Technik | Energie, 27.05.2024

Energie auf Rädern

Bidirektionales Laden zur Flexibilisierung und Entlastung der Verteilnetze

Bei der E-Mobilität geht es um weit mehr als das Fahren mit klimaneutral erzeugtem Strom aus erneuerbaren Energien, denn die Akkus von Millionen von Elektrofahrzeugen können auch als Zwischenspeicher genutzt werden. Davon werden nicht nur die Besitzer dieser Fahrzeuge profitieren: Mittelfristig kann das bidirektionale Laden wirksam zur Flexibilisierung und Entlastung der Verteilnetze beitragen.
 
© chesky@stock.adobe.comHerbert Diess bewertet „Vehicle2Grid - V2G" als entscheidenden Hebel im Kampf gegen den Klimawandel. Seit dem spektakulären Eintritt des früheren VW-Chefs in den Verwaltungsrat von The Mobility House arbeiten beide vehement an der Integration der E-Autobatterien in unsere Netze. Sie sehen darin einen Megatrend der nächsten Jahre, denn reformierte Gesetze, bidirektionale E-Autos, Bürger-Energie-Gemeinschaften und große Flottenbetreiber werden jetzt entscheidende Treiber. Die Power2Drive Europe als internationale Fachmesse für Ladeinfrastruktur und Elektromobilität will die längst fälligen Entwicklungen beschleunigen.

Bidirektionales Laden als Beitrag zur Energiewende
Beim bidirektionalen Laden von E-Auto-Traktionsbatterien muss zwischen drei Gruppen von Anwendungsfällen unterschieden werden: Bei Vehicle-to-Home (V2H) und Vehicle-to-Building (V2B)-Lösungen finden Speicherung und Verbrauch des Stromes vollständig in der Anlage des Nutzers, also im Privathaushalt oder Unternehmen Behind-the-meter, also hinter dem Stromzähler, statt. Bei Vehicle-to-Grid (V2G) wird das E-Auto zum Bestandteil des gesamten Stromsystems und kann durch Entnahme und Einspeisung Flexibilisierungsdienstleistungen für das Verteilnetz erbringen.

Schon in naher Zukunft werden private, aber vor allem gewerbliche Nutzer, von Lösungen „Behind-the-meter" profitieren. Wie in einem stationären Speicher kann durch die Zwischenspeicherung von selbst erzeugtem Strom, etwa aus der eigenen Photovoltaik (PV)-Anlage, der Eigenverbrauch erhöht werden. Wenn zeit- oder lastabhängige flexible Tarife nach Paragraf 41a des Energiewirtschaftsgesetzes angeboten werden, bieten sich zusätzlich erhebliche Einsparmöglichkeiten beim Bezug von Strom aus dem Netz.
 
Fahrzeughersteller sind längst an der Entwicklung von geeigneten Fahrzeugen für das bidirektionale Laden. Erste Modelle kommen bereits in diesem Jahr auf den Markt und für die kommenden Jahre ist mit einer dynamischen Entwicklung in diesem Bereich zu rechnen. Allerdings fehlt noch der grundlegende, regulatorische Rechtsrahmen. Markus Elsässer Gründer und Geschäftsführer der Solar Promotion GmbH erklärt dazu: „Im Koalitionsvertrag hat sich die Bundesregierung ausdrücklich zum bidirektionalen Laden bekannt. Jetzt gilt es, dieses Bekenntnis mit Leben zu füllen. Insbesondere muss die Doppelbelastung von zwischengespeichertem Strom mit Netzentgelten, Abgaben und Umlagen beendet werden."

Großer gesamtgesellschaftlicher Nutzen
Bidirektionales Laden V2G bringt große Vorteile für die Betreiber von E-Flotten, da diese dann als Teil des Stromsystems in die Strommärkte eingebunden sind und jeweils die optimalen Tarife nutzen können. Man denke etwa an zigtausende Fahrzeuge der Post oder Paketdiensten, die den häufigen Stromüberschuss am Wochenende in ihren Batterien speichern und zu Spitzenzeiten verkaufen könnten.
 
Markus Fendt, Managing Director von The Mobility House und einer der führenden Köpfe der Mobilitätswende in Deutschland, betont die gesamtgesellschaftliche und wirtschaftliche Bedeutung dieses Bereiches: „Bidirektionales Laden V2G ist aus einer Vielzahl von Gründen extrem sinnvoll und wichtig: Zum einen verringern wir den Redispatch deutlich, müssen also weniger Anlagen für erneuerbare Energien abschalten, wenn sie zu viel Strom produzieren. Stattdessen werden genau dann die Autos per Fernsteuerung geladen. Auf das Jahr 2022 berechnet, hätte jedes Elektroauto, betrachtet man den reinen Strompreis, rund 40.000 Kilometer umsonst mit diesem Strom fahren können.
 
Das bidirektionale Laden V2G kann zum einen die Verkehrswende ohne Fördergelder verbilligen und beschleunigen. Zum anderen reduziert es den Netzausbaubedarf. Außerdem würden sich durch V2G-Lösungen Photovoltaik- und Windkraft-Anlagen noch schneller amortisieren. Und letztendlich könnte die deutsche Automobilindustrie ihrer Rolle als Leitindustrie gerecht werden und mit bahnbrechenden Innovationen glänzen." Die Power2Drive Europe will als Branchentreffpunkt für Hersteller, Händler, Installateure, Fuhrpark- und Energiemanager, Ladesäulenbetreiber und E-Mobility-Provider sowie Start-ups dazu beitragen.

Weitere Informationen unter dem Motto „Charging the Future of Mobility" finden Sie unter:

Dieser Artikel ist in forum 03/2024 mit dem Schwerpunkt „Wirtschaft im Wandel – Lieferkettengesetz, CSRD und regionale Wertschöpfung" - Positiver Wandel der Wirtschaft? – So kann's gehen erschienen.



     
        
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