Zukunft filmisch...

...in Szene setzen

Von Dr. Hans-Dieter Radecke

"Ten years over night success" heißt ein geflügeltes Wort im Film-Business. Auch in Forschung und Entwicklung dauert es meistens Jahre, bis aus einer guten Idee ein marktfähiges Produkt wird, das dann von der Wirtschaft wie ein neuer Star gefeiert wird. Das Projekt "Jugend filmt Bionik" bringt nun Schwung in die Kommunikation zukunftsweisender Innovationen - und sorgt gleichzeitig gegen den Fachkräftemangel vor.

Forschung hautnah erleben - der Bioniker Leif Kniese demonstriert Jugendlichen am Set von "Jugend filmt Bionik" den Fin-Ray-Effekt.
Foto: © futurevision

"Gute Forschungsergebnisse setzen sich immer durch - nur dauert es manchmal Jahrzehnte. So lange kann heute niemand mehr warten. Bei allen unseren Arbeiten haben die Medien eine außerordentlich bedeutende beschleunigende Rolle gespielt", bekennt der Entdecker des Lotus-Effekts, Prof. Dr. Wilhelm Barthlott von der Uni Bonn. Er engagiert sich daher in der Filmjury des bundesweiten Medienwettbewerbs "Jugend filmt Bionik", der sich als innovative Kommunikationsplattform für eine zukunftsweisende Vernetzung von Bildung, Forschung und Wirtschaft zur Sicherung der deutschen Zukunftsfähigkeit versteht. Barthlott hält aufgrund seiner bisherigen Erfahrungen den Wettbewerb für ein wichtiges Projekt, das den gesellschaftlichen Nutzen von Forschung visuell verständlich vermitteln und damit auch in der breiten Öffentlichkeit positives Interesse für Zukunftstechnologien wecken wird.

Erfindungen der Natur als Inspirationsquelle
Mit Optimismus tut man sich in Deutschland traditionell eher schwer. Daher sind Ansätze besonders willkommen, die eine positive Aufbruchphilosophie vermitteln und konkrete Handlungsperspektiven aufzeigen. Gerade für die nachhaltigen Technologien sind sie hilfreich, denn trotz aller Aufklärungsarbeit erweckt der allseits bemühte Begriff der Nachhaltigkeit bei vielen Menschen noch immer die negative Assoziation von Einschränkung und Verzicht. Nachhaltigkeit impliziert jedoch wegen ihrer optimalen Verknüpfung von Ökonomie und Ökologie enorme Zukunftsperspektiven für wirtschaftlichen Erfolg. Demonstriert wird dies bereits heute durch das weltweit in die Billionen Euro gehende Marktvolumen von naturorientierten Querschnittstechnologien, die eine Fülle von Anwendungen in den unterschiedlichsten Branchen hervorbringen. Dazu gehört an prominenter Stelle die Bionik, deren kreatives Potenzial darin liegt, dass sie die im Laufe der Evolution optimierten "Erfindungen" der Natur als Inspirationsquelle für technische Innovationen nutzt. Und davon profitieren - dies zeigen die bisherigen Erfahrungen - Mensch und Umwelt gleichermaßen.

Kreative Bildungskonzepte - Grips als wichtigste Ressource
Um den Trend zu diesen viel versprechenden Technologien zu beschleunigen, sind beispielhafte Projekte gefragt, die Begeisterung wecken, zum Handeln motivieren, den gesellschaftlichen Nutzen des "Profitierens von der Natur" verständlich kommunizieren und den wirtschaftlichen Erfolg vielleicht beschleunigen können. Zu einem solchen Leuchtturm-Projekt könnte sich "Jugend filmt Bionik - Innovationen aus der Natur" entwickeln, ein kreativer Medienwettbewerb, den die Münchner futurevision gemeinnützige GmbH bundesweit ausschreibt - gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU).

futurevision schafft mit "Jugend filmt Bionik" nicht nur eine attraktive Kommunikationsplattform für die visuelle Darstellung von technologischen Innovationen, sondern will Jugendlichen über das kreative Medium Film erste Einblicke in den Bereich der nachhaltigen Zukunftstechnologien gewähren und ihnen aussichtsreiche Berufsperspektiven aufzeigen. Die drei wichtigsten Faktoren für den zukünftigen Erfolg der deutschen Wirtschaft werden hier in einer neuen, bislang einzigartigen Schnittstelle zusammen gebracht: Bildung, Forschung und Wirtschaft. Denn daran, wie gut es gelingt, diese verzahnten Bereiche bedarfsgerecht aufeinander einzustellen, entscheidet sich zweifellos die Rolle, die Deutschland in den nächsten Jahrzehnten auf den Weltmärkten spielen wird.

