Combine their forces: Social Business und Genossenschaften

forum-Interview mit Innovationsmanager André Dörfler

Ausführliche Informationen zu Social Business und der Wirkungsweise von Genossenschaften sowie weitere Infos zur Vision und zum MakerCamp Genossenschaften finden Sie auf unserer Themenseite Genossenschaften. Online finden Sie zudem ein kurzes Video zum Wiesbadener Forum von Social Business und Genossenschaften mit dem Aufruf „combine their forces" von Prof. Yunus.
Revolutionäre Ideen können die Welt verändern. Das hat Muhammad Yunus mit seinem Konzept des Social Business bewiesen – so wie vor ihm in Deutschland Friedrich-Wilhelm Raiffeisen und in England die Rochdale Equitable Pioneers Society mit dem Konzept der Genossenschaft.
 
forum Nachhaltig Wirtschaften sprach mit dem Innovationsmanager André Dörfler, wie beide Konzepte gemeinsam die Wirtschaft der Zukunft befruchten und neu aufstellen können.

André, wann hast Du entdeckt, dass Social Business und Genossenschaften sehr gut zusammenpassen?
Im Oktober 2017 hatte ich ein Meeting mit Hans Reitz vom Grameen Creative Lab. Bei dem Gespräch erzählte er mir von Prof. Yunus und Social Business und ich ihm von Friedrich-Wilhelm Raiffeisen und den Genossenschaften. In dem Austausch wurde uns schnell klar, dass es viele Gemeinsamkeiten gibt und sie sehr gut zusammenpassen. In 2018 und 2019 veranstalteten wir das Friends of Social Business Forum in der R+V Akademie in Wiesbaden, bei dem wir Akteure aus Social Business und Genossenschaften zusammenbrachten. Prof. Yunus war beim ersten Forum mit einer Videobotschaft und beim zweiten Event mit Live-Keynotes dabei. Hier sagte er „combine their forces" und rief dazu auf, die Kräfte von Social Business und Genossenschaften zu verbinden. Ab dem Zeitpunkt brachte ich mein Wissen über Genossenschaften mit Begeisterung ein, um das „combine their forces" mit Impulsvorträgen und Workshops in die Tat umzusetzen.

Was sind für Dich die Stärken von Social Business?
Die Verbindung der Genossenschaftsidee mit dem Konzept des Social Business kann nach Ansicht von André Dörfler aus der genossenschaftlichen R+V, Friedensnobelpreisträger Prof. Muhammad Yunus und Grameen Creative Lab Gründer Hans Reitz (von links nach rechts) die Wirtschaft nachhaltig verändern. © R+V Versicherung
Mich überzeugt beim Social Business die Haltung, gesellschaftliche Probleme durch unternehmerisches Handeln und die Gründung von Unternehmen lösen zu wollen. „Every time I see a problem, I create a business to solve it (Jedes Mal, wenn ich ein Problem sehe, gründe ich ein Unternehmen, um es zu lösen)", sagt Prof. Yunus. Und mit „Everybody has built-in capacity to be an entrepreneur (Jeder hat die Fähigkeit, ein Unternehmer zu sein)" spricht er jedem die Fähigkeit dafür zu. Außerdem stellt er klar, dass ein Gewinn als Maß für erfolgreiches, nachhaltiges Wirtschaften wichtig ist, macht jedoch deutlich, dass dabei eine gesellschaftlich sinnvolle Gewinnverwendung zu beachten ist. Es geht ihm also nicht um Gewinnmaximierung, sondern um das Lösen von gesellschaftlichen Problemen und damit um die Sinnoptimierung des Wirtschaftens. Außerdem beeindruckt mich, mit welchem Engagement und Optimismus Prof. Yunus durch neue Annahmen über Menschen und Wirtschaft sowie mit Social Business an einem „New Economic Framework", einer neuen Wirtschaft und Gesellschaft, arbeitet und damit das Leben von Menschen und die Welt verbessert.

