100 Prozent Erneuerbare Energien
Eine realistische Option? Dr. Lehmann sagt: JA!
Schon in der Einführung des Vortrags- und Diskussionsabends, der am 5. April 2011 im Münchner Zukunftssalon stattfand, wurde die Versorgung mit ausschließlich Erneuerbaren Energien als "Wunschvorstellung von allen" bezeichnet. Doch das alleine reiche nicht aus - sie müsse auch realistisch sein. Wie der Traum Realität werden kann, zeigte Dr. Harry Lehmann, Leiter "Umweltplanung und Nachhaltigkeitsstrategien" des Umweltbundesamtes.
Von Lea Eggers
Klimawandel und übermäßiger Ressourcenverbrauch machen eine "Great Transformation" hin zu Erneuerbaren Energien, Energieeffizienz, Ressourcenproduktivität, Flächensparen und Rohstoffeffizienz dringend notwendig. Diplom-Physiker Dr. Lehmann, Leiter des Fachbereichs "Umweltplanung und Nachhaltigkeitsstrategien" des Umweltbundesamtes, Vorsitzender des "Faktor 10 Club" zur Ressourcenproduktivität und Mitglied des "World Renewable Energy Council", nahm sich in seinem Vortrag eines dieser Bereiche an: der Erneuerbaren Energien, nämlich Photovoltaik, Wasser- und Windkraft, Geothermie, Concentrating, Biomasse, Kollektoren und Solararchitektur.
Es gibt unterschiedliche Ausgestaltungen der Versorgung mit diesen Energien. Stellt man sich ein Diagramm mit den Achsen dezentralisiert-zentralisiert und international-lokal vor, werden drei Möglichkeiten deutlich: lokale Autarkie im dezentralisierten lokalen Bereich, internationale Kooperation im zentralisierten internationalen Bereich und der Mittelweg regionaler Netzwerke. Das Konzept "DESERTEC", das die saubere Stromerzeugung in sonnenreichen Gebieten wie der Wüste für die Versorgung der ganzen Menschheit vorsieht, ist ein Beispiel für internationale Kooperation.
Neben "DESERTEC" gibt es weitere Möglichkeiten der sauberen Energieversorgung. So stellte Dr. Lehmann Szenarien vor, mit denen sich beispielsweise Katalonien und sogar Japan durch die geographisch vorteilhafte Lage vollständig selbst mit Erneuerbaren Energien versorgen können. In Deutschland sei das Szenario "Wilhelmsburg" genannt, wo die Energieversorgung auf einer Planung beruht, die jedem Häuser- und Geländetyp eine entsprechende Rolle zukommen lässt. Nach der Präsentation dieser Szenarien lautete das Fazit des Vortrags: Jede der oben genannten drei Varianten ist selbstständig und in beliebigen Mischformen technisch möglich. Die Frage zum "100 Prozent Erneuerbare Energien"-Ziel ist längst nicht mehr: "Geht das überhaupt?" Sondern: "Wie können wir das maximal ausgestalten?"
Verbindliche Ziele weisen den Weg
Hier kommen Politik und Gesellschaft ins Spiel. Um die Energieversorgung sicherzustellen, gilt es, verbindliche Ziele für Emissionsminderungen und Erneuerbare Energien zu setzen, sowie eine effizientere und intelligentere Energienutzung zu unterstützen. Eine intelligentere Steuerung fängt dabei schon in kleinen Bereichen an - intelligente Kühlschränke, die ihre Temperatur an die Verfügbarkeit von Energie anpassen; Bewegungsmelder in der Beleuchtung - und reicht über intelligenten Gebäudebau bis hin zu dem Konzept eines Stromnetzes, das wie unser Straßennetz in öffentlicher Hand liegt. Dafür ist es notwendig, die rechtlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen sowie die Raumordnung im Hinblick auf die Nutzung Erneuerbarer Energien anzupassen. Zudem müssen die Weiterentwicklung der notwendigen Infrastruktur und der Umbau der konventionellen Kraftwerksparks gefördert werden. Eine weitere wichtige Aufgabe liegt in der Intensivierung der Energieforschung. Heute gibt die EU in der Forschung am meisten Geld (pro Technologie) für die Kernforschung aus - das muss sich ändern. Auch in die Ausbildung sollte mehr investiert und Akzeptanz für die Energiewende geschaffen werden.
Was jetzt noch fehlt, ist die Entscheidung über die Ausgestaltung - an dieser Stelle kommen wieder die Achsen der Versorgungsmatrix ins Spiel. Für den Referenten Dr. Lehmann stellt sich eine nachhaltige (energetische) Regionalentwicklung als optimale Lösung dar. Regionale Entwicklungspotenziale nutzen heißt konkret, Stadtwerke als umfassende Energiedienstleister zu verstehen, virtuelle Regel-Kraftwerke zu nutzen, den Verkehr nachhaltig zu gestalten und die Region als überregionalen Energiebereitsteller zu etablieren. So können schon bestehende Infrastrukturen genutzt und unnötige Umstellungen verhindert werden. Die gute Nachricht dabei ist, dass diese Entwicklung "von unten" bereits in über 50 Prozent der Regionen Deutschlands auf dem Weg ist. Ein Beispiel ist die Bürgerstiftung Energiewende Oberland, die sich der Organisation und Initiierung von Projekten und Maßnahmen, die zur vollständigen Energieversorgung der Landkreise Bad Tölz-Wolfratshausen und Miesbach durch Erneuerbare Energien beitragen, annimmt. "Das Geld ist da bei den Bürgern, es muss nur an die richtige Stelle!" rief es kurz vor Ende der Veranstaltung aus dem Publikum.