"Grips ist die wichtigste Ressource in einem rohstoffarmen Land", bestätigt Dr. Rainer Erb, Geschäftsführer der Forschungsgemeinschaft BIOKON, "und Investitionen in Bildung sind die notwendige Basis für eine erfolgreiche Wirtschaft, die sich durch wissenschaftliche Innovationen die eigene Zukunftsfähigkeit sichert." Zwar gehören die deutschen Bionik-Forscher international zur absoluten Spitze und deutsche Unternehmen zu den innovativsten der Welt. Doch diese Position ist durch einen eklatanten Mangel an Fachkräften und Nachwuchsforschern vor allem in den MINT-Berufen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) bedroht.

Durch die Analyse von Struktur und Funktionsweise des natürlichen Vorbilds und den Einsatz neuester Fertigungstechnologien kann die Mensch-Technik-Kooperation (r)evolutioniert werden - hier der "Bionische Handling-Assistent" der Festo AG, die in der Fabrikautomatisierung und Prozessautomatisierung tätig ist.
Foto: © Festo


Warnend weisen Analysten und Forschungsinstitute darauf hin, dass sich die Situation in diesem Jahrzehnt dramatisch verschärfen wird, denn der Nachwuchs kann angesichts einer Quote von nur 35 Hochschulabsolventen je 1.000 erwerbstätige Ingenieure (2007) nicht einmal den Fachkräfteverlust durch Ausscheiden aus dem Berufsleben ausgleichen. Nach Erkenntnissen des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) und des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) fehlen derzeit mehr als 35.000 Ingenieure, und wenn der Trend anhält, wird dieser Fehlbestand noch in diesem Jahrzehnt auf rund 200.000 anwachsen. Auch der Bundesverband der Deutschen Arbeitgeberverbände befürchtet, dass der Fachkräftemangel in technischen Berufen zunehmend zu einer Wachstums- und Innovationsbremse wird, die den Hochtechnologie- und Forschungsstandort Deutschland schon mittelfristig gefährden könnte. Klare Worte findet auch der Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft, Professor Hans-Jörg Bullinger: "Das Schicksal Deutschlands hängt an gut ausgebildeten und motivierten Fachkräften, künftig mehr denn je. Wir haben erheblich zu wenig Naturwissenschaftler und Ingenieure... Besonders dramatisch ist dieser Mangel gerade in Gebieten, die für den Aufbruch in Zukunftsmärkte benötigt werden."

Fachkräfte von morgen für die Unternehmenskommunikation von heute


5 Tage - ein Film

So sieht der typische Ablauf eines "Jugend filmt Bionik"-Projekts in einem Unternehmen aus:
Tag 1: Ein Forschungs- und Entwicklungsmitarbeiter führt durch das Unternehmen, in einem Workshop wird gemeinsam mit den Jugendlichen das Storyboard für den Film entwickelt.

Tag 2: Beginn der Dreharbeiten

Tag 3: Fortsetzung der Dreharbeiten. Die Filmprofis sind stets dabei, um die Innovationen gut in Szene zu setzen.

Tag 4: Filmschnitt

Tag 5: Postproduction und eine "Premierenparty" für das jugendliche Filmteam.
Genau hier setzt "Jugend filmt Bionik" an: Unter fachkundiger Anleitung von BIOKON-Forschern und professionellen Filmteams der Bavaria Film drehen Jugendliche im Alter von 16 bis 21 Jahren (Schüler von Gymnasien, Auszubildende oder Jugendliche in Freizeiteinrichtungen) in fünftägigen Intensiv-Workshops professionelle Kurzfilme zu bio-inspirierten technischen Lösungen. Drehorte sind die freie Natur, Forschungseinrichtungen und innovative Unternehmen. Dies gibt den Jugendlichen nicht nur die Chance, Wissenschaftlern und Ingenieuren über die Schulter zu schauen und eine der spannendsten Zukunftsbranchen kennen zu lernen, sondern auch mit viel Begeisterung ihren ersten eigenen Kurzfilm zu drehen. In ihrer Berufsorientierungsphase erhalten sie praktische Einblicke in Forschungseinrichtungen und die Arbeitsprozesse innovativer Unternehmen. "Wir wollen Jugendliche HEUTE über das kreative Medium Film für Bionik und nachhaltige Zukunftstechnologien begeistern, damit sie MORGEN MINT-Berufe wählen und Ingenieurstudiengänge belegen, so dass sich der Wirtschaftsstandort Deutschland auch ÜBERMORGEN im globalen Wettbewerb behaupten kann", erklärt Silke Kraus die Vision hinter dem Projekt. "Neben der Gewinnung von Jugendlichen für technologieorientierte Zukunftsberufe geht es uns auch um die Verbesserung der Technologieakzeptanz in der Gesellschaft und einen Beitrag zu einem positiven Innovationsklima in Wirtschaftsunternehmen."

