Der T(h)urmblick

GRI G3.1, G4 und IIRC - oder was?

Die Nachrichten überschlagen sich förmlich: Gegen Ende 2010 wollte die GRI (Global Reporting Initiative) eine überarbeitete Version des seit 2006 aktuellen G3-Leitfadens veröffentlichen, G3.1 genannt. Nun hat der Vorstand der GRI auch der Entwicklung des G4-Leitfadens zugestimmt. Und im Rahmen des IIRC (International Integrated Reporting Committee) sollen Standardsetzer eine neue Koordinierungsstelle schaffen. Ihr Auftrag: bis 2020 "ein" Rahmenwerk für die Unternehmensberichterstattung erstellen.

Wie passt das alles zusammen und worauf muss man sich einstellen?


Der T(h)urmblick
Mehr Tiefenschärfe in die Unternehmensberichterstattung
G3.1 ist die Antwort der GRI auf Verbesserungsvorschläge, die der Vorstand der GRI bereits bei der Veröffentlichung des ursprünglichen G3-Leitfadens eingebracht hatte. Nun hat die GRI mit Hilfe der Erfahrungen bei der Nutzung der G3-Guidelines in den letzten zwei Jahren an den Themen "Gesellschaftliche Mitgestaltung", "Geschlechtergerechtigkeit", "Menschenrechte" und "Wesentlichkeit" (Materiality, siehe Glossar) gearbeitet. Eingebunden wurden dabei die Resultate aus den Arbeiten an der Biodiversitätsstudie TEEB (The Economics of Ecosystems and Biodiversity) und die Ergebnisse des Rahmenwerks von John Ruggie zur Beachtung von Menschenrechten durch Unternehmen. Auch die Beobachtung der Finanzmärkte, die zunehmend Interesse an nicht-finanziellen Daten zeigen und Wege suchen, um diese zu nutzen, floss in die Neubearbeitung ein.

Die Struktur des G3-Leitfadens wurde beibehalten. Jedoch ergeben sich in der Tiefenschärfe und in der Handhabung der Prinzipien kleinere Veränderungen:

  • So wird das Thema "Geschlechtergerechtigkeit" an verschiedenen Stellen ergänzt.

  • Beim Punkt "Gesellschaftliche Mitgestaltung" ergeben sich die größten Veränderungen: Drei neue Indikatoren sollen die Phasen des Lebenszyklus' eines Engagements abdecken.


  • Die Anforderungen an den Punkt "Menschenrechte" werden an die Logik des Ruggie-Rahmenwerks angepasst, das eine Human Rights Due Diligence als Konsequenz des respektvollen Umgangs mit Menschenrechten in den verschiedenen Aspekten der unternehmerischen Tätigkeit einfordert, getreu dem Motto: "Nur was man weiß, kann man auch managen".


Sehr nützlich erscheint mir eine Konkretisierung des Zusammenhangs der vier Prinzipien zur Ermittlung des Reportinhalts, insbesondere wie die "Wesentlichkeit" im Rahmen eines Prozessablaufs eingebunden und im Bericht verdeutlicht werden kann.

Ein globaler Standard wird geschaffen

Glossar

IASB:
International Accounting Standards Board

IFAC:
International Federation of Accountants

IIRC:
International Integrated Reporting Committee

Community Investment:
Investitionen in die Nachbarschaft eines Betriebes oder Betriebsteils, oftmals gekoppelt an Kompensierungsnotwendigkeiten z.B. durch Luftverschmutzung, Geräuschbelästigung oder Landschaftszerstörung

Community Involvement:
Die Tätigkeiten eines Unternehmens zur Reduktion von Belastungen im Rahmen des gesamten Lebenszyklusses eines Betriebes

Disaggregation von Indikatoren:
Aufschlüsselung von Daten, z.B. nach Unternehmensteilen, Regionen oder Produktgruppen

Human Rights Due Diligence:
Die Prüfung der Menschenrechtssituation durch das Betriebsgeschehen eines Unternehmens

