Kim Schumacher
Technik | Mobilität & Transport, 01.04.2014
"Wir alle sind Lkw-Junkies"
Andreas Techel ist Chefredakteur des Fachmagazins "Fernfahrer". Er beschäftigt sich mit schweren Nutzfahrzeugen und den Menschen am Lenkrad.
forum sprach mit dem Mitinitiator der ZF-Zukunftsstudie "FERNFAHRER" über den Wandel in der Transportbranche.
Wie sieht für Sie die Lkw-Technik der Zukunft aus? Was ist realistisch - und was bleibt Träumerei?
Kurzfristig gesehen, also bis etwa 2018 werden sich keine spektakulären Veränderungen ergeben. Oberleitungs-Lkw sehe ich bis dahin bestimmt nicht im normalen Alltagseinsatz. Der Dieselmotor bleibt maßgeblich. Er wird seine Effizienz und seine Ökobilanz weiter steigern. Eventuell wird es zusätzliche Hybridkonzepte geben, obwohl die Technik momentan mit der Umstellung von Euro 5 auf Euro 6 etwas ins Stocken geraten ist. Elektroantriebe werden auch jetzt schon vereinzelt im Nahverkehr eingesetzt. Vielleicht nimmt ihr Anteil etwas zu. Auf mittleren Strecken werden sicher Erdgasmotoren mehr Verbreitung finden.
Welches Antriebsmodell ist Ihr Favorit?
Das sehe ich völlig emotionslos. Der Lkw ist ein Nutzfahrzeug. Im Sinne aller sollte er so umweltfreundlich wie möglich sein, beim Transport selbst und bei der Herstellung. Das Effizienteste ist das Beste - abhängig vom jeweiligen Einsatzgebiet. Bis der Dieselantrieb im Fernverkehr durch etwas Überlegenes abgelöst wird, dauert es vermutlich noch sehr lange.
Welche Hersteller haben die Nase vorn in Sachen Nachhaltigkeit?
Ein Lkw ist per se nachhaltig. Er fährt niemals zum Spaß in der Gegend herum, sondern transportiert das, was jemand anderes benötigt. Im Vergleich zum Pkw ist der CO2-Ausstoß beim Lkw geringer - auf das Gewicht umgerechnet. Bei nicht allzu anspruchsvoller Topografie kommt ein 40-Tonner auch mit 26 Litern pro 100 Kilometer aus. Das ist deutlich unter einem Liter pro Tonne. Hier liegen alle sieben europäischen Hersteller etwa auf demselben Niveau. Ein Fernverkehrslaster hat eine Gesamtlänge von 16,50 Metern; wäre er vorne und hinten jeweils zwei Meter länger, ließe sich eine wesentlich bessere Aerodynamik erreichen. Das brächte nochmals einen um etwa 15 bis 20 Prozent reduzierten CO2-Ausstoß. Hier schiebt allerdings der Gesetzgeber einen Riegel vor. Der legt die Länge und damit die aerodynamische Gestaltung genau fest.
Nicht die Hersteller, sondern der Gesetzgeber entscheidet also darüber, wie nachhaltig ein Lkw ist?
Genau. Alle Hersteller haben bereits stromlinienförmige Prototypen auf der IAA Nutzfahrzeuge 2012 vorgestellt. Der wichtigste Faktor für die Spriteinsparung sitzt allerdings am Lenkrad. Mehr als 10 Prozent Spritersparnis sind möglich durch vorausschauendes Fahren. Das beinhaltet auch, den Schwung zu nutzen. Moderne automatisierte Schaltgetriebe vereinfachen dies. Bei Mercedes, Scania und Volvo ist dies sogar bereits mit GPS-Daten gekoppelt und die Schaltvorgänge sind genau auf die Topografie und die Motorcharakteristik abgestimmt. Das einzige Ziel: größtmögliche Effizienz. Die Hersteller operieren nah an der Grenze des Möglichen. Eben eingegrenzt durch die Vorgaben der Gesetzgeber.
Mit welchen Schwierigkeiten kämpft die Transportbranche?
Es ist eine wilde und hart umkämpfte Branche. Hier herrscht ein unglaublich hoher Konkurrenzdruck. Die Gewinnmargen liegen oft nur bei einem mageren Prozent. Entsprechend niedrig sind die Fahrerlöhne; einer der Gründe für das gravierende Nachwuchsproblem. Lange Abwesenheiten von Zuhause, das Leben auf der Straße fordern Aufopferungsbereitschaft, die von der normalen Bevölkerung keineswegs gewürdigt wird. Im Gegenteil. Das Image ist schlecht, obwohl alle vom Einsatzwillen der Fahrer profitieren. Oder wie soll man sich den Erfolg günstiger Lebensmitteldiscounter oder etwa Internetwarenhäuser erklären? Um nur einmal zwei Beispiele zu nennen. Dazu kommt eine große Verantwortung für andere Verkehrsteilnehmer oder auch für die zum Teil sehr teure Fracht. Etwa der Trailer voller Smartphones.
Arbeitet die Branche gegen das schlechte Image des Kraftfahrer-Berufs an?
Bislang gibt es nur Einzelinitiativen von Speditionen, die an Schulen den Beruf bewerben. Aber dies sind meist nur größere Mittelständler. Dazu kommen Kampagnen von Fachmedien.
Und die Politik? Hat der neue Verkehrsminister Alexander Dobrindt schon Pläne verlauten lassen?
