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"Kulturpolitik, Literatur und die Freiheit des Wortes"

Christoph Quarch wünscht sich Literatur, die groß ist in dem, was sie zeigt, nicht in dem, was sie will

In dieser Woche findet in Darmstadt die Jahrestagung des deutschen PEN-Zentrums statt. Das Thema der Zusammenkunft der Schriftstellervereinigung lautet in diesem Jahr "Kulturpolitik, Literatur und die Freiheit des Wortes". Damit wollen die im PEN organisierten Autorinnen und Autoren ein deutliches Zeichen gegen zunehmende antidemokratische und rechtspopulistische Tendenzen setzen, die systematisch die Freiheit des Wortes und der Literatur einschränken. Aber tun sich Literaten wirklich einen Gefallen, wenn sie sich offensiv in die Kulturpolitik einmischen? Und was können sie und ihr Werk zur gesellschaftlichen Debatte beitragen? Darüber reden wir mit dem Philosophen Christoph Quarch.
 
Herr Quarch, wie politisch kann und darf Literatur sein? 
© Nile, pixabay.comIch glaube, Literatur ist immer politisch. Wer etwas schreibt, will etwas sagen - will ein Publikum erreichen. Deshalb übergibt er sein Werk der Öffentlichkeit. Und dadurch wird es automatisch politisch - auch dann, wenn der Autor das gar nicht wollte. Denken Sie nur an Salman Rushdie. Als er die "Satanischen Verse" schrieb, war das nicht als politisches Statement gemeint. Aber es wurde durch den iranischen Staatschef Chomeini dazu gemacht. Oder nehmen wir das Gedicht "The Hill We Climb" der jungen US-Amerikanischen Dichterin Amanda Gorman. Das war nur so lange unpolitische Poesie, bis sie es bei der Inaugurationsfeier von Joe Biden vortrug. Damit will ich sagen: Wie politisch Literatur ist, entscheidet nicht so sehr der Autor, sondern vielmehr die Öffentlichkeit, der sie übergeben wird.

Das mag sein, aber es gibt doch auch Autoren, die dezidiert politisch sein wollen und ihre Werke als Beiträge zu öffentlichen politischen Diskussionen verstehen. 
Bei dem, was Sie sagen, kommt mir Thomas Mann in den Sinn. 1929 hatte er den Literaturnobelpreis erhalten. Seitdem war er eine internationale Celebrity. Als solche sah er sich im Jahre 1930 dazu berufen, in Berlin seine "Deutsche Ansprache" zu halten, in der er mit einer für ihn ungewohnten Schärfe gegen Hitler und die NSDAP wetterte. Und dabei blieb es nicht. Immer wieder hat er sich gegen die Nazis positioniert und dafür einiges gewagt. Aber das tat er nicht primär als Autor, sondern als besorgter Bürger und gefeierter Promi. Als Autor ging er andere Wege. Da schrieb er den "Doktor Faustus", um die Katastrophe der Nazi-Zeit geistig zu durchdringen. Das ist - wenn Sie so wollen - zeitlose Literatur, die sich von der Tagespolitik gelöst hat; seine Reden und Rundfunkansprachen hingegen sind historische Dokumente.

Aber können nicht auch politische Statements wie die von Ihnen erwähnten Ansprachen von Thomas Mann als Literatur bezeichnet werden?
Okay, bei einem literarischen Genie wie Thomas Mann ist die Grenze zwischen „literarisch" und „nicht literarisch" durchlässig. Aber ich denke, es hilft trotzdem, sie im Geist zu ziehen. Wenn sich ein Autor oder eine Autorin - wie jetzt beim PEN-Kongress – zu kulturpolitischen Fragen äußern, dann ist das zunächst einmal eine Meinungsäußerung wie jede andere auch. Vielleicht hat sie ein besonderes Gewicht, weil sie aus der Mitte einer Art Berufsverband stammt - aber es wäre, meine ich, ein Missverständnis, ihr nur deshalb besondere Autorität zuzuschreiben, weil sie von einem Schriftsteller stammt. In Sachen Politik sind Schriftsteller genauso wenig Autoritäten wie Naturwissenschaftler oder Philosophen. Vielleicht können sie ihre Sichtweise schöner darbieten als andere und vielleicht erreichen sie durch ihre Prominenz ein großes Publikum. Aber Literatur ist etwas anderes.

Sie scheinen einen sehr hohen Begriff von Literatur zu haben. Woran denken Sie?
Literatur ist da am stärksten, wo sie ein klärendes, erhellendes Licht auf die Welt wirft - wenn sie die Welt so sehr verdichtet, dass etwas sichtbar und verstehbar wird; oder wenn sie etwas über den Menschen offenbart, was unserer Selbsterkenntnis dient. Literatur ist nicht groß in dem, was sie will, sondern in dem, was sie zeigt. Sie kann z.B. ein entlarvendes Licht auf die Lügen eines Regimes werfen - ohne konkretes politisches Statement, einfach, indem sie etwas zu erkennen gibt. Genau darin steckt ihre Kraft - und genau deshalb verbrennen Diktatoren so gute Literatur. Statements von einzelnen sind ungefährlich. Sie verbrauchen sich irgendwann. Aber ein Buch, dass die Wahrheit offenbart, ist Sprengstoff. Und genau davon wünsche ich mir mehr von unseren Literaten: mehr Sprengstoff und weniger Meinung.
 
Der Philosoph Christoph Quarch schreibt regelmäßig für forum Nachhaltig Wirtschaften. © Christoph Quarch

Der Philosoph, Speaker und Bestseller-Autor Christoph Quarch begleitet Unternehmen, unterrichtet an verschiedenen Hochschulen und veranstaltet philosophische Reisen. In seinen Vorträgen und Büchern greift er auf die großen Werke der abendländischen Philosophie zurück, um diese in eine zeitgemäße Lebenskunst und Weltdeutung zu übersetzen. Gemeinsam mit seiner Frau Christine Teufel gründete er die Neue Platonische Akademie für eine geistige Erneuerung der Gesellschaft.
 
 
Mehr zu ihm unter christophquarch.de und akademie-3.org

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