Neuer Bericht: Deutschland fördert weiterhin massiv fossile Energien im Ausland
Deutschland finanziert mit öffentlichen Mitteln mehr fossile Energieprojekte im Ausland als Saudi-Arabien oder Russland

- Die G20-Länder und Multilateralen Entwicklungsbanken haben zwischen 2019 und 2021 mindestens 55 Mrd. USD im Schnitt pro Jahr an internationaler öffentlicher Finanzierung (Kredite und Bürgschaften) für fossile Energien bereitgestellt. Dies ist zwar ein Rückgang um 35% im Vergleich zu den Vorjahren (2016-2018). Allerdings: es ist immer noch fast doppelt so viel wie die Unterstützung für erneuerbare Energien, die im Durchschnitt nur 29 Mrd. USD pro Jahr im Zeitraum 2019 bis 2021 betrug. Die Autoren des Berichtes betonen jedoch, dass internationale öffentliche Finanzierung recht volatil ist und eine Paris-Konformität nur durch ein vollständiges Ende der öffentlichen Unterstützung fossiler Energien möglich ist.
- Japan (im Jahresdurchschnitt 10,6 Mrd. USD), Kanada (8,5 Mrd. USD), Südkorea (7,3 Mrd. USD) und China (6,7 Mrd. USD) stellten zwischen 2019 und 2021 erneut die meisten direkten öffentlichen Finanzierungen für fossile Energien zur Verfügung. Diese Länder bleiben auch in einer längeren Zeitraumbetrachtung, von 2013 bis 2021, führend im internationalen Vergleich.
- 53% der internationalen öffentlichen Finanzmittel für fossile Energien flossen im Untersuchungszeitraum in Gasprojekte (30 Mrd. USD im Schnitt pro Jahr). Fossiles Gas hat damit mehr internationale öffentliche Förderung als jede andere Energieart erhalten, auch als erneuerbare Energien im Kollektiv.
- Die meisten direkten öffentlichen Finanzierungen für fossile Energien flossen aus reichen Ländern in andere (relativ) reiche Länder. Mosambik war das einzige Land mit niedrigem Einkommen unter den 15 größten Empfängern.
- Der genannte Rückgang (siehe erster Bullet Point) der internationalen öffentlichen Förderung für fossile Energien im Gesamtzeitraum 2019 bis 2021 ist primär auf einen starken Rückgang im Jahr 2021 zurückzuführen. Schätzungsweise 8,2 Mrd. USD bzw. 27% des Rückgangs im Jahr 2021 sind auf politischen Maßnahmen des Vereinigten Königreichs, der Europäischen Investitionsbank (EIB), Chinas und der OECD zurückzuführen. Allerdings: Daten für Kanada von Anfang 2022 und eine Verringerung von Datenverfügbarkeit für Südkorea deuten darauf hin, dass 53% des Rückgangs vorübergehend sind, sofern keine neuen Maßnahmen zur Beschränkung fossiler Energien ergriffen werden. Für den Rest des Rückgangs gibt es keine eindeutige Ursache.
- Der Bericht verwendet Daten aus der Oil Change International-Datenbank www.energyfinance.org - einer Datenbank, die mehr als 15.000 öffentliche Finanzierungen im Energiebereich mit einem Gesamtvolumen von über 2 Billionen USD umfasst. Der Bericht analysiert Finanzierungen, die von den Exportkreditagenturen (ECAs) der G20, den Entwicklungsfinanzierungs-institutionen (DFIs) der G20 sowie den wichtigsten Multilateralen Entwicklungsbanken (MDBs) bereitgestellt wurden. Direkte inländische Subventionen für die fossile Industrie durch Steuer- und Abgabensubventionen oder öffentliche Finanzierung durch inländisch ausgerichtete Institutionen wurden nicht berücksichtigt.
- Oil Change International hat diesen "Implementation Tracker" zusammengestellt, der die Fortschritte auf Länderebene bei der Umsetzung des Glasgow Public Finance Statement aufzeigt und der im Vorfeld und während der COP27 regelmäßig aktualisiert wird. Aktueller Stand: Sieben der 17 wichtigsten fossilen Förderer und Unterzeichner des Glasgow Public Finance Statement haben bereits neue Richtlinien veröffentlicht, die komplett oder weitgehend fossile Energien ausschließen. Das Vereinigte Königreich, Dänemark, Schweden, die Europäische Investitionsbank (EIB), Frankreich, Belgien und Finnland haben Richtlinien bzw. Richtlinienentwürfe, die vollständig oder weitgehend das Glasgow Public Finance Statement umsetzen. Die G20 Länder Kanada, die USA, Deutschland und Italien sind die vier größten fossilen Förderer im Ausland, die das Glasgow Public Finance Statement gezeichnet haben und aktuell noch keine neuen, entsprechenden Richtlinien veröffentlicht haben.
- In seinem jüngsten Bericht hebt der IPCC hervor, dass die öffentliche Finanzierung fossiler Brennstoffe nicht mit der Erreichung der Pariser Ziele übereinstimmt, sie aber eine entscheidende Rolle bei der Schließung der Finanzierungslücke für den Klimaschutz spielen könnte, um Emissionsreduzierungen und einen gerechten Übergang zu ermöglichen. Weitere Hintergrundinformationen über die Rolle der internationalen öffentlichen Finanzen bei der Gestaltung von Energiesystemen finden Sie in diesem Briefing von Oil Change International.
- Trotz des allgemeinen Rufes nach neuen Gasinvestitionen, um die Abhängigkeit von russischem Gas zu verringern, hat der Leiter der Internationalen Energieagentur (IEA) erklärt, dass die Lösung für die Energieversorgungs- und -preiskrise in einem schnelleren Übergang von fossilen Brennstoffen zu sauberer Energie liegt. Es brauche eine Umschichtung öffentlicher Mittel von schmutzigem, unzuverlässigem und unbezahlbarem Öl und Gas hin zu zuverlässiger, erschwinglicher und sauberer Energie und Energieeffizienz.
- In einem Rechtsgutachten von Professor Jorge E. Vinuales von der Universität Cambridge und Barrister Kate Cook von Matrix Chambers wird argumentiert, dass Regierungen und öffentliche Finanzinstitutionen, die weiterhin Infrastrukturen für fossile Brennstoffe finanzieren, potenziell dem Risiko von Klimaklagen ausgesetzt sind.
- Im Mai 2022 haben 122 zivilgesellschaftliche Organisationen Briefe an die Unterzeichner des Glasgow Public Finance Statement geschickt und sie aufgefordert, ihre Verpflichtungen einzuhalten. Die Briefe an Deutschland, Italien, Kanada, Frankreich, die USA und andere Nicht-G7-Länder finden Sie hier.
[1] Frankreich, Brasilien und Deutschland haben im Untersuchungszeitraum die meiste öffentliche Finanzierung für saubere Energie international zur Verfügung gestellt.
[2] Die 39 Unterzeichner haben sich zum Ziel gesetzt, "[to] end new direct public support for the international unabated fossil fuel energy sector by the end of 2022" und stattdessen "prioritise our support fully towards the clean energy transition".
Technik | Energie, 01.11.2022

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