Wohnst Du noch oder begrünst Du schon?
Dach- und Fassadenbegrünung für ein schönes und gesundes Wohnklima
Nein, sagt die Umweltorganisation Green City
e.V. aus München und setzt dem großstädtischen Grau mit seinem 2014
gegründeten Begrünungsbüro endlich eine grüne Kraft entgegen. Denn
gerade Dächer und Fassaden bieten ein enormes Begrünungspotenzial, das
bislang viel zu wenig genutzt wurde. Wohnhäuser, Büro- und Firmengebäude
bieten vielfältige Handlungsmöglichkeiten für mehr Grün in der Stadt
und sogar Urban Gardening.
Was bringt begrüntes Wohnen und Arbeiten?
Für nahezu jedes Haus bestehen Möglichkeiten
zur Begrünung, die der Bausubstanz nicht schaden, sondern im Gegenteil
zu deren Schutz und zur Verbesserung des Raumklimas beitragen. Zudem
erhöht eine Gebäudebegrünung auf Dächern und an Fassaden die
Lebensqualität in der gesamten Straße, da sie Lärm schluckt, optisch
beruhigt und die Luft reinigt. Das Potenzial dieser bislang
vernachlässigten Flächen ist sogar groß genug, um München oder andere
Metropolen an zu erwartende Klimaänderungen wie Hitzetage und
Starkregenereignisse anzupassen. Pflanzen kühlen im Sommer und tragen so
zu einem angenehmen Stadtklima bei. Bei Regen hingegen speichert das
Substrat der Dachbegrünung das Regenwasser und entlastet die
Kläranlagen.
Begrünung als günstige Klimaschutzmaßnahme
Eine Gebäudebegrünung muss nicht teuer sein.
Die Kosten für die grünen Alleskönner belaufen sich bei Flachdächern je
nach Aufbaudicke zwischen 25 und 50 Euro pro Quadratmeter. Weitere
Kostenkriterien sind die Dachneigung, die Höhe des Gebäudes sowie zum
Beispiel die Zugänglichkeit des Daches. Bei Fassadenbegrünungen hängen
die Kosten ebenfalls von den vorhandenen Bedingungen ab. Können so
genannte Selbstklimmer wie Efeu oder Jungfernrebe ohne Kletterhilfe die
Fassade begrünen, liegt der Quadratmeterpreis etwa bei 0,40 Euro pro
Quadratmeter. Der so genannte leitbare Bewuchs mit einer Rankhilfe, der
auch bei Wärmeverbundsystemen möglich ist, liegt bei rund 95 Euro pro
Quadratmeter. Wer sich für eine Dach- oder Fassadenbegrünung
interessiert, sollte sich am besten von Fachleuten beraten lassen. Im
Münchener Raum freuen sich die ExpertInnen vom Begrünungsbüro über
Anfragen. Bundesweit vermittelt die Fachvereinigung Bauwerksbegrünung
Fachleute in Ihrer Nähe.
Vorurteile gegen Gebäudebegrünung
Bei dieser Gelegenheit widerlegen sie dann
auch gleich die gängigsten Vorurteile. „Vorbehalte gegen
Fassadenbegrünung sind leider weit verbreitet", bedauert Wolfgang
Heidenreich. „Eine typische Sorge, die wir zu hören bekommen, ist, dass
Efeu oder Jungfernrebe dem Mauerwerk schaden könnten. Das ist
schlichtweg falsch. Selbstklimmer können von sich aus nicht in einen
intakten Putz eindringen. Die jungen Triebe können höchstens in bereits
bestehende Risse eindringen und diese vergrößern. Einer gesunden Fassade
können Selbstklimmer nichts anhaben."
Bei Dächern, so Heidenreich, befürchteten
viele HauseigentümerInnen, dass Pflanzen, Substrat und somit Wasser auf
dem Flachdach das Dach undicht werden lassen können. Aber auch diese
Sorge sei unbegründet. „Auf einem Flachdach befinden sich immer Wasser
oder Schnee, es muss also ohnehin dicht sein, egal ob es begrünt wird
oder nicht. Bei einem begrünten Dach ist die Dachabdichtung sogar viel
besser geschützt als bei einem Kiesdach", erklärt der Experte. „Die
Temperaturschwankungen sind wesentlich geringer und somit auch die
unterschiedlichen Wärmeausdehnungen verschiedener Materialien, was die
Alterung und Rissbildung stark reduziert und die Lebensdauer erheblich
verlängert."
Für wen eignet sich eine Gebäudebegrünung?
