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„Nehmen Sie mich als Sicherheit“: Wie bodenständige Geschäftspraktiken den modernen Risiko-Kapitalismus schlagen

Die alte Handschlag-Mentalität der "ehrbaren Kaufmänner" ist auch heute noch erfolgreich.

In der Welt globaler Konzerne scheint es oft nur noch den Konkurrenzkampf zu geben. Und gekämpft wird mit harten Bandagen: Wenn es nicht die Wettbewerber sind, die Gerüchte in die Welt setzen und sich Kunden stehlen, dann sind es die Manager, die knallhart rationalisieren, um den Profit zu maximieren. Nicht zuletzt diese Aggressivität hat den Begriff des „Raubtierkapitalismus" geprägt. Doch es gibt immer noch ein Alternativmodell. Etablierte Mittelständler und traditionsreiche Organisationen wie die IHK werben für das Bild des „Ehrbaren Kaufmanns" – bodenständig und zuverlässig sowohl den Mitarbeitern als auch den Kunden und Lieferanten gegenüber. Was altmodisch klingt, kann tatsächlich wettbewerbsentscheidend sein: Die aktuelle Führungskräftebefragung der Wertekommission ergab, dass Integrität, Vertrauen und Verantwortung angesichts von zunehmenden Korruptionsfällen in Unternehmen besonders geschätzt werden.
 
Prof. Hubertus Semrau © ZPF GmbH Ein Beispiel dafür, wie erfolgreich die alte Handschlag-Mentalität sein kann, ist die ZPF GmbH aus Siegelsbach. Der international bekannte Hersteller von Aluminiumschmelzöfen hatte nach der Übernahme im Jahr 2008 durch eine Venture-Capital-Gesellschaft 2011/2012 eine scheinbar glänzende Expansion in Asien hingelegt. 2013 musste die Firmengruppe dann Insolvenz anmelden. Ein früherer Geschäftsführer von ZPF, Prof. Hubertus Semrau, rettete gemeinsam mit dem Vertriebsleiter mit Hilfe von privatem Kapital den Kernbetrieb und mobilisierte dazu auch alte Geschäftspartnerschaften – mit dem Ergebnis, dass die Umsatzerwartungen bereits im ersten Jahr um das Doppelte übertroffen wurden und ein ausreichendes Auftragsgerüst bis ins Jahr 2016 hinein steht.
 
 
Herr Prof. Semrau, die aus der Insolvenz hervorgegangene ZPF GmbH schreibt nach nur einem Jahr schon wieder schwarze Zahlen und hat volle Auftragsbücher. Wie haben Sie das geschafft?
 
Die technischen Funktionen, die Kernmannschaft und das notwendige Ofenbau-Know-how waren ja erhalten geblieben, was die essentielle Voraussetzung für den Neustart darstellte. Die administrativen Funktionen wurden – auch mithilfe persönlicher Partnerschaften – an externe Dienstleister verlagert, wodurch ein großer Teil der Fixkosten zu variablen Posten wurde. Die finanzielle Grundausstattung lieferten das neue Management und einige Privatinvestoren. Dabei zeigte sich der Wert ehrlicher zwischenmenschlicher Beziehungen, etwa wenn man uns sagte: „Wenn ihr das macht, können wir ruhigen Gewissens investieren. Ihr habt uns noch nie über den Tisch gezogen und ihr wisst, was ihr tut." Ähnlich tiefes Vertrauen wurde uns auch von Kundenseite entgegen gebracht. So sollte der erste Großauftrag quasi als Anschubfinanzierung gleich mit einer großen Anzahlung versehen werden, aber wir hatten keine Sicherheiten. Schließlich sagte ich dem Geschäftsführer „Dann nehmen Sie doch mich als Sicherheit!" und nach kurzer Überraschung hat er gelacht und eingeschlagen. Ein anderer Kunde hat, um uns zu unterstützen, einen Ofen bestellt, den er eigentlich erst ein Jahr später ordern wollte, und auch gleich die Hälfte angezahlt – einfach weil er uns vertraut hat. Diese Erfolge haben den Mitarbeitern gezeigt, dass das neue Management seinen Versprechen auch Taten folgen lässt. Sie haben sich wieder als Mannschaft gefühlt und den Stolz auf ihre Produkte wiedergefunden. Darüber hinaus geben die laufenden F&E-Projekte den Mitarbeitern positive Zukunftsperspektiven. 
 
 
Nach der Krise in den Jahren 2009 und 2010 hat sich die damalige ZPF therm wieder gut erholt, man hat expandiert. Nur drei Jahre später folgte die Insolvenzerklärung. Wie konnte es so schnell dazu kommen?
 
