Klimafreundliche Geschäftsreisen

Als Baustein eines umfassenden Betrieblichen Mobilitätsmanagements

Klimafreundliche Geschäftsreisen sind integraler Bestandteil eines umfassenden Betrieblichen Mobilitätsmanagements. Durch innovative Strategien, die sowohl Vermeidung als auch Verlagerung und verträgliche Abwicklung von Verkehr beinhalten, können Unternehmen nicht nur ihre Treibhausgasemissionen signifikant reduzieren, sondern auch ihre gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen.

Abb. 1: Beispielhafte Ausgestaltung des PDCA-Zyklus für das BMM (eigene Darstellung nach VDI Richtlinie 5110, 2019: S. 7) ©
Die Bedeutung eines effektiven Betrieblichen Mobilitätsmanagements (BMM) nimmt stetig zu. Ein wesentlicher Treiber hierfür sind die gesellschaftlichen und politischen Anforderungen an ökologische und soziale Nachhaltigkeit, wie sie u.a. in den Berichtspflichten der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) zum Ausdruck kommen. Durch die erneute Erweiterung der ESG-Kriterien sind Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten ab 2025 verpflichtet, insbesondere ihre Aktivitäten im Bereich des Klimaschutzes systematisch zu dokumentieren. Hierzu gehören auch die Treibhausgasemissionen aus der betrieblichen Mobilität, wodurch eine strategische Mobilitätsplanung noch relevanter wird.

Die Einhaltung von Emissionsgrenzwerten wird aber nicht nur unter ökologischen Gesichtspunkten zunehmend wichtiger, sondern auch aus ökonomischer Perspektive, da der CO?-Emissionshandel bereits in den letzten Jahren durch eine regelmäßige Verringerung des Caps sowie die Anpassung des Preises für die Tonne CO? für Unternehmen relevanter geworden ist. Selbst wenn ein Unternehmen für seine Tätigkeiten keine Zertifikate erwerben muss, schlagen sich die steigenden Preise und die Verringerung des Caps dennoch bei der betrieblichen Mobilität von Unternehmen nieder, da z.B. die Kosten für Flugreisen dadurch ansteigen. In vielen Unternehmen, insbesondere im Dienstleistungssektor, ist die Mobilität der hauptsächliche emissionsverursachende Faktor. Daher können klimafreundliche Geschäftsreisen als Baustein eines umfassenden BMM dazu dienen, signifikante Einsparungen zu erreichen.

Betriebliches Mobilitätsmanagement als Transformationswerkzeug
BMM umfasst ein breites Spektrum an Maßnahmen zur Optimierung der Mobilität von Unternehmen. Zu den zentralen Aspekten gehören die systematische Auseinandersetzung mit dienstlichen Reisen, den Arbeitswegen der Mitarbeitenden sowie den Wegen der Kund:innen und Besucher:innen. Merkmale eines erfolgreichen BMM sind eine klare Zielorientierung, der Bezug auf klar definierte Zielgruppen und deren Mobilitätsverhalten sowie die Arbeit mit integrierten Maßnahmenbündeln.

Die Ziele eines BMM können vielfältig sein: von der Sicherung der Erreichbarkeit von Standorten über die Erreichung von Nachhaltigkeitszielen bis hin zur Unterstützung der Mitarbeitenden. Auch bauliche Vorhaben können durch ein entsprechendes Mobilitätskonzept erleichtert werden – z.B. durch die Verringerung der nachzuweisenden Stellplätze. Ferner können durch Angebote für Mitarbeitende auch Incentives geschaffen werden, die die Zufriedenheit der Mitarbeitenden mit dem Arbeitgebenden steigert oder zur Attraktivität des Unternehmens für zukünftige Mitarbeitende beiträgt.

Um die Ziele zu erreichen, berücksichtigt erfolgreiches BMM die individuellen Bedürfnisse der Mitarbeitenden. Es schafft Anreize und trifft Regelungen, die eine Verhaltensänderung unterstützen. Hierbei ist entscheidend, den Fokus von rein verkehrlichen Aspekten auf die individuellen Mobilitätsbedürfnisse und die Einflussfaktoren des Mobilitätsverhaltens zu richten. Die Mobilitätsforschung zeigt, dass neben klassischen Angeboten insbesondere Fähigkeiten und Motivation eine zentrale Rolle spielen und bei den Maßnahmen berücksichtigt werden sollten.

Dies lässt sich am besten durch ein integriertes Maßnahmenbündel verwirklichen, das weite Bereiche der betrieblichen Mobilität umfasst und somit an vielen unterschiedlichen Stellen ansetzt. Die Kombination von Push- und Pull-Maßnahmen ist hierbei besonders effektiv: Während Push-Maßnahmen Mitarbeitende zur Veränderung anregen, bieten Pull-Maßnahmen Anreize, um positive Veränderungen zu fördern. Umfassende Kommunikation ist innerhalb dieses Prozesses besonders wichtig, damit sich die Mitarbeitenden mitgenommen fühlen und die Veränderungen mittragen.