Grundsätzlich verbessert eine Gebäudebegrünung
in jedem Fall das Mikroklima im und um das Haus und schützt die
Gebäudehülle vor Starkniederschlag, Hagel, UV-Strahlung und großer
Temperaturschwankung. Geeignet ist sie also erstmal für jede Fassade und
jedes Flachdach.
Wenn es an die Realisierung eines konkreten Begrünungsvorhabens geht, hat es der Hauseigentümer natürlich am leichtesten, denn er kann selbstständig entscheiden. Als Wohnungseigentümer muss die Eigentümergemeinschaft einen einstimmigen Beschluss für eine Gebäudebegrünung herbeiführen. Mieter müssen ihren Vermieter von den Vorteilen der Gebäudebegrünung überzeugen.
Am einfachsten ist eine Gebäudebegrünung, wenn diese von Beginn an mitgeplant wird. Doch auch bei schwierigen Bedingungen, wie Steildächern oder Fassaden mit Wärmedämmverbundsystem, sind Begrünungen natürlich auch nachträglich möglich. Immer vorausgesetzt, die Statik kann größere Lasten aufnehmen.
Gebäudebegrünung ist die Bauform der Zukunft
Gerade in Ballungsräumen, in denen immer
weniger Grünflächen immer mehr Menschen als Erholungs- und Rückzugsort
dienen sollen, schaffen begrünte Dächer und Fassaden eine Alternative
zum schwindenden Stadtgrün und bringen gleichzeitig zahlreiche positive
Effekte für das Wohn- und Stadtklima mit sich: Dämmung, Kühlung, Schutz
der Dachabdichtung, Lärmminderung, Feinstaubbindung und Steigerung der
Biodiversität.
Viele der genannten Effekte sind gerade im Hinblick auf den zunehmenden Klimawandel von unschätzbarem Wert. Schon heute werden Großstädte an heißen Tagen gerade für ältere und kranke Menschen zu gesundheitsgefährdenden Hitzeinseln. Umgekehrt können die Wassermassen bei Starkregen aufgrund der massiven Versiegelung nicht mehr abfließen und überschwemmen ganze Straßenzüge. Dass solche Wetterextreme in den nächsten Jahren zunehmen werden, darüber besteht in der Klimaforschung längst kein Zweifel mehr. Die Dach- und Fassadenbegrünung ist eine höchst effiziente Methode, um hier gegenzusteuern.
In München haben Politik und Verwaltung erkannt, dass sich auch die bayerische Landeshauptstadt auf den Klimawandel vorbereiten muss. Gefördert wird das Begrünungsbüro nämlich vom Referat für Gesundheit und Umwelt der Landeshauptstadt München und ist somit Teil der städtischen Klimaschutzstrategie.
Siehe „Das naturnahe Firmengelände" in forum 1/2015
forum gratuliert Green City e.V. zu 25 Jahren Engagement
1990 begannen sieben junge Visionäre, München zu verändern. Unter dem Namen „München 2000 Autofrei e.V." verfolgten sie das Ziel, den Autoverkehr drastisch zu reduzieren, das öffentliche Verkehrsnetz zu verbessern und mehr Geh- und Radwege einzurichten. Mit positiv besetzten Aktionen wollten sie die Münchnerinnen und Münchner für mehr Umweltschutz gewinnen.
Auch nach 25 Jahren hat der Verein, der sich später Green City e.V. nannte, den Kern dieser Philosophie bewahrt. Mit 26 hauptamtlichen MitarbeiterInnen und rund 1.000 Ehrenamtlichen und Mitgliedern setzt sich das engagierte Team heute für stadtverträgliche Mobilität, einen verantwortungsvollen Umgang mit Energie, nachhaltige Stadtgestaltung und Umweltbildung für alle Altersgruppen ein.
Unter dem Motto „Umweltschutz macht Spaß!" bietet Green City e.V. rund 150 Umweltaktionen zum Mitmachen pro Jahr – vom „Streetlife Festival" auf der autofreien Ludwigstraße über die beliebte „Wanderbaumallee" und verschiedene Urban-Gardening-Projekte bis zur organisierten Schulwegbegleitung „Bus mit Füßen" und vielen anderen Umweltbildungsprojekten für Kinder und Erwachsene. Unser Tipp: Unterstützen Sie den Verein zum 25-jährigen Jubiläum mit einer Mitgliedschaft oder einer Spende und machen auch Sie Ihre Stadt zur Green City. Die Münchner Aktivisten haben dazu bereits viele gute Anregungen geliefert.
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 01/2016 - Herausforderung Migration und Integration erschienen.
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