Umwelt | Klima, 31.08.2020
Energiewende in Europa
Jetzt gemeinsam voranbringen
Wer in Sachen Klimaschutz und Energieeffizienz etwas bewegen will, tut gut daran, sich Verbündete zu suchen. Dieser Gedanke schwingt beim Projektnamen ALLIES mit, doch eigentlich steht das Akronym für „Activating and Learning from Local Investments in Energy Savings". Das Projekt erprobt und etabliert innovative Modelle zur Finanzierung von Energieeffizienzmaßnahmen in verschiedenen Regionen Europas.
Die Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen scheitert häufig an fehlenden Informationen, aber darüber hinaus vor allem an einem Mangel an finanziellen Mitteln. ALLIES bietet neben Eigenfinanzierung, Bankkredit und öffentlicher Finanzierung ein weiteres, innovatives Finanzierungsmodell für Energieeffizienz. Dabei engagieren sich Bürgerinnen und Bürger sowie die regionale Wirtschaft gemeinsam als Investoren, aber auch als Vermittler von Energieeffizienzprojekten in Kommunen und Unternehmen vor Ort. Investitionen können dadurch in den Unternehmen bilanzneutral umgesetzt werden. Es wird kein Eigenkapital benötigt, eine Kreditaufnahme ist nicht notwendig oder wird überhaupt erst möglich, da sich das Rating nicht verschlechtert. Suche nach der geeigneten Organisationsform
Bei ALLIES arbeitete B.A.U.M. mit Partnerorganisationen aus Polen und Ungarn sowie mit INEM, dem International Network for Environmental Management, zusammen. Eine zentrale Frage im Projekt war die nach der passenden Organisationsform für die Initiativen in den jeweiligen Ländern. Dem Vorbild des von 2013 bis 2016 von B.A.U.M. in drei Regionen in Deutschland durchgeführten Projekts REEG (Regionale EnergieEffizienzGenossenschaften) folgend, war zunächst an Genossenschaften gedacht worden. Es zeigte sich jedoch, dass diese Rechtsform nicht für alle europäischen Länder gleichermaßen geeignet ist. Das Grundprinzip einer LFEEE (Locally-rooted Financing Entity for Energy Efficiency) ist grundsätzlich einfach: Partner vor Ort stellen Finanzmittel zur Verfügung, diese werden in Energieeffizienzmaßnahmen investiert, aus den Einsparungen ergibt sich die Rendite für die Investoren. Die rechtliche Ausgestaltung musste jedoch für die einzelnen europäischen Länder übersetzt werden.
Spezifische Rahmenbedingungen in den Partnerländern
In Ungarn arbeitete ALLIES vor allem in Somogy und Zala, zwei ländlichen, wegen der Nähe zum Plattensee zum Teil auch touristisch geprägten Regionen im Südwesten. „Das deutsche Modell der Genossenschaft ließ sich hier nicht eins- zu-eins auf Ungarn übertragen", erläutert Katalin Herner vom ungarischen Projektpartner KÖVET. „Wir haben deshalb die Form einer GmbH gewählt und kooperieren dabei mit einer Gemeinschaftsbank. Die GmbH agiert auf dem freien Markt auf eigenes Risiko und zum eigenen Nutzen." Aufgabe dieser GmbH ist das Einwerben von Geldern, die Prüfung der Investitionsanträge sowie die administrative Unterstützung bei der Umsetzung der Energieeffizienzprojekte wie beispielsweise die Sanierung eines Thermalbads nebst Installation einer Solaranlage zur Energieversorgung.