Zur Umsetzung integrierter Maßnahmenbündel spielt zudem die Koordination aller Beteiligten eine ausschlaggebende Rolle, insbesondere auch die Zusammenarbeit mit unternehmensexternen Akteur:innen wie etwa privaten oder öffentlichen Mobilitätsdienstleistern oder den für die Gestaltung der Verkehrssysteme zuständigen Kommunen.

Mobilitätsmanagement als strategisch ausgerichteter, kontinuierlicher Verbesserungsprozess
Ein effektives BMM sollte im Sinne eines kontinuierlichen, strategisch ausgerichteten (Verbesserungs-)Prozesses etabliert werden, in dem zielgruppenspezifische Maßnahmen gemäß definierten Zielen umgesetzt und ihr Erfolg gemessen wird (zur Vorgehensweise siehe z.B. VDI-Richtlinie 5110, Abb. 1). Die Ansiedlung des BMM im strategischen Bereich eines Unternehmens ermöglicht es, interne Zielkonflikte zu vermeiden und unternehmensweit konsistente Policies umzusetzen.

Der BMM-Prozess kann etwa als PDCA-Zyklus (Plan, Do, Check, Act) strukturiert werden. Ausgangspunkt ist die Planungsphase, in der strategische Ziele geklärt und der Prozess unter Einbeziehung aller Akteur:innen gestaltet wird. In der Ausführungsphase erfolgt die Analyse des Status quo und die Definition von (Handlungs-)Zielen. Anschließend werden die Handlungsoptionen bewertet sowie die eigentlichen Maßnahmen geplant und umgesetzt. In einem letzten Schritt werden die Maßnahmen und Prozesse mittels relevanter Messgrößen evaluiert und es werden ggf. an Zielen und/oder Maßnahmen Anpassungen vorgenommen. Die daten- und faktenbasierte Vorgehensweise hat sich in der Praxis als weiterer Erfolgsfaktor des BMM erwiesen.

(Klimafreundliche) Geschäftsreisen als Teil des Betrieblichen Mobilitätsmanagements
Klimafreundliche Geschäftsreisen bieten für Unternehmen ein bedeutendes Potenzial zur Einsparung von Treibhausgasemissionen. Für Arbeitswege können lediglich Empfehlungen ausgesprochen werden oder die Mitarbeitenden können durch Aktionen wie „Mit dem Rad zur Arbeit" und Mobilitätsbudgets motiviert werden, klimafreundlich zur Arbeit zu kommen. Im Gegensatz dazu kann ein Unternehmen für Geschäftsreisen klare Vorgaben in Form von Reiserichtlinien erlassen, die für die Mitarbeitenden verbindlich sind.

In Unternehmen mit regelmäßigem Reiseaufkommen können durch gezielte Maßnahmen und Regelungen Treibhausgasemissionen in diesem Bereich reduziert oder sogar größtenteils vermieden werden. Ansatzpunkte hierfür sind z.B. Flugreisen, bei denen die Notwendigkeit kritisch hinterfragt werden sollte, oder die Nutzung des Pkw anstatt der Bahn. Zudem stellt sich die Frage, ob die Nutzung von Dienstwagen tatsächlich erforderlich ist. Eine Reduzierung der Dienstfahrzeuge sowie die Umstellung auf emissionsarme Antriebe wie Elektrofahrzeuge könnten die Emissionen des Fuhrparks wesentlich reduzieren. Auch die Verlagerung von physischen Reisen hin zu virtuellen Meetings hat einen signifikanten Einfluss auf den CO?-Ausstoß.

Eine systematische, datengestützte Herangehensweise, die auf kontinuierlicher Evaluierung und Anpassung basiert, ist der Schlüssel zu einer nachhaltigen Mobilitätskultur, die sowohl ökologisch als auch ökonomisch sinnvoll ist. BMM kann insgesamt als ein praxiserprobtes Transformations- oder Change-Werkzeug betrachtet werden, das dabei unterstützt, auch grundlegendere Veränderungen im Bereich betrieblicher Mobilität zu realisieren – insbesondere auch solche, die eine Veränderungen von Verhaltensroutinen umfassen.

Prof. Dr.-Ing. André Bruns ist Professor für Mobilitätsmanagement und Verkehrsplanung am Fachbereich Architektur und Bauingenieurwesen der Hochschule RheinMain. Seine Schwerpunkte in Lehre, Forschung und Transfer sind Konzepte für nachhaltige Mobilität an der Schnittstelle zwischen Raum- und Verkehrsplanung sowie Möglichkeiten zur Beeinflussung der Verkehrsnachfrage (Mobilitätsmanagement).

Nathalie Schneider (M.Ed und M.Eng) ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachbereich Architektur und Bauingenieurwesen der Hochschule RheinMain. Ihre Schwerpunkte sind Forschungsprojekte in den Themenfeldern nachhaltige Geschäftsreisen, integrierte Mobilitätskonzepte und Parken im öffentlichen und privaten Raum.

Quelle: BAUM e.V. - Netzwerk für nachhaltiges Wirtschaften

Technik | Mobilität & Transport, 24.02.2025
Dieser Artikel ist in forum 02/2025 - Save the Ocean erschienen.
     
        
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