Die Politik tut hier leider nicht viel. Das Berufskraftfahrerqualifizierungsgesetz war vor einigen Jahren ein guter Ansatz, da es die Bedeutung der Fahrer als Fachkräfte unterstreicht. Aber es gibt noch eine Menge anderer Probleme, die auch Herr Dobrindt sicher nicht lösen wird. Transport und Logistik sind ein wichtiger Wirtschaftsfaktor und der ist hierzulande massiv gefährdet. Alleine bei der Infrastruktur sieht es verheerend aus: Brückensperrungen für Lkw aufgrund von Einsturzgefahr, Straßen voller Schlaglöcher, die den Verschleiß fördern, fehlende Parkplätze, die es den Fahrern schwer machen, die gesetzlichen Ruhezeiten einzuhalten und ein ungehemmter Konkurrenzdruck aus den östlichen EU-Staaten. Dabei sind wir alle von der Versorgungsleistung des Lkw abhängig. Nur leider verteufeln die meisten Menschen ihn und damit wird es nicht einfacher, vernünftige Lösungen zu finden für die Probleme, die der von den Konsumenten erzeugte Güterverkehr ohne Zweifel auch mit sich bringt.
Kurzfristig gesehen, also bis etwa 2018 werden sich keine spektakulären Veränderungen ergeben. Oberleitungs-Lkw sehe ich bis dahin bestimmt nicht im normalen Alltagseinsatz. Der Dieselmotor bleibt maßgeblich. Er wird seine Effizienz und seine Ökobilanz weiter steigern. Eventuell wird es zusätzliche Hybridkonzepte geben, obwohl die Technik momentan mit der Umstellung von Euro 5 auf Euro 6 etwas ins Stocken geraten ist. Elektroantriebe werden auch jetzt schon vereinzelt im Nahverkehr eingesetzt. Vielleicht nimmt ihr Anteil etwas zu. Auf mittleren Strecken werden sicher Erdgasmotoren mehr Verbreitung finden. Welches Antriebsmodell ist Ihr Favorit?
Das sehe ich völlig emotionslos. Der Lkw ist ein Nutzfahrzeug. Im Sinne aller sollte er so umweltfreundlich wie möglich sein, beim Transport selbst und bei der Herstellung. Das Effizienteste ist das Beste - abhängig vom jeweiligen Einsatzgebiet. Bis der Dieselantrieb im Fernverkehr durch etwas Überlegenes abgelöst wird, dauert es vermutlich noch sehr lange.
Welche Hersteller haben die Nase vorn in Sachen Nachhaltigkeit?
Ein Lkw ist per se nachhaltig. Er fährt niemals zum Spaß in der Gegend herum, sondern transportiert das, was jemand anderes benötigt. Im Vergleich zum Pkw ist der CO2-Ausstoß beim Lkw geringer - auf das Gewicht umgerechnet. Bei nicht allzu anspruchsvoller Topografie kommt ein 40-Tonner auch mit 26 Litern pro 100 Kilometer aus. Das ist deutlich unter einem Liter pro Tonne. Hier liegen alle sieben europäischen Hersteller etwa auf demselben Niveau. Ein Fernverkehrslaster hat eine Gesamtlänge von 16,50 Metern; wäre er vorne und hinten jeweils zwei Meter länger, ließe sich eine wesentlich bessere Aerodynamik erreichen. Das brächte nochmals einen um etwa 15 bis 20 Prozent reduzierten CO2-Ausstoß. Hier schiebt allerdings der Gesetzgeber einen Riegel vor. Der legt die Länge und damit die aerodynamische Gestaltung genau fest.
Nicht die Hersteller, sondern der Gesetzgeber entscheidet also darüber, wie nachhaltig ein Lkw ist?
Genau. Alle Hersteller haben bereits stromlinienförmige Prototypen auf der IAA Nutzfahrzeuge 2012 vorgestellt. Der wichtigste Faktor für die Spriteinsparung sitzt allerdings am Lenkrad. Mehr als 10 Prozent Spritersparnis sind möglich durch vorausschauendes Fahren. Das beinhaltet auch, den Schwung zu nutzen. Moderne automatisierte Schaltgetriebe vereinfachen dies. Bei Mercedes, Scania und Volvo ist dies sogar bereits mit GPS-Daten gekoppelt und die Schaltvorgänge sind genau auf die Topografie und die Motorcharakteristik abgestimmt. Das einzige Ziel: größtmögliche Effizienz. Die Hersteller operieren nah an der Grenze des Möglichen. Eben eingegrenzt durch die Vorgaben der Gesetzgeber.
Mit welchen Schwierigkeiten kämpft die Transportbranche?
Es ist eine wilde und hart umkämpfte Branche. Hier herrscht ein unglaublich hoher Konkurrenzdruck. Die Gewinnmargen liegen oft nur bei einem mageren Prozent. Entsprechend niedrig sind die Fahrerlöhne; einer der Gründe für das gravierende Nachwuchsproblem. Lange Abwesenheiten von Zuhause, das Leben auf der Straße fordern Aufopferungsbereitschaft, die von der normalen Bevölkerung keineswegs gewürdigt wird. Im Gegenteil. Das Image ist schlecht, obwohl alle vom Einsatzwillen der Fahrer profitieren. Oder wie soll man sich den Erfolg günstiger Lebensmitteldiscounter oder etwa Internetwarenhäuser erklären? Um nur einmal zwei Beispiele zu nennen. Dazu kommt eine große Verantwortung für andere Verkehrsteilnehmer oder auch für die zum Teil sehr teure Fracht. Etwa der Trailer voller Smartphones. Arbeitet die Branche gegen das schlechte Image des Kraftfahrer-Berufs an?
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von Kim Schumacher
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 02/2014 - Voll transparent, voll engagiert erschienen.
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