Julian Schmidt
Technik | Mobilität & Transport, 17.09.2024
Biokraftstoffe im Schiffstransport
Können sie CO2-Emissionen in der Lieferkette verringern?
Im Zusammenspiel der Akteure entlang der Lieferkette liegen Optimierungsmöglichkeiten, die dringend genutzt werden sollten, um die CO2-Bilanz von Produkten und Unternehmen zu verbessern. forum zeigt, wie im Schiffstransport die Emissionen drastisch verringert werden können.
Etwa 90 Prozent der weltweit gehandelten Güter werden laut der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) per Schiff transportiert. Mit diesen Transporten verursacht die internationale Seeschifffahrt knapp drei Prozent der globalen Treibhausgasemissionen. Das Weltverkehrsforum (International Transport Forum, ITF) geht von der Verdreifachung der Frachtnachfrage bis 2050 aus. Gleichzeitig haben sich die Mitgliedsstaaten der internationalen Seeschifffahrtsorganisation (International Maritime Organization, IMO) im Juli 2023 darauf geeinigt, bis etwa 2050 Net Zero zu erreichen. Im ersten Schritt sollen bis 2030 mindestens 5 Prozent des Energieverbrauchs über emissionsärmere Technologien, Kraftstoffe und Energiequellen gedeckt werden.
Die Frage nach dem richtigen Kraftstoff
Fossile Kraftstoffe verursachen nicht nur hohe Emissionen, sie sind auch eine endliche Ressource. Eine Abkehr von fossilen Kraftstoffen in der Schifffahrt hätte deutliche Auswirkungen auf die Treibhausgasbilanz. Bislang herrscht kein Konsens darüber, welcher Kraftstoff das größte Potenzial hat: Biokraftstoffe, Ammoniak, Wasserstoff oder Methanol. Bei allen gibt es Bedenken hinsichtlich Verfügbarkeit und Skalierungspotenzial. Auch das Umrüsten eines Containerschiffs von fossilem auf regenerativen Antrieb ist sehr aufwändig. Einfacher ist es, sie direkt mit der neuen Technologie zu bauen. Jedoch liegen hier die Gesamtbetriebskosten zwei- bis sechsmal höher als bei konventionellen Schiffen. Daher werden weiterhin Schiffe mit Schwerölmotoren gebaut und betrieben. Bei einer durchschnittlichen Lebensdauer von 25 bis 30 Jahren entstehen damit Emissionen für die nächsten Jahrzehnte.
Brückentechnologie Biokraftstoff
Biokraftstoff kann dem fossilen Kraftstoff beigemischt werden. Bei einem 1:1-Austausch erreicht man eine Emissionsreduktion von 80 bis 90 Prozent. Während Biokraftstoffe der ersten Generation aus Nahrungs- und Futtermittelpflanzen gewonnen werden, stammen Biokraftstoffe der zweiten Generation aus nachhaltigen Abfallströmen, wie z.B. gebrauchtem Frittierfett. Anders als die erste Generation, konkurriert die zweite Generation nicht mit der Flächennutzung zur Lebensmittelproduktion. Die Anwendung erfolgt ähnlich wie beim Ökostrom: Stromverbraucher*innen zahlen für die Einspeisung einer ihrem Verbrauch entsprechenden Menge Ökostrom ins Netz. Auch bei Biokraftstoffen zahlen Frachteigentümer*innen für die Erzeugung einer Emissionsreduktion, welche ggf. auf einem anderen Schiff erzielt wird. Das erleichtert den operativen Betrieb, weil es damit vorerst genügt, an einigen Häfen Biokraftstoff verfügbar zu machen.
Emissionsreduktion in der Lieferkette
Die neuen Klimaziele der IMO legen nahe, dass die Nachfrage nach Biokraftstoffen in den nächsten Jahren steigen wird. Dass das Interesse bereits wächst, zeigt das Beispiel der digitalen Spedition Forto. Zwischen 2022 und 2023 hat sich die Anzahl an Kunden, die mit Biokraftstoff betriebene Transporte über die Plattform der Spedition buchen, verdoppelt. Es sind vor allem kleinere Unternehmen mit kurzen Entscheidungswegen, denen Nachhaltigkeit am Herzen liegt. Eines dieser Unternehmen ist Lupriflex, ein deutscher Hersteller von Sicherheitsschuhen. Dieser bewertet kontinuierlich jeden Schritt innerhalb der Lieferkette, um seine Science Based Targets zu erfüllen und seine Nachhaltigkeitsstrategie einzuhalten: von der Beschaffung nachhaltiger Rohstoffe bis hin zu umweltfreundlichen Verpackungen und Transporten. Für seinen aus recycelten Plastikflaschen hergestellten Sicherheitsschuh erzielte das Unternehmen den ersten Platz beim Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2021. Nachdem der Schuhhersteller seine Emissionen am Standort bereits um 83 Prozent reduzieren konnte, will er nun auch die Emissionen aus seiner Lieferkette reduzieren. Er setzt deshalb für die Transporte der Schuhe aus China nach Deutschland und Belgien auf den Einsatz von Biokraftstoff. Damit kommt Lupriflex seinem Ziel näher, bis 2050 ein emissionsfreies Unternehmen zu werden und fördert damit gleichzeitig nachhaltige Lösungen in der Transportlogistik.
Julian Schmidt ist bei forum unter anderem für die Bereiche Transport & Logistik sowie Aus- und Weiterbildung zuständig.
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