"End of Fish Day" 2023 so früh wie noch nie

Stichtag markiert Ende des Selbstversorgungsgrads mit Fisch in Deutschland

Am 06. März war der "End of Fish Day". Er markiert den Stichtag, ab dem die Menschen in Deutschland für den Rest des Jahres ihre "Fischreserven" erschöpft haben und vollständig auf Importe angewiesen sind. Zu diesem Ergebnis kommen die Berechnungen von Brot für die Welt, Fair Oceans und Slow Food Deutschland. Der Selbstversorgungsgrad mit Fisch und Fischerzeugnissen liegt in diesem Jahr bei nur noch 18 Prozent. Der End of Fish Day sensibilisiert seit 2019 für die damit einhergehenden Probleme für Ozeane, Kleinfischerei und Ernährungssicherheit sowie für die Verantwortung der Politik. 

© Udo TremmelFischereierzeugnisse sind in vielen Ländern der Welt ein wichtiger und wachsender Bestandteil der Ernährung. Entgegen dieses globalen Trends sinkt der Fischkonsum in Deutschland zunehmend. Schneller als der Konsum nimmt allerdings der Selbstversorgungsgrad mit Fisch und Meeresfrüchten in Deutschland ab. Der von Brot für die Welt, Fair Oceans und Slow Food Deutschland 2019 zum ersten Mal berechnete End of Fish Day fällt in diesem Jahr bereits auf den 06. März. Ab dann sind rechnerisch alle im Jahresverlauf unter deutscher Flagge gefangenen und hierzulande gezüchteten Fische und Meeresfrüchte verbraucht. Um die weitere Versorgung abzudecken, ist Deutschland vollständig von Importen aus anderen Weltregionen abhängig. Der von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung bestimmte Selbstversorgungsgrad mit Fischereierzeugnissen betrug 1980 noch 43 Prozent, seit 2021 liegt er bei nur noch 18 Prozent. 

Die Fischbestände sind in allen Ozeanen und Meeren immer stärker gefährdet. Laut Welternährungsorganisation war die Überfischung schon bis 2019 weltweit auf 35,4 Prozent angestiegen, mit gravierenden Folgen für die marinen Ökosysteme. In den europäischen Gewässern ist der Anteil der überfischten Bestände im Durchschnitt sogar noch höher. Aus Sicht von Brot für die Welt, Fair Oceans und Slow Food ist Deutschland gefordert, die Gemeinsame Fischereipolitik der EU so zu verschärfen, dass diese Entwicklung endlich gestoppt und umgekehrt wird. Bisher haben die Reformen in der Fischereipolitik keinen hinreichenden Erfolg gezeigt. Der jetzt im Februar von der EU eingeleitete Prozess muss dies dringend ändern. 

Francisco Mari, Brot für die Welt, zur Bedeutung der EU-Fischereipolitik für die Ernährungssicherheit im globalen Süden: "Der gerade veröffentlichte EU-Vorschlag für eine bessere Umsetzung der Fischereipolitik muss garantieren, dass der schlechte Zustand der EU-Fischgründe nicht zu stärkerem Import von Fisch aus Entwicklungsländern führt. Fisch ist in vielen Küstenstaaten der Welt ein proteinreiches Grundnahrungsmittel. Es muss eine Verpflichtung bleiben, dass die EU-Fangflotte die Fischereizonen der Kleinfischer respektiert." 

Nina Wolff, Vorsitzende von Slow Food Deutschland zur Bewertung der EU Fischereipolitik mit Blick auf Deutschland: "Klima- und Biodiversitätskrise sind die größten Risiken unserer Ernährungssicherung, auch in Europa. Ohne funktionierende marine Ökosysteme kann es keine Fischerei geben. Wir müssen mit den Meeren und nicht gegen sie wirtschaften. Wenn die Bundesregierung nun innerhalb des nächsten Jahres, nämlich bis Ende März 2024, der EU ihren nationalen Plan für den Umbau zu einer nachhaltigen und ökosystembasierten Fischerei vorlegt, darf diese Gelegenheit zur Einführung eines integrierten Fischerei- und Ökosystemmanagements nicht verpasst werden." 

Kai Kaschinski, Vorstand von Fair Oceans, verweist auf die deutsche Verantwortung bei der Ausgestaltung der internationalen Meerespolitik: "Mit der zunehmenden Abhängigkeit vom Import von Fischereiprodukten aus der ganzen Welt wächst parallel die Verantwortung Deutschlands für die internationale Meerespolitik und den Schutz der Ozeane. Aus diesem Grund sollte die Bundesregierung die Sicherung der Existenzgrundlagen der Kleinfischerei und der Küstenkommunen im globalen Süden unbedingt zu einem festen Bestandteil ihrer neuen Meeresstrategie machen. Ausschlaggebend ist hierbei, dass der Meeresschutz und die lokale Kleinfischerei gemeinsam betrachtet werden müssen, da letztlich nur eine Meerespolitik erfolgreich sein wird, die zugleich gerecht und ökologisch sinnvoll ist." 

Kontakt: Slow Food Deutschland, Sarah Niehaus | presse@slowfood.de | www.slowfood.de


     
        
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