Brauchen wir neue Leitbilder?

Sabine Braun zieht Bilanz aus dem Monat Dezember

Wenn es Menschen, Vorbilder und gelebte Taten sind: ja, immer! Wenn es um neue Kodizes, Grundsätze und Regelwerke geht, nein! Das 1987 formulierte Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung, die OECD-Guidelines für multinationale Unternehmen und die zehn Prinzipien des Global Compact der Vereinten Nationen reichen eigentlich aus für den, der sein Handeln an Nachhaltigkeit ausrichten will.

Sabine Braun
Und dann haben wir für Unternehmen ja auch noch die Responsible Care-Grundsätze der chemischen Industrie, zahlreiche Branchen- und Unternehmenskodizes, den jüngst verabschiedeten Leitfaden der ISO 26000, die Leitlinien der Global Reporting Initiative, die Charta der Vielfalt, Changemaker Commitments etc. - und für jeden Einzelnen den noch immer gültigen Kant'schen Imperativ, im Volksmund "Was Du nicht willst, das man Dir tu', das füg' auch keinem andern zu!" Doch all das scheint manchen immer noch nicht zu genügen. Kurz vor Weihnachten setzte in Deutschland quasi ein Wettlauf um Nachhaltigkeit und Verantwortung ein: Parallel zum Nachhaltigkeitskodex des Rats für Nachhaltige Entwicklung lancierte eine Gruppe deutscher Unternehmen Ende November ein "Leitbild für verantwortliches Handeln in der Wirtschaft".

Leitbild für verantwortliches Handeln
Zu den Unterzeichnern gehören die Chefs großer deutscher Konzerne sowie von namhaften familiengeführten mittelständischen Unternehmen. Moderiert wurde der Leitbildprozess vom Wittenberg-Zentrum für Globale Ethik, das seit 2007 auch den "Wittenberg-Prozess der Chemie-Sozialpartner" gestaltet mit der Frage, wie das erfolgreiche Modell der sozialen Marktwirtschaft unter den Bedingungen der Globalisierung weiterzuentwickeln ist. Dem Leitbild für verantwortliches Handeln können sich weitere Unternehmen und Führungskräfte anschließen Es stellt sozusagen eine "moderne" Wiederbelebung der Grundsätze der Sozialen Marktwirtschaft dar und ist an sich nicht schlecht. Man kann sich aber des Eindrucks nicht erwehren, dass all die vorher formulierten oder unterzeichneten Leitbilder, Grundsätze und Bekenntnisse dabei nicht bedacht wurden und damit Makulatur sind. Wären sie nur schon umgesetzt!

Was die Wirtschaft der Politik vorwirft, dass sie nämlich nach Wählerstimmen schielt und dafür oft kurzfristige Aktionen lostritt, muss man umgekehrt auch den Unternehmen anlasten. Weil die Unterzeichnung eines neuen Leitbilds spektakulärer ist als die Verfolgung eines bestehenden, müssen eben immer mal wieder ein paar Grundsätze her. Am Ende sieht man aber den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr und die Mitarbeiter werden immer weniger wissen, was das Handeln ihres Unternehmens denn nun bestimmt. Die Guten werden sich weiterhin an ihrem Gewissen und - sofern es sie gibt - den zentralen Unternehmenswerten ausrichten, die anderen wahrscheinlich die Schulter zucken und warten bis "die nächste Sau durchs Dorf getrieben" wird.

Der Marginalisierung wehren
Viel hilft eben nicht viel. Im Gegenteil! Es bewirkt die Marginalisierung des Wesentlichen - eine Entwicklung, die der Medialisierung unserer Welt entspringt. So kann man an dem aktuellen Beispiel von Wikileaks lernen, dass Transparenz ein zweischneidiges Schwert bzw. kein Selbstzweck ist. Wenn man so viel öffentlich macht, dass die Informationsflut nahezu unbewältigbar wird und das Wichtige im Unwichtigen untergeht, ist das Resultat nicht Transparenz und darauf basierende Entscheidungsfähigkeit als Bürger, sondern Agonie. Sich auf das Wesentliche konzentrieren, nicht den kurzen Aufmerksamkeitserfolgen verfallen, sondern dem Geist der Aufklärung verpflichtet sein und dies mit Ruhe und Kontinuität durchhalten - das möchte man allen Akteuren in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft und auch jedem Einzelnen als Botschaft für 2011 zurufen.

Quelle:
Wirtschaft | Recht & Normen, 22.12.2010

     
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