"Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral" *

Erinnern Sie sich zurück, wie heftig Sie in der Schule über Brechts Ansichten oder Hermann Hesses Visionen diskutiert haben? Oder an die Zeit, in der Sie empört waren, über Ungerechtigkeit und Missstände - direkt vor der Haustüre oder in der Welt? Was ist davon geblieben? Ja, früher konnte man sagen, "Gegen die Großen und Mächtigen, die am Ruder sind, kann man sowieso nichts machen"oder "Mein Einfluss als einzelnes Rädchen im Getriebe ist viel zu gering" und später hieß es dann, "Ich habe so viel zu tun und keine Zeit für Engagement".

Doch wenn ich mich heute mit meinen ehemaligen Schulkameraden oder Kommilitonen treffe, dann lasse ich all diese Ausreden nicht mehr gelten. Nun gibt es keine grauen Eminenzen mehr, die uns in Politik und Wirtschaft vorschreiben, was wir zu tun haben. Nun gibt es keine Eltern mehr, die uns Ihre Meinung aufzwingen - es gibt niemanden mehr, den wir verantwortlich machen können - nur uns selbst. Jetzt sitzen wir ganz oben, als Manager, Unternehmer, Künstler und als Konsumenten. Nun können wir entscheiden. Nun können wir gestalten, nun tragen wir die Verantwortung! Mit diesem Appell richte ich mich an Freunde und Geschäftspartner, an Politiker und an Sie, liebe Leser. Lassen Sie uns die Zukunft gemeinsam gestalten und Verantwortung für sie tragen, lebensfroh und selbstbestimmt, energisch und mit Begeisterung. Dem Thema Verantwortung haben wir dieses Heft gewidmet - denn jeder von uns trägt Verantwortung in seiner Rolle als Konsument, Bürger und im beruflichen Umfeld.

Wir haben gefragt: Was kann jeder Einzelne tun? Wir haben gefragt: Warum tragen Unternehmen eine besondere Verantwortung?

Besonders Unternehmen tragen Verantwortung, weil sie ihre Werkbänke immer mehr in Niedriglohnländer verlagern und so die dortigen Lebens- und Umweltbedingungen beeinflussen. Sie übernehmen damit aber auch Verantwortung in Ländern, deren Regierungen sich nur unzureichend um Umwelt- und Sozialstandards kümmern können oder wollen. Sie sollten sich dieser Verantwortung stellen und den Verbraucher auch über ihre Aktivitäten informieren. Denn er kann dieses Engagement nur honorieren, wenn er davon weiß.
Dr. Werner Brinkmann, STIFTUNG WARENTEST

Jeder Einzelne leistet bereits einen wertvollen Beitrag, wenn er seine scheinbar kleinen Möglichkeiten als Teil eines Gesamtbemühens zur Lösung anstehender Zukunftsfragen versteht und akzeptiert. Dann hat die gemeinsam aufgebrachte Energie durch Mehrheitsbildung, die besten Vorraussetzungen, Ziele im oder nach demokratischem Verständnis umzusetzen.
Peter Maffey

Wirtschaftliches Wachstum kann durchaus dem sozialen Fortschritt zuträglich sein und sich an der Knappheit der natürlichen Ressourcen ausrichten. Werden diese Ressourcen hingegen schneller verbraucht, als sie sich nachbilden können, erfolgt das Wachstum auf Kosten kommender Generationen. Das ist nicht akzeptabel. Wer dies begreift, muss handeln. Jeder sollte bei sich selbst beginnen, sei es als Privatperson, sei es als Unternehmer. Hierin liegt der Ursprung der nachhaltigen Ausrichtung unserer Unternehmensgruppe. Als Handelsgruppe sind wir Mittler zwischen Produzenten und Verbrauchern. Unseren Einfluss wollen wir geltend machen, um Nachhaltigkeit zu einem wichtigen Faktor im Wechselspiel von Angebot und Nachfrage zu machen.
Dr. Michael Otto, Vorstandsvors. der Otto Group

"Meine Aufgabe als Vorsitzender der Bosch-Geschäftsführung verstehe ich wie folgt: insgesamt Balance zu halten zwischen langfristiger Unternehmenssicherung sowie gesellschaftlichen, sozialen und ökologischen Belangen. Also geht es bei Bosch keineswegs um reine Gewinnmaximierung. Vielmehr ergibt sich aus den zahlreichen Partnerschaften, die unser Unternehmen eingegangen ist, auch Verantwortung gegenüber diesen Partnern - Mitarbeitern, Kunden, Lieferanten, dem Gemeinwesen."
Franz Fehrenbach, CEO Bosch

