Die nachhaltigste Stadt Deutschlands
Nürnberg wurde beim Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2016 zum Sieger gekürt.
forum sprach mit Dr. Peter Pluschke, dem Mann, der in Sachen Nachhaltigkeit als treibende Kraft hinter dem OB und Städtetagspräsident Ulrich Maly steht.
Was hat Nürnberg bewogen, sich um den Deutschen Nachhaltigkeitspreis (DNP) zu bewerben?
Die Stadt Nürnberg entwickelt seit vielen Jahren nachhaltige Lösungen im kommunalen Bereich und betreibt eine aktive Energie- und Klimaschutzpolitik. Maßnahmen sind zum Beispiel eine kreislaufwirtschaftlich orientierte lokale Abfallwirtschaft – in enger Zusammenarbeit von kommunalen und privaten Strukturen –, die Förderung des Bio-Marktes im regionalen Kontext, aber auch bildungs- und sozialpolitische Initiativen, wie das Bündnis für Familie oder das Projekt SCHLAU, das die berufliche Ausbildung und die schulische Weiterbildung von Jugendlichen fördert. Es lag also nahe, bei einer so breiten Aufstellung unserer Nachhaltigkeitsinitiativen auch diesen angesehenen Preis ins Auge zu fassen.
Wie oft haben Sie schon um eine Nominierung beim DNP gekämpft?
Für uns ist die Bewerbung um solch einen Preis Teil eines Selbstvergewisserungsprozesses. Insofern haben wir immer wieder an vergleichbaren Wettbewerben teilgenommen und uns nunmehr zum dritten Mal um den DNP beworben. Nachdem wir bisher zwar stets ehrenvoll und mit Finalteilnahme abgeschnitten hatten, war dies nun zu unserer großen Freude ein rundum erfreuliches Ergebnis: Deutscher Nachhaltigkeitspreis in der Kategorie der Großstädte.
Was ist die besondere Herausforderung bei diesem Wettbewerb?
Nachdem sich inzwischen viele Kommunen auf Nachhaltigkeitsziele ausrichten, liegt die Herausforderung im Wettbewerb darin, ein eigenes Profil herauszuarbeiten und besonders innovative, robuste oder breit angelegte Initiativen und Projekte zu präsentieren. Wir bemühen uns insbesondere darum, als zentrale Großstadt einer Metropolregion die Verbindungen mit der umgebenden Region im Sinne der Nachhaltigkeit zu gestalten. Dazu gehören regionale Mobilitätskonzepte, Wirtschaftsförderung durch Aufbau von regionalen Wertschöpfungsketten, aber auch eine dezentral orientierte Energiewende mit hohem Wertschöpfungspotenzial.
Wo lagen die größten Schwierigkeiten auf dem Weg zum Sieg?
Nur durch Zusammenwirken einer Vielzahl von Disziplinen und Organisationseinheiten kann in einer Großstadt nachhaltige Entwicklung realisiert werden. Bewirbt man sich um einen solchen Preis, dann muss eine entsprechend breite Kommunikation und Mitwirkung organisiert werden – und das alles neben dem normalen Arbeitspensum. Damit erfordert der Bewerbungsprozess viel Engagement und eine hohe Bereitschaft zur Mitwirkung.
Wo entstanden im Prozess besondere Erkenntnisse?
Die spannendsten Momente ergeben sich immer dann, wenn sich ganz unterschiedliche Fachbereiche unvermutet thematisch treffen: So ergab sich beispielsweise eine Zusammenarbeit des städtischen Entwässerungsbetriebs SUN (Stadtentwässerung und Umweltanalytik Nürnberg) mit dem Bündnis für Biodiversität, als im Zuge der Sanierung eines Regenrückhaltebeckens klar wurde, dass durch dessen naturnahe Gestaltung und durch Übernahme der Pflege des Umfelds durch den Landschaftspflegeverband die Vielfalt von Flora und Fauna im betreffenden Bereich erheblich gefördert werden kann. Ähnlich erfolgreiche Kooperationen haben sich auch im Bereich der Umweltbildung ergeben: die Schulmesse EineWelt unter dem Titel „Global Learning" und schöne Aktionen mit Berufsschulen, wo zum Beispiel die Schreiner im Rahmen ihrer Übungsarbeiten Nisthilfen für Fledermäuse und Vögel bauen.
Was hat der Chef OB Maly zur Bewerbung gesagt?
Bei uns geht es in solchen Fragen sehr nüchtern zu: Chancen einschätzen – sieht es gut aus, dann sagt er: „macht’s".
Was hat er zum Gewinn gesagt?
Auch da geht es ganz nüchtern zu: „Stimmt das wirklich, dass der Preis an Nürnberg geht?" – Ja – „Dann ist das Klasse – macht was draus."
Und was macht ihr daraus?
Mit Anerkennung und Lob für den Gewinn des Deutschen Nachhaltigkeitspreises kamen gleichzeitig viele Vorschläge, was wir noch alles aufgreifen und anpacken sollen. Uns hat die öffentliche wie die interne Reaktion gezeigt, dass das Ringen um Nachhaltigkeit noch lange eine zentrale Aufgabe der Kommunen sein wird. Dabei geht es ganz wesentlich darum, wie Kooperationen unter Mitwirkung von Bürgerschaft, Wirtschaft und Wissenschaft realisiert werden können. Das geht über reine Beteiligungsverfahren hinaus und bedarf der Übernahme einer aktiven, einer operativen Rolle aller Mitwirkenden.
Was sind Ihre Pläne für die Zukunft? – in Ihrem Job für Nürnberg ...
Im Grundsatz geht es um die Weiterführung der in den letzten Jahren verfolgten Politik – allerdings mit der Erfordernis, noch mehr in deren Vermittlung und in die aktive Beteiligung unserer Stadtgesellschaft zu investieren. Als Kommunalverwaltung sind wir allzu sehr geneigt, vom rechtlichen und regulativen Blickwinkel aus auf die Aufgaben zu schauen. Wir werden uns angewöhnen müssen, erst einmal nach sachlich besten Lösungen zu suchen, die Sichtweise der betroffenen Bürgerschaft anzunehmen und dann dem Sinnvollen den geeigneten administrativen Rahmen zu geben und auf diese Weise die bestmögliche Lösung zu entwickeln.– … und privat?
Privat möchte ich die vielfältigen internationalen Kontakte und Projekte, an denen ich in meinem Berufsleben beteiligt war, gerne weiterpflegen. Und da muss ich mir Gedanken machen, wie sich das – gerade wegen der vielen damit verbundenen Flüge und Fernreisen – nachhaltig gestalten lässt.
Herr Dr. Pluschke, wir danken für das Gespräch und wünschen viel Erfolg bei den nächsten Schritten und Auszeichnungen.
Gesellschaft | Green Cities, 01.02.2017
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 01/2017 - And the winner is... erschienen.
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