Was sind für Dich die Stärken von Genossenschaften?
Der Satz „Was einer allein nicht schafft, das schaffen viele" von Friedrich-Wilhelm Raiffeisen, einem der Gründer der Genossenschaftsbewegung, bringt es für mich auf den Punkt. Genossenschaften nutzen die Kraft der Gemeinschaft und Solidarität. Auf den ersten Blick sind Genossenschaften eine Unternehmens- und Rechtsform. Doch sie sind mehr als das: Sie sind ein Mindset und Toolset für eine bessere Welt – regional und global. Eine Genossenschaft ist ein Unternehmen, das von Purpose, dem sinnvollen Zweck, und damit von Werten geleitet wird, und nicht nur vom Gewinn. Sie sind eine ethische und auch hybride Unternehmens- und Rechtsform. In ihnen werden die Vorteile von Unternehmen mit den Vorteilen von Vereinen zusammengebracht. Das macht sie einzigartig. Außerdem stehen Genossenschaften für nachhaltiges Wirtschaften und solidarisches Handeln sowie Gemeinschaft und demokratische Zusammenarbeit. 

Was haben Social Business und Genossenschaften gemeinsam?
Social Business und Genossenschaften wollen gesellschaftliche Probleme und Herausforderungen lösen. Beide nutzen die Kraft von Unternehmen, um einen Purpose, den sinnvollen Zweck, zu erreichen. Bei beiden gibt es keine Gewinnmaximierung. Beide sind werteorientierte, ethische und nachhaltige Unternehmensformen. Bei beiden geht es darum, Verantwortung zu übernehmen – persönlich, unternehmerisch und gesellschaftlich. Darüber hinaus gibt es auch historische Gemeinsamkeiten. Prof. Yunus sagt, so wurde mir erzählt, dass er sich als ein Enkel von Raiffeisen versteht. Raiffeisen und Hermann Schultze-Delitzsch, ein weiterer Gründer der Genossenschaftsbewegung, waren die Gründer der Raiffeisenbanken und Volksbanken und sie sind „die Großväter von Kleinkrediten", um Menschen in der Not zu helfen. Muhammad Yunus ist der Gründer der Grameen Bank, übersetzt „Dorfbank", und „the father of microcredits".
 
Was kann entstehen, wenn die Stärken von Social Business und Genossenschaften sowie die SDGs zusammengebracht werden?
Wenn die Kraft, die Power von Social Business und Genossenschaften zusammengebracht werden, entsteht Super Power. Das passt perfekt: Super HappYYness durch Super Power! Social Business und Genossenschaften haben viele Stärken und Gemeinsamkeiten. Im Englischen werden Genossenschaften beschrieben als „A cooperative is a business driven by purpose and values, not just profit, to create a better world through cooperation (Eine Genossenschaft ist ein Unternehmen, das von Zielen und Werten und nicht nur vom Profit geleitet wird, um durch Zusammenarbeit eine bessere Welt zu schaffen)". Prof. Yunus will mit Social Business Purpose erzielen, gesellschaftliche Probleme lösen und eine bessere Welt schaffen. Diese Ziele will auch die UN erreichen. Sie schreibt: „The 17 Sustainable Development Goals (SDGs) are the world's best plan to build a better world for people and our planet by 2030 (Die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) sind der weltweit beste Plan, um bis 2030 eine bessere Welt für die Menschen und unseren Planeten zu schaffen)." In Hashtags beschrieben kann durch die #GlobalGoals Folgendes entstehen: #Act4SDGs, #SuperPower4SDGs und #BetterWorld.

Was ist jetzt zu tun?
Erstens: gesellschaftliche Probleme und Herausforderungen sehen. Zweitens: nicht alleine, sondern im Team die Herausforderungen annehmen. Drittens: Unternehmen gründen, um die Probleme und Herausforderungen zu lösen. Viertens: Genossenschaft als Unternehmens- und Rechtsform wählen und die Satzung so gestalten, dass die Regelungen für Social Business erfüllt werden. Fünftens: los geht‘s, sei mutig! Prof. Yunus, Raiffeisen und Schultze-Delitzsch waren es auch und mit jeder Gründung einer Genossenschaft wird zur Vision „30.000 Genossenschaften bis 2030 in Deutschland" beigetragen – eine Vervierfachung innerhalb von zehn Jahren!

André, wir wünschen dazu unser Gelingen und danken für das Gespräch.
 
André Dörfler ist Innovationsmanager und Changemanager bei der genossenschaftlichen R+V Versicherung. Er bringt Mindset und Toolset von Gründern, Start-ups und innovativen Unternehmen mit den Themen Nachhaltigkeit und Genossenschaften zusammen. Ihm ist es wichtig, Genossenschaftsidee und -praxis zu entstauben – sie frisch und innovativ zu erklären und erlebbar zu machen.

Wirtschaft | Gründung & Finanzierung, 14.05.2020

     
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