Wir müssen mit Sachverstand, Ruhe und Pragmatismus auf die Herausforderungen der sich wandelnden Welt reagieren. Und vor allen Dingen mit einer Haltung, die nicht sagt: "Wir werden alle zugrunde gehen". Sondern: "Wir werden das bewältigen. Wir kriegen das Hin". Diese positive Grundhaltung ist nach meiner festen Überzeugung die wichtigste Grundlage, die umfassenden Herausforderungen zu bewältigen, über sich selbst hinauszuwachsen, um ein würdiges Vermächtnis zu hinterlassen.
Dr. Lutz Spandau, CEO Allianz Foundation for Sustainability

Jeder trägt in all seinen Rollen und Funktionen Verantwortung für den Zustand der Welt und deren Zukunft. Je mehr Einfluss, umso mehr Verantwortung. Doppelstrategisch ist dabei einerseits das eigene Überleben und das von anderen, wie des eigenen Unternehmens zu sichern. Andererseits sind Fehlentwicklungen und falsche Governancestrukturen zumindest und jederzeit deutlich zu benennen. Das gilt gerade auch für Unternehmer. In der Vernetzung mit anderen sollte ein Teil der eigenen Möglichkeiten immer auf die Herstellung von (globalen) Governancebedingungen gerichtet sein, die in einer weltweiten Perspektive den Schutz der Umwelt und der Ressourcen, die Balance zwischen den Kulturen und die Sicherung der Würde aller Menschen ermöglichen.
Prof. Dr. Dr. F. J. Radermacher

Unternehmer und somit Unternehmen übernehmen Verantwortung nicht nur für die Mitarbeiter, sondern auch für die Produktwelt, für die sie einstehen. Das fängt z.B. damit an, dass unsere Naturkosmetik ausschließlich an externen und internen Probanden getestet wird, Tierversuche für uns absolut tabu sind. Naturkosmetik steht für Schonung und Respekt vor Umwelt und Lebensraum, natürlichen Ressourcen und vor allem vor den Lebewesen, sowohl Mensch, als auch Tier. Hierfür stehen wir sowohl beruflich als auch privat ein. Respekt, Humanität, Toleranz und aktives Handeln sind für uns wichtige Säulen von Verantwortung.
Klara Ahlers und Thomas Haase, GL laverana

Jeder trägt Verantwortung in seiner Rolle als global citizen und Entscheidungsträger und sollte sich dessen bewusst sein, weil die Folgen unseres Handelns und Nicht-Handelns, unserer Entscheidungen sowie unserer Nicht-Entscheidungen heute zeitlich und räumlich weitreichender sind, als je zuvor in der Geschichte. Wir sind verpflichtet, die Erde unseren Kindern in einem besseren - oder wenigstens keinem schlechteren - Zustand zu übergeben. Daher müssen wir uns auf allen Ebenen (privat, geschäftlich, gesellschaftlich) dafür einsetzen, dass weder von uns noch in unserem Namen weiter gegen die Naturgesetze verstoßen wird. Diese stehen über allen anderen Gesetzen und Regeln, denn sie bestimmen die Grundbedingungen unserer Existenz.
Jakob von Uexkuell, World Future Council

Der Verbraucher kann Augen und Sinne für Ungerechtigkeiten schärfen, Mut zum Risiko aktivieren und im Rahmen seiner Möglichkeiten handeln. Ich selbst fühle mich zum Einmischen verpflichtet, seit mir die "Gnade des Schicksals" bewusst wurde, in einer Menschheitsepoche auf diesem Planeten leben zu dürfen, wie sie unseren Vorfahren seit Adam und Eva noch nie beschieden war. In einer Ära mit Frieden, Demokratie, Wohlstand, Sicherheit, Bildungsmöglichkeiten und Rechtsstaatlichkeit. Dass ich das "konsumieren" darf, ist nicht mein Verdienst, sondern das meiner Vorfahren und alliierter ausländischer Kräfte, die uns schließlich mit dem Sieg über das Nazi-Regime diese Werte endgültig erkämpft haben. Viele unter Verlust ihres Lebens. Von selbst hätten wir diesen Wandel kaum vollziehen können. Seither spüre ich die Verpflichtung, anderen zu helfen, die sich ebenfalls ohne fremde Hilfe niemals selbst vom Joch der Diktaturen oder aberwitziger Bräuche befreien können.
Rüdiger Nehberg, TARGET e.V.

Weitere Statements z.B. von den Ministern Dr. Werner Schnappauf (Bayern), Petra Wernicke (Sachsen-Anhalt), Dr. Dietmar Woidke (Brandenburg) sowie von Managern, Unternehmern, Konsumenten, Journalisten, Arbeitnehmern und Studenten finden Sie unter www.nachhaltigwirtschaften.net. Schreiben auch Sie uns Ihre Meinung an: f.lietsch@nachhaltigwirtschaften.net oder beteiligen Sie sich an unserem Blog unter: www.nachhaltigwirtschaften.net

In der kommenden Ausgabe von FORUM werden wir einen Auszug dieser Beiträge veröffentlichen.

* Bertolt Brecht, Dreigroschenoper

Quelle:
Wirtschaft | CSR & Strategie, 09.07.2008

     
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