Dennis Lotter

Wertvolles vom ehrbaren Kaufmann

Von Schwarzwälder Schinken und anderem "Regionalwashing"

Immer mehr Verbraucher interessieren sich für die Herkunft ihrer Produkte. Durch falsche Bio-Eier, Schimmel-Mais im Kuhstall und Pferdefleisch im Rindergulasch wird der "Bauer von nebenan" zur neuen Vertrauensperson.

Die regionale Herkunft, so eine aktuelle Umfrage des Verbraucherministeriums, ist für 67 Prozent der Deutschen eines der entscheidenden Kriterien beim Einkauf. Damit liegt sie sogar vor dem Preis (66 Prozent) und der Herkunft aus biologischem Anbau (61 Prozent). Inwiefern hinter diesen Aussagen lediglich hehre Absichtsbekundungen stecken, lässt sich nicht genau feststellen, da es aufgrund der schwammigen Definition von "Regionalität" keine zuverlässigen Aussagen zum Umsatzwachstum gibt. Doch sowohl das Ernährungsministerium wie diverse Bauern- und Handelsverbände bestätigen den Regio-Boom.

Regional = Fair und klimaschonend?

Die regionalen Überzeugungstäter wollen nicht nur die eigene Gesundheit, sondern ebenso das gesellschaftliche und ökologische Umfeld fördern. Regionale Produkte verbinden Verbraucher mit fairen Löhnen, die den heimischen Produzenten zugutekommen und dort Einkommen und Arbeitsplätze sichern. Ebenso reist der Apfel vom heimischen Baum nicht aus Neuseeland an und weist so scheinbar eine bessere Klimabilanz auf.

Aber Vorsicht! Regional ist nicht immer automatisch nachhaltig. So fand die Uni Gießen unlängst heraus, dass bei der monatelangen Lagerung von Äpfeln aus der Region ähnlich viel CO2 ausgestoßen wird, wie beim Schiffstransport frischer Äpfel von der Südhalbkugel. In diesem Falle ist regional also nur dann optimal, wenn gleichzeitig saisonal gekauft wird. In diese Gleichung muss man auch noch die CO2-Ausstöße des Einkaufsweges und der Zubereitung einbeziehen, denn das Garen einer handelsüblichen Kartoffel verbraucht mehr Energie, als alle vorgelagerten Bearbeitungs- und Transportschritte zusammen. Hilfestellung in dieser hochkomplexen Angelegenheit gibt zum Beispiel das vom Bundesumweltministerium geförderte Portal "Klima sucht Schutz."

Das Schwarzwälder Schinken-Dilemma

Weitere Fallstricke lauern in der bereits erwähnten Definition von Regionalität - das Schwarzwälder Schinken-Dilemma dient dabei als klassisches Beispiel. Die Delikatesse muss nämlich nur im Schwarzwald geräuchert werden, um ihren Namen tragen zu dürfen. Das Fleisch kommt häufig aus Dänemark oder Russland. Und wer sich beim skandalgebeutelten Discounter Lidl "Ein gutes Stück Heimat" gönnt, kann selbst in Norddeutschland auf Saft vom Bodensee und Möhren vom Niederrhein zurückgreifen. Einheitliche Standards und Kontrollen sind dagegen Mangelware.

Wer mit der Neigung zum Regionalen nicht nur dem eigenen Gewissen, sondern auch der nachhaltigen Entwicklung einen Gefallen tun und eine Milchmädchenrechnung vermeiden will, muss also einen kritischen Blick hinter die idyllische Heimat-Kulisse werfen.
 
 
Von Dr. Dennis Lotter und Jerome Braun

Zum Weiterlesen:


Warum Werbung einen Bogen um Nachhaltigkeit macht

"Renaissance der Regionen"

Quelle:

Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 04/2013 - Hallo Klimawandel erschienen.

Weitere Artikel von Dennis Lotter:

Erfolgreiches CSR-Management
Tue Gutes und berichte darüber – der CSR-Bericht
Der elfte Teil der forum-Serie „Der CSR-Manager“ erklärt Ihnen einen wesentlichen Erfolgsfaktor für Ihr CSR-Management: der Nachhaltigkeitsbericht.