In Deutschland agierte ALLIES im Allgäu in Form eines Netzwerks von regionalen Partnern aus der gesamten Energie- und Wertschöpfungskette, darunter das Energie- und Umweltzentrum Allgäu eza!, der Stromversorger AÜW, der Zweckverband für Abfallwirtschaft Kempten sowie die örtlichen Sparkassen und Raiffeisenbanken. Die Analyse vor Ort ergab, dass hier die Finanzierung nicht die zentrale Herausforderung ist. „Es geht vielmehr darum, die Potenziale der Energieeffizienz deutlich zu machen, den ‚schlafenden Riesen‘ zu wecken", so Ludwig Karg, Geschäftsführer der B.A.U.M. Consult GmbH München, der ALLIES im Allgäu maßgeblich vorangetrieben hat. „Notwendig ist qualifizierte Beratung und langfristige Unterstützung während des gesamten Implementierungsprozesses. Und das können die Partnerorganisationen schon leisten." Was es braucht ist jedoch ein „One-Stop-Shopping", in das alle ihre entsprechenden (Beratungs-)Leistungen einbringen. Gegen Ende der Projektlaufzeit von ALLIES entstand zusätzlich die Idee, CO2-Kompensationen von Unternehmen teilweise in die Allgäuer LFEEE einzubringen und damit Effizienzmaßnahmen zu finanzieren, die sonst nicht zustande kommen würden.
Auch in Schlesien, in der Region Czechowice, strebt der polnische Partner FeWe eine One-Stop-Shop-Lösung an, die damit eine für Schlesien neue Art von Energiedienstleistung ermöglicht. Die regional akquirierten Gelder sollen dort jedoch durch das EU-Förderprogramm ELENA ergänzt werden. Die ersten Projekte legen den Fokus auf Gebäudeisolierung und Heizungssanierung bei Wohnungsgenossenschaften. Insgesamt haben die Partner von ALLIES bereits Investitionen in Energieeffizienz und erneuerbare Energien in Höhe von über einer Million Euro geplant und teilweise auch schon umgesetzt. Wenn alle anvisierten Projekte abgeschlossen sind, wird ALLIES zu einer Reduktion der CO2-Emissionen um circa 1.300 Tonnen pro Jahr beitragen.
Reges Interesse in anderen europäischen Ländern
„In den Partnerländern gibt es unterschiedliche rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen. Dementsprechend haben wir unterschiedliche Ansätze zur regionalen Finanzierung von Energieeffizienzmaßnahmen entwickelt", resümiert Projektleiter Rainer Kant von B.A.U.M. e. V. „Durch die Einbeziehung der Stakeholder vor Ort konnten die Projektpartner von ALLIES zur Förderung der Energiewende in der jeweiligen Region beitragen. Davon können andere Regionen lernen."
Das Thema stieß denn auch bei der ALLIES-Abschlusskonferenz am 26. Mai 2020 auf reges Interesse bei den über hundert Teilnehmenden aus insgesamt 19 europäischen Ländern. Die virtuelle Tagung mit dem Titel „Financing Local Energy Transition" profitierte von der Beteiligung von Fachleuten vor allem aus Süd- und Südosteuropa – insbesondere aus Kroatien, Bulgarien, Rumänien und Italien – sowie von der EU-Kommission, der Europäischen Investment Bank und dem Europäischen Verband der Energiegenossenschaften (RESCoop).
Gefördert wurde ALLIES von der Europäischen Klimaschutzinitiative (EUKI), einem Programm des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit. Die Ergebnisse des Projekts, konkrete Handlungsempfehlungen sowie Anleitungen finden sich auf der Projektwebsite.
Hinweis: REEG (Regionale EnergieEffizienzGenossenschaften haben zum Ziel, möglichst viele Energieeffizienzmaßnahmen in Unternehmen, kommunalen Einrichtungen, Privathaushalten sowie sonstigen Einrichtungen, etwa der Kirchen oder Vereine, zu initiieren und durchzuführen. Das Konzept hierzu wurde vom B.A.U.M.-Vorsitzenden Prof. Dr. Maximilian Gege entwickelt.
Von Fritz Lietsch
Dieser Artikel ist in forum 03/2020 - Digitalisierung und Marketing 4 Future erschienen.
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