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Der dramatische Verlust fruchtbaren Ackerbodens ist eine globale Herausforderung, wenn es gilt, den Klimawandel zu stoppen und neun Milliarden Menschen zu ernähren.
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Aus dem Vorwort zum Bodenatlas von Barbara Unmüßig, Klaus Töpfer, Hubert Weiger und Barbara Bauer
Boden scheint unerschöpflich. Er ist einfach da. Unter unseren Füßen. Unter den Feldern, dem Gras und den Bäumen. Wir leben von und auf dem Boden, aber wir schenken ihm kaum Beachtung. Wenn auch einige wenige Weinkenner und Weinkennerinnen den Geschmack des Bodens im Wein genussvoll wiederfinden – für die meisten von uns gilt das nicht. Wer denkt schon beim Essen an den Boden, auf dem fast alle unsere Lebensmittel gedeihen?

Denn Böden erfüllen all ihre Funktionen nur, wenn das Bodenleben intakt, die Humusschicht gesund und die Landrechte gesichert sind. Doch trotz ihrer lebenswichtigen Funktionen und zentralen Bedeutung schützen wir die Böden nicht. Tatsächlich gehen durch falsche Nutzung jährlich rund 24 Milliarden Tonnen fruchtbarer Boden verloren.

Die Ursachen für den Verlust sind vielfältig. Städte und das Straßennetz dehnen sich aus. Asphalt versiegelt fruchtbaren Boden und schädigt ihn unwiederbringlich. Sogar in Ländern mit sinkenden Bevölkerungszahlen wie Deutschland verlieren täglich 77 Hektar Boden ganz oder teilweise ihre Funktion. Das sind umgerechnet mehr als 100 Fußballfelder, die allein in Deutschland nicht mehr für die Produktion von Nahrungsmitteln zur Verfügung stehen. Aber auch die Landwirtschaft, die selbst von der Qualität der Böden abhängig ist, trägt eine Mitverantwortung für diesen Verlust. Große Maschinen verdichten die Bodenstruktur, Pestizide und Mineraldünger verringern das Bodenleben, Wind und Wassererosion wehen oder schwemmen den fruchtbaren Boden einfach davon. Wir nutzen die Böden der Welt, als wären sie unerschöpflich, und heben dabei von einem Konto ab, auf das wir nicht einzahlen. Denn es braucht häufig mehrere tausend Jahre bis sich eine dünne Schicht fruchtbarer Oberboden bilden kann, aber nur eine Stunde starken Regens, um ihn zu verlieren. Böden sind in menschlichen Zeiträumen nicht erneuerbar. Hinzu kommt, dass der Zugang zu Böden weltweit sehr ungleich verteilt ist. Landlosigkeit oder das Wirtschaften auf sehr kleinen Flächen bedrohen das Überleben vieler Familien. 1,3 Hektar braucht ein durchschnittlicher Europäer im Jahr für die Produktion der von ihm konsumierten Produkte. Das ist rund sechsmal mehr als einer Person in Bangladesch zur Verfügung stehen. Fast 60 Prozent der für den europäischen Konsum genutzten Flächen liegen zudem außerhalb der EU.
Immer mehr wächst der weltweite Hunger nach Nahrungsmitteln, Futtermitteln und Biomasse für Treibstoffe. Immer mehr wächst damit der Wert von Land. Der Kampf um sichere Landrechte, seien sie gemeinschaftlich oder individuell, ist eine zentrale Frage des Überlebens in vielen Regionen der Welt. Die globale Bedeutung der Böden verlangt nach globalen Antworten. Antworten, die die Menschenrechte aller Nutzer ernst nehmen. Und doch ist auch aufgrund des deutschen Widerstands der Vorschlag für einen gemeinsamen europäischen Bodenschutz nicht umgesetzt worden. Im Gegenteil, die zaghaften Reformen der EU-Agrarpolitik zeigen, wie schwer es ist, alte Strukturen zu verändern und nachhaltige und gerechte Produktionsweisen zu stärken. Das Jahr 2015 ist das Internationale Jahr des Bodens. Die UN will damit für den Bodenschutz werben. Der Bodenatlas will zeigen, wie das gelingen kann.
Die Konferenz Save Our Soils lädt vom 26. bis 29. Juni nach Amsterdam. forum berichtet ganzjährig.
Umwelt | Wasser & Boden, 01.04.2015
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 02/2015 - Nachhaltige Mode erschienen.

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