Erfolgreiches CSR-Management: die Erfolgskontrolle und das Reporting
Der zehnte Teil der forum-Serie „Der CSR-Manager“ zeigt Ihnen wesentliche Erfolgsfaktoren für Ihr CSR-Management
Die interne Erfolgskontrolle wird in der Praxis häufig mit der Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichtes verknüpft, der die Nachhaltigkeitsperformance des Unternehmens gegenüber internen wie externen Stakeholdern dokumentiert.


Erfolgreiches CSR-Management: Tue Gutes und rede darüber - die CSR-Kommunikation
Der neunte Teil der forum-Serie „Der CSR-Manager“ zeigt Ihnen einen essenziellen Erfolgsfaktor für ­professionelles CSR-Management: die interne und externe Kommunikation des Engagements. Praxis­beispiele regen zur Nachahmung an.
Große Chancen werden vertan, wenn Unternehmen, gerade im Mittelstand, ihre "guten Taten" für sich behalten.


Erfolgreiches CSR-Management
Von der Strategie zur Umsetzung
In fünf Stufen zum professionellen CSR-Management: Dritte Stufe – die Umsetzung im Geschäftsbetrieb.


Erfolgreiches CSR-Management - Stufe 2: Die richtige Strategie
Der fünfte Teil der forum -Serie "Der CSR-Manager" zeigt, wie Sie zur richtigen CSR-Strategie gelangen. Welche Methoden helfen und wo bilden gesellschaftliche Interessen eine gemeinsame Schnittmenge mit meinem Unternehmen?
In der vergangenen forum -Ausgabe haben wir erfahren, wie wichtig eine erste Bestandsaufnahme ist, um eine effektive CSR-Strategie abzuleiten. Stufe zwei zeigt, wie man seine strategischen Leitthemen findet.




     
        
Cover des aktuellen Hefts

forum future economy

forum Nachhaltig Wirtschaften heißt jetzt forum future economy.

  • Mit diesem Schritt markiert der Verlag bewusst eine Zeitenwende – hin zu einer Wirtschaft, die Zukunft schafft, statt nur Probleme zu verwalten.
Weiterlesen...
Kaufen...
Abonnieren...
08
DEZ
2025
Seeds of Hope
Lichtblicke am Jahresende
80336 München
09
DEZ
2025
Club of Rome Salon: Building the City of the Future (in English)
Cities, World Expos, and Stakeholders Driving Sustainability
10178 Berlin
Alle Veranstaltungen...
Anzeige

Professionelle Klimabilanz, einfach selbst gemacht

Einfache Klimabilanzierung und glaubhafte Nachhaltigkeitskommunikation gemäß GHG-Protocol

Digitalisierung

Smartphones und Philosophie
Werden Handy-Verbote in Schulen und Altersgrenze bei Social Media Nutzung die Probleme lösen?
B.A.U.M. Insights
Hier könnte Ihre Werbung stehen! Gerne unterbreiten wir Ihnen ein Angebot

Jetzt auf forum:

Song Contest "Dein Song für EINE WELT!"

Nachhaltig Weihnachten feiern

Ökologische Stromproduktion aus Fließgewässern

Ab 14.12.2025 gilt der neue Fahrplan der Deutschen Bahn für 2026

EMAS-Validierung für ein transparentes, europäisches Umweltmanagement der LaSelva Bio-Feinkost Unternehmensgruppe

Schulen stärken Bildung für nachhaltige Entwicklung

Seit 15 Jahren: faire und umweltbewusste Beschaffung mit dem Kompass Nachhaltigkeit

Blue Green FUTUREventura

  • Protect the Planet. Gesellschaft für ökologischen Aufbruch gGmbH
  • Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft e.V. (BNW)
  • toom Baumarkt GmbH
  • Futouris - Tourismus. Gemeinsam. Zukunftsfähig
  • DGNB - Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen
  • BAUM e.V. - Netzwerk für nachhaltiges Wirtschaften
  • Engagement Global gGmbH
  • World Future Council. Stimme zukünftiger Generationen
  • NOW Partners Foundation
  • Global Nature Fund (GNF)
  • TÜV SÜD Akademie
  • Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG
  • circulee GmbH