Futurevision lädt aufgeschlossene Unternehmen zur aktiven Teilnahme ein: Sie erhalten die Möglichkeit, sich auf dieser neuen Kommunikationsplattform zu präsentieren und sie für eine öffentlichkeitswirksame Außendarstellung der eigenen Technologien zu nutzen. Insbesondere werden Firmen adressiert, die mit ihren F&E-Abteilungen und CSR-Verantwortlichen eine aktive Führungsrolle in der Nachhaltigkeitsentwicklung einnehmen wollen.
Wer eine Filmpatenschaft übernimmt, kann sich dem Nachwuchs als attraktiver Arbeitgeber vorstellen und möglicherweise den Grundstein dafür legen, sich junge, kreative Köpfe für die Erhaltung der eigenen Zukunftsfähigkeit zu sichern. Außerdem erfährt der Markt neben rationalen Verkaufsargumenten zudem über eine emotionale Ansprache von den technologischen Innovationen junger Start-ups oder mittelständischer Unternehmen. Denn die professionellen Filme stellen für die eigene Unternehmenskommunikation ein langfristiges Werbemedium dar. Auch hier gibt das Projekt einen wichtigen Impuls, denn die Vernachlässigung der Selbstdarstellung gilt als deutliches Manko deutscher Unternehmen und Organisationen. So stellt der Serial-Entrepreneur Thomas Loeser fest: "Im Vergleich zu den USA fehlt uns ganz deutlich der Gedanke des 'Wissenschafts-Marketings'. Deutsche Innovationen über die Fachkreise hinaus in die Öffentlichkeit zu bringen, kann daher nur begrüßt werden. Den Ansatz von futurevision halte ich als neue CSR-Plattform im Marketing-Mix von Unternehmen für richtungsweisend, zumal er die Jugendlichen als potenzielle Fachkräfte von morgen frühzeitig in die Diskussion mit einbezieht und ihnen attraktive Berufsperspektiven aufzeigt."

Bionik-Pionier Barthlott bettet Schiffe auf Luftpolster und könnte so in Zukunft den Energieverbrauch für den weltweiten Schiffverkehr erheblich reduzieren. Futurevision filmt das aktuelle BMBF-Forschungsprojekt nach dem Vorbild des Salvinia-Wasserfarns an der Uni Bonn.
Foto: © Prof. Wilhelm Barthlott
Get-together für Innovationstreiber
Futurevision bietet Firmen ein umfassendes Leistungspaket, das die verschiedenen Unternehmensbereiche interdisziplinär vernetzt. "Jugend filmt Bionik" dient sowohl als Marketinginstrument, als auch als Event, das Innovationen in einem außergewöhnlichen Rahmen präsentiert. Der Filmwettbewerb kann so durchaus zum Wettbewerbsvorteil werden und kreativen Nachwuchs locken. Unternehmen können durch die Teilnahme ihre Corporate Social Responsibility auch in der Praxis glaubwürdig demonstrieren.

Den Optimismus der Projekt-Initiatoren teilen offenbar auch Experten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Im September 2010 wurde der Medienwettbewerb vom Rat für Nachhaltigkeit als "impulsgebendes Zukunftsprojekt" ausgezeichnet, das zeigt, wie aus Ideen zur Nachhaltigkeit Taten und Mehrwert für die Gesellschaft werden können. Auch Dr. Fritz Brickwedde, Generalsekretär von Europas größter Umweltstiftung DBU, befürwortet das Beschreiten neuer Wege: "Der Filmwettbewerb trägt wesentlich dazu bei, bionische Innovationen in Wirtschaft und Gesellschaft bekannter zu machen."

Für die Preisverleihung am 30. September 2011 hat sich die engagierte futurevision-Chefin Silke Kraus die perfekte Location ausgesucht: das Deutsche Museum München als größtes Technik-Museum der Welt. Spot an für technische Innovationen und die wichtigsten Akteure aus Wissenschaft und Forschung, Wirtschaft, Bildung, Politik und Medien!



Der Autor
Dr. Hans-Dieter Radecke ist Astrophysiker und freier Journalist mit Themenschwerpunkt Naturwissenschaft, Technik und Wirtschaft.




Im Profil
Silke Kraus ist geschäftsführende Gesellschafterin der futurevision gGmbH mit Sitz in München. futurevision konzipiert und realisiert innovative Kultur-, Medien- und Jugendprojekte, die Lust auf aktive Mitgestaltung der Zukunft wecken. Silke Kraus war nach ihrem Studium der Philosophie (M.A.) als Filmemacherin tätig und beschäftigt sich seit mehreren Jahren mit Bionik, Kreativitätsforschung und innovativem Technologietransfer. Ihr Wissen gibt sie auch als Beraterin und systemischer Coach weiter.

futurevision gGmbH
Telefon +49 (0)89 / 35 06 21 10
silke.kraus@futurevisionprojekt.de

www.jugendfilmtbionik.de




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Quelle:
Gesellschaft | Pioniere & Visionen, 27.04.2011

     
        
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