Hydrogen Dialogue 2024

Das Leben im Township

Ein Bericht aus dem HUMANS-Projekt

Wenn man vom Dach eines Hauses auf Khayelitshas hinunter schaut, bekommt man eine ungefähre Vorstellung von der Ausdehnung einer der größten südafrikanischen Townships (Armensiedlung) in Kapstadt. Soweit das Auge reicht: ein Meer von winzigen Häusern, primitiven Wellblechhütten und provisorischen Unterkünften - menschenunwürdige Behausungen für nahezu eine Million Menschen. Khayelitsha ist auch die Heimat von Nkasi Dudumashe. Sie wurde hier geboren, wuchs hier auf und lebt auch heute noch hier.

Wellblechhütten bis zum Horizont - Khayelitshas ist einer der größten Townships Südafrikas
Foto: © Simon Sticker
Wir treffen Nkasi im Juni 2011, als das Projekt HUMANS startet. Dieses Projekt führt uns in den nächsten sechs Monaten kreuz und quer durch Afrika - auf der Suche nach Menschen, die bereit sind, uns ihre Sicht des Lebens vorzustellen. Das Konzept ist einfach: Wir haben zehn Fragen, die sich auf die wesentlichen Dingen im Leben eines Menschen beziehen, vorbereitet. Fragen wie: "Was macht dich glücklich?", "Worauf bist du persönlich stolz?". Wir interviewen verschiedene Personen, dokumentieren ihr Leben und fassen dies in einem kurzen Filmportrait zusammen. Die HUMANS-Interviews haben zwar die gleiche Struktur. Doch die Geschichten könnten von Fall zu Fall nicht unterschiedlicher sein. In der westlichen Welt wird Afrika als ein Kontinent wahrgenommen, der exotische Ferienziele bietet, aber von Armut und Hungersnöten, Kriegen und Vertreibungen geprägt ist. Dass hier ein normales, alltägliches Leben stattfindet, vergessen die Menschen häufig.

Gemeinschaft durch Sport

Nkasi arbeitet heute erst am Nachmittag. So nutzt sie den Morgen für häusliche Arbeiten, wäscht und plaudert mit den Nachbarn und Freunden - sie genießt einfach ihren freien Vormittag. Nachmittags gegen 16 Uhr wird sie zur Arbeit gehen. Sie ist Assistenz-Koordinatorin bei Amandla Edufootball. Der deutsche gemeinnützige Verein hat sich der Aufgabe verschrieben, Kindern einfache Lebensregeln, praktische Fähigkeiten und Fairplay auf dem Fußballfeld in Khayelitsha zu vermitteln. So nutzt Amandla (übersetzt: "Stärke") den Sport, um Kinder, die getrennt von ihren Familien in Kinderheimen oder benachteiligten Gegenden aufwachsen, zu helfen. Nkasi ist eine ihrer fähigsten Trainerinnen, die es versteht, die Jugendlichen auch außerhalb des Spielfeldes auf einer persönlichen Ebene zu erreichen. "Wenn ich sehe, wie positiv sich die Kinder entwickeln und sich gegenseitig unterstützen und helfen, ermutigt mich das sehr, mit dem fortzufahren, was ich tue", erzählt sie uns.

Nkasi Dudumashe arbeitet für Amandla Edufootball als Assistenz-Koordinatorin und betreut die Girls League
Foto: © Simon Sticker
Leben in der Heimat

Das Gemeinschaftsgefühl in Khayelitsha spürt man überall. Auch wenn viele Bewohner außerhalb des Townships arbeiten: Die meisten bleiben dort leben, weil sie sich hier ein starkes soziales Netzwerk aufgebaut haben. Oft bauen sie sich nur ein besseres Zuhause und bleiben im Armenviertel leben. Nkasi wurde in einer Wellblechhütte geboren, bis sie sich im Jahr 2001 schließlich ein kleines Haus bauen konnte. Ein Haus mit einer Küche, Elektrizität und einer Toilette im Vorhof. Ihr Kind, welches sie mit 20 Jahren bekam, kann sie mit ihrem Einkommen nicht unterhalten. Daher lebt es bei seiner Großmutter.

Am Abend bereitet Nkasi eine Mahlzeit vor. Dazu muss sie zunächst Strom kaufen. Obwohl sie das Glück hat, Elektrizität zu haben, kann sie diese nur in geringen Mengen kaufen. Sie reicht gerade mal für das Kochen und für Licht am Abend. Gemeinsam bereiten wir das mitgebrachte Hähnchen zu. Wir verbringen einen schönen Abend an einem Ort, der von den meisten Menschen nur mit Armut und Kriminalität assoziiert wird.

In den nächsten Monaten reisten wir bis nach Kairo und drehten Material für rund 60 weitere Portraitfilme auf dem afrikanischen Kontinent. Ein neuer Meilenstein für HUMANS wurde 2012 damit gesetzt, dass es auf Indien und Europa ausgeweitet wurde. So wird langsam eine Plattform für interkulturelle Kommunikation geschaffen - Film für Film.

Erfahren Sie mehr auf www.humansproject.com

Zu dem Portraitfilm von Nkasi

Über AMANDLA EduFootball

Der Zweck und die Aufgabe von AMANDLA EduFootball ist es, Bildung und interkulturellen Austausch zu fördern. Der Sport dient hierbei als Instrument, um Kindern und Jugendlichen, die ohne Familie oder in benachteiligten Gegenden aufwachsen müssen, durch pädagogische Fußballaktivitäten Sozialkompetenzen zu vermitteln und eine positive Zukunftsperspektive zu geben. Darauf aufbauend besteht die Vision von AMANDLA darin, eine unterstützende und tragende Grundlage zu schaffen, welche die Kinder und Jugendlichen darin bestärkt, sich zu unabhängigen, eigenständig denkenden und verantwortungsbewussten Weltbürgern zu entwickeln.

Es gibt keine genauen Zahlen darüber, wie viele Jugendliche derzeit in Südafrika in Heimen und Jugendeinrichtungen untergebracht sind, jedoch sind nach Angaben des Institutes "Children Count ZA" 18,6 Prozent der Kinder Südafrikas Waisen. Auf Grund von Problemen wie HIV/Aids, Armut und weit verbreiteter Kriminalität, wird dieses Schicksal ohne Eltern aufwachsen zu müssen, von weiten Teilen der afrikanischen Bevölkerung geteilt. Bei den mehr als 30 AMANDLA-Einrichtungen handelt es sich um Waisenhäuser, Kinderheime, Drogenentzugsanstalten, Obdachlosenheime und Orte für junge Kriminelle und junge Menschen, die in ihrer Umgebung nicht zurechtkommen.

AMANDLAs Life Skill Programm wurde gemeinsam mit den Heimen genau darauf abgestimmt, den Bedürfnisse der Kinder gerecht zu werden. Dank der Programme erlernen Jugendliche unschätzbar wertvolle soziale Kompetenzen, darunter Kommunikationsfähigkeit, Teamwork, Disziplin, Engagement und Verantwortungsbewusstsein. Strategische und finanzielle Unterstützung erhält AMANDLA von Konzernen, Stiftungen und internationalen Organisationen sowie Beratern.

Wenn auch Sie den Verein unterstützen möchten oder mehr über die Aktivitäten erfahren möchten, besuchen Sie www.edufootball.org
 
 
Von Simon Sticker

Quelle:
Lifestyle | Sport & Freizeit, Reisen, 19.04.2012

     
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