Die Ursache dafür war das damalige Management. 2010 bist 2012 war hier sinnlos ein absolut überbordender Verwaltungsapparat mit rund 2 Millionen Euro an zusätzlichen Personalkosten pro Jahr aufgebaut worden. Hinzu kamen ein Harakiri-Abenteuer mit dem Versuch, in China einen Produktionsstandort aufzubauen, die Aufteilung der Einzelgesellschaft auf zwei Firmen mit unterschiedlichen Standorten und die unprofessionelle Abwicklung eines Großauftrags. Solche und weitere Managementfehler sowie ausufernde Großmannsucht führten zur Zahlungsunfähigkeit.
 
 
Ihr Unternehmen konzentriert sich heute stark auf seine Kernkompetenz und auf den europäischen Markt. Würden Sie generell von zuviel Wachstum abraten?
 
Mit Wachstum über ein bestimmtes Maß hinaus nehmen Abhängigkeiten und Erpressbarkeit zu. Für den größtmöglichen wirtschaftlichen Erfolg für sich und seine Partner muss man heute aber flexibel und schnell hochwertige maßgeschneiderte Lösungen bieten können. Das heißt flache Hierarchien und „Klasse statt Masse". Wachstum um des Wachstums willen kann daher nicht unser Ziel sein. Dadurch müssen wir uns auch nicht auf erpresserische Angebote einlassen, die etwa beim Neustart unsere scheinbare Zwangslage ausnutzen wollten. „Ihr braucht doch die Aufträge, dann gebt auch ordentlich Rabatt" ist keine Grundlage für eine Partnerschaft.
 
 
Was ist aus Ihrer Sicht grundlegend für „krisenfeste" Partnerschaften?
 
Echte Partnerschaft lebt vom gegenseitigen Vertrauen, vom Geben und Nehmen, von der Hochachtung gegenüber dem Menschen. Das ist mit Institutionen, Unternehmen oder ähnlichem nicht zu verwirklichen. Das geht nur von Mensch zu Mensch. Deshalb greift der Begriff „Kunde" für diese Form der Zusammenarbeit auch zu kurz. Aber es braucht viel Zeit und persönliches Engagement, um belastungsfähige Partnerschaften aufzubauen. Daneben gehören technologisch und qualitativ hochwertige Produkte auch dazu. Nur wenn beide Seiten langfristig den nötigen wirtschaftlichen Erfolg haben, kann eine krisenfeste Geschäftsbeziehung entstehen.
 
 
Der Trend in der Wirtschaft – so hat man zumindest das Gefühl – geht aber doch eher in Richtung Expansion um jeden Preis und Turbokapitalimus. Stirbt die Handschlag-Mentalität aus?
 
Die deutsche Wirtschaft wird nach wie vor durch den Mittelstand geprägt und der folgt doch mehrheitlich noch immer dem Ideal des „Ehrbaren Kaufmanns". Sicher gibt es andere Ansichten, auch im Mittelstand, aber der überwiegende Teil der Geschäfte wird auch heute noch ohne Heerscharen von Anwälten auf beiden Seiten abgeschlossen. Und trotzdem, oder gerade deshalb, sind Rechtsstreitigkeiten die absolute Ausnahme. Selbst Handschlaggeschäfte sind noch gang und gäbe. Das ist auch darauf zurückzuführen, dass bei den meisten Mittelständlern das operative Management gleichzeitig auch Inhaber oder zumindest am Unternehmen beteiligt ist. Die Finanzierung kommt oft aus privater Hand, häufig aus der Familie. Das alles führt dazu, dass im Mittelstand Nachhaltigkeit und partnerschaftliches Verhalten die Geschäfte bestimmen und aus meiner Sicht auch auf absehbare Zeit prägen werden.
 
Die ZPF GmbH ging 2013 aus der 1993 gegründeten ZPF therm Maschinenbau GmbH hervor und legt – wie der Vorgängerbetrieb – seinen Schwerpunkt auf die Entwicklung, Konstruktion und Fertigung hocheffizenter Aluminiumschmelzöfen. Daneben umfasst das Produktspektrum auch Späneschmelz- und Warmhalteöfen. Die Anlagen werden im Werk im baden-württembergischen Siegelsbach produziert und soweit möglich bereits vormontiert an metallverarbeitende Unternehmen weltweit geliefert.
 
Kontakt:
ZPF GmbH, Herr Prof. Hubertus Semrau | Petersäcker 4-6, 74936 Siegelsbach
info@zpf-gmbh.de|  http://www.zpf-gmbh.de 

Wirtschaft | CSR & Strategie, 10.03.2015

     
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