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Die Meere sind mehr als eine nutzbare, noch unerschlossene Ressource

Christoph Quarch hat die UNO-Ozeankonferenz beobachtet

Heute endet im südfranzösischen Nizza die UNO-Ozeankonferenz. Vertreter aus rund 130 Staaten haben eine Woche lang daran gearbeitet, einen Maßnahmenkatalog aufzustellen, um die Meere besser von Übersäuerung, Überfischung, weiterer Erwärmung und zunehmender Vermüllung zu schützen. Ob die vorgesehenen Maßnahmen reichen werden, um das größte Ökosystem der Welt zu bewahren, kann jedoch bezweifelt werden - zumal mit den USA eines der Länder fehlte, die mit besonderer Verve unterseeische Ressourcen ausbeuten wollen. Angesichts dessen stellt sich die Frage, ob unsere Meere überhaupt noch zu retten sind - und warum es der Menschheit so schwerfällt, nicht nur Maßnahmen zu beschließen, sondern sie auch umzusetzen. Darüber haben wir mit dem Philosophen Christoph Quarch gesprochen.

© KIanenori, pixabay.comHerr Quarch, wie erklären Sie sich, dass die Menschheit sich so schwer damit tut, ihre wichtigste Lebensgrundlage - die Ozeane - zu schützen?
Wie immer gibt es für so etwas nicht nur einen Grund. Als einem Philosophen liegt es mir am nächsten, das drohende Sterben der Ozeane durch eine kollektive Krankheit des Geistes zu erklären. Die Menschheit des 21. Jahrhunderts hat die Ehrfurcht vor dem Leben verloren - um eine treffende Formulierung von Albert Schweizer zu verwenden, dessen 150. Geburtstag in diesem Jahr gefeiert wurde. Nach allem, was wir wissen, ist das Leben im Meer entstanden. Nach allem, was wir wissen, sind die Ozeane die Garanten dafür, dass unsere Atmosphäre mit Sauerstoff versorgt wird und dass das Leben auf Erden möglich ist. Aber obwohl wir das wissen, tun wir so, als seien die Ozeane - und mit ihnen die ganze Natur - eine Ressource, die wir uneingeschränkt ausbeuten und nutzen können.

Aber so war es doch schon immer. Die Anrainer der Küsten haben Fischerei betrieben und ihre Abwässer ins Meer geleitet. Liegt das Problem nicht einfach nur darin, dass wir zu viele geworden sind?
Klar macht es einen Unterschied, ob 3 Milliarden (wie in meiner Kindheit) oder 8 Milliarden den Planeten bevölkern, aber mit der Zahl der Menschen ist auch das Wissen über die Ökologie des Meeres gewachsen. Es fehlt folglich auch nicht an guten Ideen, wie das Meer sinnvoll und maßvoll bewirtschaftet werden könnte. Lassen Sie mich ein Beispiel geben: Die pharmazeutische Industrie in China hat einen immensen Bedarf an sogenanntem Seepferdchenstaub. Davon haben indonesische Fischer Wind bekommen, die folglich alles an Seepferdchen abgefischt haben, was ihnen in die Netze ging. Und als sie keine Seepferdchen mehr fanden, haben sie von ihren Gewinnen größere Boote gekauft uns sind zu den Nachbarinseln gefahren. Bis eines Tages eine Kanadierin kam und sie darüber aufklärte, dass sie gerade dabei sind, ihre Lebensgrundlage zu zerstören. Seither gibt es Seepferdchenfarmen, die so arbeiten, dass immer genug neue Tiere reproduziert werden. Ich erzähle das, um zu zeigen, dass Meeresschutz oft eine Frage des Wissens ist und nicht von Verboten oder Quoten.

Aber gerade daran wird gespart. Bei seiner Eröffnungsrede hat der französische Präsident Macron betont, wie wichtig die Wissenschaft für den Meeresschutz ist - und die USA dafür kritisiert, dass die dortige Forschung drastisch zurückgefahren wird. Müssen wir Europäer also umso mehr forschen?
Forschung ist immer richtig, denn es wird entscheidend darauf ankommen, die komplexen Zusammenhänge zwischen dem Zustand der Meere und des Klimas zu verstehen. Doch, wie ich schon eingangs sagte, mehr Wissen wird uns nicht retten, solange wir nicht unsere grundsätzliche Denkweise ändern. Sie sprachen davon, dass die Menschen immer schon das Meer für ihre Zwecke genutzt haben. Das ist richtig, aber wir sollten uns auch klar machen, dass das Meer für fast alle früheren Kulturen ein heiliger und von Göttern beherrschte Bereich war - und nicht einfach nur eine nutzbare Ressource. Man begegnete ihm mit Scheu und Achtung - und dankte ihm für seine lebensspendenden Gaben. Dass wir dafür den Sinn verloren haben, ist in meinen Augen das Drama. Am Ende des Tages ist die ökologische Krise das Symptom eines religiösen Problems. Das zu lösen, wird die wichtigste Aufgabe der Zukunft sein.

Diese religiöse Scheu vor dem Meer könnte doch auch damit zu tun haben, dass das Meer dem Menschen unheimlich ist, da es sich hinter seiner spiegelnden Oberfläche versteckt. Und könnte das nicht auch der Grund dafür sein, dass sich heute so viele Menschen so wenig um das Meer scheren: dass die Schäden und Probleme dem bloßen Auge nicht sichtbar sind?
Mit Sicherheit spielt das eine Rolle. Die Denke "Aus den Augen aus dem Sinn" ist beängstigend weit verbreitet - vor allem in der Müllentsorgung. Man denke nur an die Atommüll-Fässer auf dem Grund des Ärmelkanals oder die totale Zerstörung des Meeresbodens durch Schleppnetze. Das alles entzieht sich unserer Wahrnehmung und lässt sich gut verstecken. Und auch das ist eine Pathologie des neuzeitlichen Denkens, das nur das für wahr hält, was offenkundig an der Oberfläche sichtbar ist. Ich wage zu behaupten, dass uns diese Haltung über kurz oder lang umbringen wird, wenn wir nicht schleunigst wieder das Bewusstsein dafür zurückgewinnen, dass das Unsichtbare oft wichtiger ist als das Sichtbare.

Mehr dazu in den Ausgaben 02/2025 und 03/2025 von forum Nachhaltig Wirtschaften im Rahmen der Serie zur UN-Ozeandekade.  

Der Philosoph Christoph Quarch schreibt regelmäßig für forum Nachhaltig Wirtschaften. © Christoph Quarch

Der Philosoph, Speaker und Bestseller-Autor Christoph Quarch begleitet Unternehmen, unterrichtet an verschiedenen Hochschulen und veranstaltet philosophische Reisen. In seinen Vorträgen und Büchern greift er auf die großen Werke der abendländischen Philosophie zurück, um diese in eine zeitgemäße Lebenskunst und Weltdeutung zu übersetzen. Gemeinsam mit seiner Frau Christine Teufel gründete er die Neue Platonische Akademie für eine geistige Erneuerung der Gesellschaft.
 
 
Mehr zu ihm unter christophquarch.de und akademie-3.org

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