Fehlende Wende der Bundesregierung bei Atomexporten

Bundesregierung hält an Grundsatzzusage für brasilianisches AKW Angra 3 fest

Die Fassade des "neuen Atomkurses" der Bundesregierung bröckelt: Nicht nur im Inland, wo Minister Brüderle das Atommoratorium der Regierung als Wahlmanöver bezeichnet hat und zwei Kommissionen berufen werden, die ein weiteres Mal über die Zukunft der Energieversorgung in Deutschland beraten sollen, mehren sich die Zweifel an der Ernsthaftigkeit des neuen Kurses.
 
"Eine tickende Zeitbombe": Der geplante Reaktor ist - vor allem was Reaktorsicherheit, Katastrophenschutz und Lagerung der radioaktiven Abfälle angeht - ein veraltetes Modell.
Foto: © Klicker / Pixelio.de
"Besonders deutlich wird der nicht stattfindende Atom-Kurswechsel bei der Außenwirtschaftsförderung. Die Bundesregierung hat eine Grundsatzzusage für eine Hermesbürgschaft erteilt, die den Bau des Risikoreaktors Angra 3 in Brasilien ermöglichen soll. Doch statt die Ereignisse in Japan zum Anlass zu nehmen, sich klar gegen die Förderung eines derart riskanten Projektes auszusprechen, laviert die Bundesregierung auch hier herum und beschränkt sich darauf, die brasilianische Regierung nochmals zu konsultieren. Dabei will diese den Ausbau ihrer Atomanlagen trotz Fukushima weiter vorantreiben", erklärt Dr. Barbara Happe, Brasilienexpertin der Umweltorganisation urgewald. Eine Grundsatzzusage ist rückholbar, wenn es eine wesentliche Änderung der Sach- und Rechtslage gibt. "Das Beispiel Fukushima zeigt, wie sehr das Restrisiko der Atomkraft und Fragen der Standortsicherheit bisher unterschätzt wurden. Das ist eine wesentliche Änderung der Sachlage und deshalb muss die Bürgschaft zurückgezogen werden", fährt Happe fort.
 
Das Parlament hat sich ebenfalls mit der Frage auseinandergesetzt. Die Oppositionsparteien hatten sich für die Rücknahme der Angra-Bürgschaft und die grundsätzliche Rückkehr zum Atomausschlusskriterium eingesetzt, was jedoch von der Regierungskoalition zurückgewiesen wurde. "Das zeigt deutlich, dass die Bundesregierung in punkto Hermes bei ihrem atomfreundlichen Kurs bleiben und weiter im Ausland den Ausbau dieser Risikotechnologie unterstützen will. Nur kurz vor den Wahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz traut sie sich nicht, dies so offen zu sagen und zögert die Entscheidung hinaus, indem sie auf weitere Gespräche mit den Brasilianern und auf G 20- Ebene zur allgemeinen nuklearen Sicherheit verweist", erklärt Regine Richter, Energieexpertin von urgewald.
 
Dabei stellt Angra 3 gerade in den Punkten Reaktorsicherheit, Katastrophenschutz und Lagerung der radioaktiven Abfälle eine tickende Zeitbombe dar: So ist der geplante Reaktor ein altes Modell und nicht hinreichend gegen Auswirkungen von außen wie z.B. Flugzeugabstürze gesichert. Auch der Katastrophenschutz fällt weit hinter internationale Standards zurück. Denn im Katastrophenfall ist lediglich die Evakuierung von Betroffenen im Umkreis von 5 km vom Kraftwerk vorgesehen und verkehrstechnisch realisierbar. Die Zwischenlagerung der radioaktiven Abfälle gilt ebenfalls als enorm risikoreich, da sich die Anlagen in Küstennähe befinden.

Diese grundsätzlichen Mängel führt auch das von Areva NP/Siemens in Auftrag gegebene Sicherheitsgutachten beim Institut für Sicherheitstechnologie (ISTec) auf, ohne dass die Bundesregierung dies in ihrer Entscheidung im letzten Jahr berücksichtigt hat.
 
Hermesbürgschaften werden Unternehmen gewährt, um diese in so genannten 'schwierigen Märkten', besonders Entwicklungs- und Schwellenländern, gegen die Zahlungsunfähigkeit lokaler Besteller abzusichern. Von 2001 bis 2010 verboten die Hermes-Umweltleitlinien Bürgschaften für den Export von Nukleartechnologie. Die schwarz-gelbe Bundesregierung schaffte die Umweltleitlinien ab und vergab im Februar 2010 eine Grundsatzzusage über 1,3 Mrd. Euro für eine Hermesbürgschaft an Areva/Siemens zum Bau des AKW Angra 3.

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