Wie ein Pflanzenöl-Kocher das Städtewachstum bremste

Eine Zeitreise in die Vergangenheit des Kochens

Die guten alten Zeiten! Nur 29 Millionen Einwohner hatte die Metropole Jakarta vor knapp 30 Jahren, als sie gerade mit vier großen Städten der Umgebung zusammenwuchs. Heute sind es doppelt so viele. Es wären aber noch weit mehr, gäbe es nicht die kleine Wunderwaffe namens PROTOS.

2011 setzte sich die Lösung durch. Vorher: Aufwendiges Holzsammeln, schwere Atemwegserkrankungen.
Foto: © Christoph Santner
Zeitreise zurück ins Jahr 2011: Täglich machten sich tausende Indonesier auf, ihre Dörfer zu verlassen, um in Jakarta ihr Glück zu suchen. Die meisten kamen aber vom Regen in die Traufe. Von der Armut ins Elend. Ein Grund für die Landflucht: Jeder zweite Indonesier kochte damals noch mit Holz. Holz, für das man immer weiter laufen musste, weil immer größere Flächen um die Dörfer herum gerodet waren. Für Frauen, Kinder und Alte, die mit diesem Job betraut waren, wurde der "Holzweg" von Jahr zu Jahr länger. Die Flächen erodierten.

Da kam ein Unternehmen auf eine brillante Idee: Bosch Siemens Hausgeräte (BSH) entwickelte einen Pflanzenölkocher. Er brennt bis heute mit jedem Pflanzenöl, auch mit gebrauchtem Frittieröl aus Restaurants und Garküchen. Sie nannte ihren Kocher Protos. Erzeugten ihn in einer Fabrik in Jakarta. Von dort aus trat er seinen Siegeszug rund um die Welt an. Bis heute ist er beliebt, erspart er doch der Bevölkerung Zeit, Mühe und Geld, das damals für Kerosin, Feuerholz oder Gaskartuschen ausgegeben wurde.

Jährlich zwei Millionen Tote durch Holzfeuerrauch
20 Dollar konnten sich auch Bauern in den Dörfern für den Kocher leisten. BSH baute bewusst ein Social Business auf. Und re-investierte jeden verdienten Dollar, um den Preis zu senken und das Produkt zu verbreiten. Die Bauern bekamen nicht nur den Kocher, sondern auch Samen der ölhaltigen Jatropha-Pflanze. Diese konnten sie nun selbst anbauen und sich ihr eigenes Öl pressen. Oder sie lernten, in ökologischen Mischkulturen Ölsaaten anzupflanzen, die sie zu guten Preisen verkaufen konnten. Denn der Bedarf nach Biokraftstoffen stieg von Jahr zu Jahr enorm, damals, als es noch keine organische Fotovoltaik, keine Kernfusion und keine Tachyonen-Energie aus dem Universum gab. Und noch ein Problem löst Protos bis heute: Der Holzfeuerrauch erzeugte Atemwegserkrankungen in den Hütten. Jährlich starben daran weltweit mindestens zwei Millionen Menschen.

Nachher: Der Kocher Protos funktioniert mit Pflanzenöl, ohne schädliche Emissionen.
Foto: © Christoph Santner
Die Avantgarde in den Industrieländern generierte damals einen Hype mit Protos-Partys, denn durch nichts wurde ein Wok so ideal befeuert wie durch die starke Protos-Flamme. Und asiatische Küche war damals so richtig chic. Man glaubt es kaum: Noch heute sind Produkte aus der ersten Serie im Einsatz. Die niedrigen Seriennummern werden von Sammlern für viel Geld aufgekauft. Gerade wurde die Grenze von einer Milliarde Kochern durchbrochen. Und Milliarden Menschen auf dem Land konnten ihr Leben verbessern und ersparten sich das Elend der Städte. Ein eigener Pflanzenöl-Herd ist nun mal Goldes wert.


Von Christoph Santner


Christoph Santner schreibt für forum über Zukunft und Innovation, worauf der Autor, Redner und Berater seit 25 Jahren spezialisiert ist.
c.santner@nachhaltigwirtschaften.net

Quelle:
Gesellschaft | Social Business, 19.01.2012
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 04/2011 - Stadt der Zukunft erschienen.
     
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