Materiality:
Wesentlichkeit, d.h. die Untersuchung der wirklich wichtigen Themen in einem Nachhaltigkeitsbericht oder integriertem Jahresbericht

Bis zum Jahr 2020 will das IIRC unter Federführung der GRI und des Prince of Wales Accounting for Sustainability Projects (A4S), sowie mit IASB, IFAC und weiteren Stakeholdern an einem global akzeptierten Standard umfassender Unternehmensberichterstattung arbeiten. Ein straffer Zeitplan sieht vor, bis zum G20-Gipfel in Paris im November 2011 einen Rahmen für die Arbeiten festgelegt zu haben und gestärkt mit dem Rückenwind der globalen politischen Führung schnell voran zu schreiten. In einem Symposium an der Harvard Business School im Oktober 2010 wurde neben Schritten zum Reporting grundsätzlich auch eine Anbindung an eine "New Theory of the Firm for the 21st Century" gefordert. Man wird sehen, wie der Prozess sich entwickelt. Die Tatsache, dass es diesen Prozess überhaupt gibt, ist schon ein erster großer Erfolg.

GRI spielt im IIRC-Prozess wie gesagt eine wichtige Rolle. Auch aus diesem Grund ist wohl die Entscheidung gefallen, bald mit der Entwicklung des G4-Leitfadens zu beginnen. Die Gründe hierfür sind vielschichtig: Zum Einen sind die GRI-Leitfäden schon jetzt ein "Brückenbauer und Integrator" für viele andere nützliche Standards oder Leitfäden, unter anderem den UN Global Compact, PRI, Equator Principles, ILO Normen, ISO Normen und Leitfäden, Earth Charter, usw. Nun kommen die Finanzstandards hinzu, GRI muss sich als "Standard-ready" erweisen. Zum Anderen ist die Welt in den letzten Jahren (zum Glück) nicht zum Stillstand gekommen: Aspekte, die im Prinzip "Sustainability Context" schon in G3 verewigt wurden, kommen immer stärker zum Vorschein, so z.B. Ecological Footprints, andere Planetary Limits (siehe TEEB) sowie statistisches Datenmaterial, das einen stärkeren Micro/Macro-Link möglich macht. All dies zusammengenommen rechtfertigt schon die Arbeiten an G4. Doch noch ein weiterer Punkt wird ebenso immer wichtiger: Informationstechnologien.

Eine Erfolgsvoraussetzung für die flächendeckende Nutzung von G4 wird die Einbettung der Indikatoren in Datenmodelle verschiedener Nutzer sein. Schon heute bietet Bloomberg Informationen auf seinen Terminals an, XBRL steht als Datentransmitter schon für die finanziellen Daten zur Verfügung.

Spannende Zeiten stehen uns bevor! Glücklicherweise begegne ich mehr und mehr Unternehmen, die bereit sind, aktiv in dieser Experimentierphase mitzuwirken und die bereits jetzt integrierte Berichte nach bisher eigenen Vorgaben bzw. Interpretationen erstellen. Dies wäre noch vor zehn Jahren undenkbar gewesen. Welch eine Evolution!



 Die Global Reporting Initiative (GRI) hat es sich zur Aufgabe gemacht, einen weltweit verbindlichen Rahmen von Konzepten, sowie eine einheitliche Terminologie und einheitliche Messgrößen für die Nachhaltigkeitsberichterstattung zu schaffen. Dazu wird ein glaubwürdiger und zuverlässiger Rahmen zur Verfügung gestellt, der von allen Organisationen - unabhängig von Größe, Branche oder Standort - genutzt werden kann.

Der GRI-Leitfaden (Sustainability Reporting Guidelines) gibt Prinzipien zur Abgrenzung der Inhalte eines Berichts und zur Qualitätssicherung der berichteten Informationen vor.

Im Profil
Ralph Thurm ist Gründer und Managing Director von A|HEAD|ahead. Für forum schreibt er regelmäßig die Kolumne "Der T(h)urmblick". 


Quelle:
Wirtschaft | Lieferkette & Produktion, 02.03.2011

     
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