Weitere Informationen zum Fachbereich "Umweltplanung und Nachhaltigkeit" des Umweltbundesamtes finden Sie hier.
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Dr. Harry Lehmann |
Von Lea Eggers
Klimawandel und übermäßiger Ressourcenverbrauch machen eine "Great Transformation" hin zu Erneuerbaren Energien, Energieeffizienz, Ressourcenproduktivität, Flächensparen und Rohstoffeffizienz dringend notwendig. Diplom-Physiker Dr. Lehmann, Leiter des Fachbereichs "Umweltplanung und Nachhaltigkeitsstrategien" des Umweltbundesamtes, Vorsitzender des "Faktor 10 Club" zur Ressourcenproduktivität und Mitglied des "World Renewable Energy Council", nahm sich in seinem Vortrag eines dieser Bereiche an: der Erneuerbaren Energien, nämlich Photovoltaik, Wasser- und Windkraft, Geothermie, Concentrating, Biomasse, Kollektoren und Solararchitektur.
Es gibt unterschiedliche Ausgestaltungen der Versorgung mit diesen Energien. Stellt man sich ein Diagramm mit den Achsen dezentralisiert-zentralisiert und international-lokal vor, werden drei Möglichkeiten deutlich: lokale Autarkie im dezentralisierten lokalen Bereich, internationale Kooperation im zentralisierten internationalen Bereich und der Mittelweg regionaler Netzwerke. Das Konzept "DESERTEC", das die saubere Stromerzeugung in sonnenreichen Gebieten wie der Wüste für die Versorgung der ganzen Menschheit vorsieht, ist ein Beispiel für internationale Kooperation.
Neben "DESERTEC" gibt es weitere Möglichkeiten der sauberen Energieversorgung. So stellte Dr. Lehmann Szenarien vor, mit denen sich beispielsweise Katalonien und sogar Japan durch die geographisch vorteilhafte Lage vollständig selbst mit Erneuerbaren Energien versorgen können. In Deutschland sei das Szenario "Wilhelmsburg" genannt, wo die Energieversorgung auf einer Planung beruht, die jedem Häuser- und Geländetyp eine entsprechende Rolle zukommen lässt. Nach der Präsentation dieser Szenarien lautete das Fazit des Vortrags: Jede der oben genannten drei Varianten ist selbstständig und in beliebigen Mischformen technisch möglich. Die Frage zum "100 Prozent Erneuerbare Energien"-Ziel ist längst nicht mehr: "Geht das überhaupt?" Sondern: "Wie können wir das maximal ausgestalten?"
Verbindliche Ziele weisen den Weg
Hier kommen Politik und Gesellschaft ins Spiel. Um die Energieversorgung sicherzustellen, gilt es, verbindliche Ziele für Emissionsminderungen und Erneuerbare Energien zu setzen, sowie eine effizientere und intelligentere Energienutzung zu unterstützen. Eine intelligentere Steuerung fängt dabei schon in kleinen Bereichen an - intelligente Kühlschränke, die ihre Temperatur an die Verfügbarkeit von Energie anpassen; Bewegungsmelder in der Beleuchtung - und reicht über intelligenten Gebäudebau bis hin zu dem Konzept eines Stromnetzes, das wie unser Straßennetz in öffentlicher Hand liegt. Dafür ist es notwendig, die rechtlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen sowie die Raumordnung im Hinblick auf die Nutzung Erneuerbarer Energien anzupassen. Zudem müssen die Weiterentwicklung der notwendigen Infrastruktur und der Umbau der konventionellen Kraftwerksparks gefördert werden. Eine weitere wichtige Aufgabe liegt in der Intensivierung der Energieforschung. Heute gibt die EU in der Forschung am meisten Geld (pro Technologie) für die Kernforschung aus - das muss sich ändern. Auch in die Ausbildung sollte mehr investiert und Akzeptanz für die Energiewende geschaffen werden.
Was jetzt noch fehlt, ist die Entscheidung über die Ausgestaltung - an dieser Stelle kommen wieder die Achsen der Versorgungsmatrix ins Spiel. Für den Referenten Dr. Lehmann stellt sich eine nachhaltige (energetische) Regionalentwicklung als optimale Lösung dar. Regionale Entwicklungspotenziale nutzen heißt konkret, Stadtwerke als umfassende Energiedienstleister zu verstehen, virtuelle Regel-Kraftwerke zu nutzen, den Verkehr nachhaltig zu gestalten und die Region als überregionalen Energiebereitsteller zu etablieren. So können schon bestehende Infrastrukturen genutzt und unnötige Umstellungen verhindert werden. Die gute Nachricht dabei ist, dass diese Entwicklung "von unten" bereits in über 50 Prozent der Regionen Deutschlands auf dem Weg ist. Ein Beispiel ist die Bürgerstiftung Energiewende Oberland, die sich der Organisation und Initiierung von Projekten und Maßnahmen, die zur vollständigen Energieversorgung der Landkreise Bad Tölz-Wolfratshausen und Miesbach durch Erneuerbare Energien beitragen, annimmt. "Das Geld ist da bei den Bürgern, es muss nur an die richtige Stelle!" rief es kurz vor Ende der Veranstaltung aus dem Publikum.
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Lesen Sie hierzu auch die Meldung zur konstituierenden Sitzung der Ethikkommission Sichere Energieversorgung am 4. April 2011. |
Stellen Sie Ihr Konzept oder Best Practice Beispiel zu Erneuerbaren Energien in der nächsten Ausgabe von forum Nachhaltig Wirtschaften vor! Mehr Informationen zu Präsentationsmöglichkeiten bei info@forum-csr.net und in den Mediadaten. |
Quelle:
Technik | Energie, 07.04.2011

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