende 2020 war der Punkt erreicht, an dem rund 70 % der Gerichte vegan waren – ohne großes Labeling und ohne Gäste zu verlieren. Wirtschaftlich zahlt sich das aus: Pflanzliche Grundzutaten sind planbarer und häufig günstiger, viele Gerichte kommen mit kürzeren Garzeiten aus, und die Prozesssicherheit steigt. Gleichzeitig bleibt die Küche kreativ. Aus einem Produkt wie Linsen entstehen Bowl, Bolognese oder Aufstrich. Aus Schalen und Abschnitten können meist noch weitere Produkte oder neue Zutaten entstehen und nur ein minimaler Rest landet auf dem Kompost und wird so zu neuem Dünger im Garten.
Auch die Menügestaltung wurde konsequent umgestellt. So gibt es statt den klassischen Buffets überwiegend Menüs mit Wahlmöglichkeit beim Hauptgang. Das erhöht die Planbarkeit und reduziert Lebensmittelreste. Und die Gäste haben die Möglichkeit, auch mal vegane Speisen zu probieren, wenn sie das möchten. Im Alltag scheitert eine entsprechende Menügestaltung meist an eingefahrenen Abläufen, knapper Zeit oder fehlenden Produkten.
Hier helfen zwei eigene vegane Kochbücher, sie machen das Know-how sichtbar und lassen andere an den Erfolgen der unzähligen Kochversuche teilhaben. Und ganz nebenbei erhöhen sie die Kundenbindung und generieren einen kleinen Zusatzumsatz.
Klimabilanz, die überzeugt
Seit 2019 bilanziert der Steineggerhof klimapositiv. Pro Übernachtung fallen 4,43 kg CO? an – ein Bruchteil dessen, was in konventionellen Häusern üblich ist. Möglich machen das 100 % Bio-Lebensmittel (viele aus der Region und aus dem großen Permakultur-Garten), Photovoltaik- und Solaranlagen sowie eine effiziente Pelletsheizung. Renovierungen erfolgen nach Prinzipien der Kreislaufwirtschaft, Beschaffung und Housekeeping sind auf Langlebigkeit, Reparaturfähigkeit und geringe Verpackungsmengen ausgelegt. Ergänzend setzt das Hotel auf die Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ) und hat sich erneut rezertifizieren lassen – trotz des Aufwands ein klares Bekenntnis zu Werten wie Transparenz, Fairness und Nachhaltigkeit.Für seine Pionierarbeit erhielt der Betrieb 2023 den „Hotel Sustainability Award" (Kategorie „Sustainable Tourism Pioneers"). Ausgezeichnet wurden die ganzheitliche, intrinsisch motivierte Ausrichtung sowie die glaubwürdige Kommunikation – vom Vortrag bis zum Kochkurs.
Hürden ehrlich benennen
Transformation klingt oft glatt. Vor Ort bedeutete sie: neues Wissen aufbauen, Rezepte testen, Abläufe umstellen, mit Skepsis im Kollegenkreis umgehen und kurzfristige Umsatzeinbußen aushalten.
Hinzu kommt die Realität, dass nicht alle Gäste den Wandel gutheißen. Manche kehren nicht zurück, weil es keinen „echten" Ramazzotti oder Coca-Cola mehr gibt. Andere lehnen Bio-Produkte ab oder wollen keinesfalls auf Fleisch verzichten – obwohl sie das im Steineggerhof nicht einmal müssten. So werden die Gastgeber auch noch zu Botschaftern und Erklärern für Nachhaltigkeit, Bio, vegetarische Küche, weil zahlreiche Menschen dies alles in einen Topf werfen und nicht differenzieren. Und es gibt Menschen, die Veränderungen grundsätzlich ablehnen.
Wichtig ist, dass das eigene Team den Prozess mitträgt und den Gästen authentisch vermittelt.
Die Lernerfahrung: Man kann es nicht allen recht machen, aber wer konsequent bleibt, gewinnt langfristig die passenden Gäste.
Übertragbar: Was andere Häuser lernen können
- Schrittweise vorgehen: Nicht alles auf einmal. Eine klare Roadmap und sichtbare Meilensteine schaffen Orientierung.
- Energie & Prozesse zuerst: Erneuerbare Energien (PV, Solarthermie), effiziente Wärme, Abfall- und Wasser-Management bringen schnelle Effekte – ökologisch wie betriebswirtschaftlich.
- Beschaffung vereinfachen: 100 % Bio als Ziel, regional wo sinnvoll. Cross-Utilization in der Küche reduziert Foodwaste und Einkaufskomplexität.
- Zielgruppen klären: Leise, naturverbundene Angebote sprechen neue Gäste an – mit höherer Loyalität und Zahlungsbereitschaft.
- Ehrlich kommunizieren: Keine „Green Claims", sondern Taten, Kennzahlen und Einblicke hinter die Kulissen. Publikationen und Kurse machen Kompetenz sichtbar.
Blick über den Tellerrand
Der Steineggerhof ist nicht allein. Auch andere Hotels gehen mutige Wege: die Bio-Hotels als Netzwerk mit strengen Standards, die Vitalpina Hotels Südtirol, die alpine Regionalität und Nachhaltigkeit leben, oder weitere GWÖ-Hotels wie der Drumlerhof, Gut Sonnenhausen, Biohotel Eggensberger, Landgut Stober, Schloss Blumenthal, Villa Orange oder das Hotel Luise in Erlangen. Gemeinsam zeigen sie, dass Verantwortung und Gastfreundschaft Hand in Hand gehen und dass Nachhaltigkeit vielfältige Gesichter hat.
Fazit
Der Steineggerhof zeigt, wie sich Ökologie, Qualität und Wirtschaftlichkeit gegenseitig stärken. Wer die eigene Küche als Hebel nutzt, Energie und Prozesse konsequent optimiert und ehrlich kommuniziert, gewinnt – an Resilienz, Reputation und Gästen.
Nachhaltigkeit ist hier kein Kostenblock, sondern die Geschäftsgrundlage der Zukunft.
Weiterlesen in forum:
- Kooperation statt Konkurrenz: Tourismus in Südtirol für eine enkeltaugliche Zukunft (forum Ausgabe 03/2025, S.104 -109)
- Nachhaltig urlauben im Bio- & Bikehotel Steineggerhof
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