Sabine Braun
Gesellschaft | Politik, 01.09.2010
Ein Sommer der Extreme
Sabine Braun zieht Bilanz aus dem Monat August
Der Sommer 2010 war von Extremen geprägt - nicht nur, was das zwischen Hitze und strömendem Regen schwankende Wetter angeht. In Stuttgart wurden biedere Schwaben zu ausdauernden Demonstranten: Seit Beginn der Proteste bekommen die Gegner des neuen Hauptbahnhofs Zulauf aus allen Kreisen der Bevölkerung. Ebenso zugespitzt hat sich die Diskussion um die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke - bei Gegnern und bei Befürwortern.
Woran liegt es, dass Haltungen immer unversöhnlicher aufeinanderprallen? Das Meinungsforschungsinstitut Emnid zumindest will einen tiefgreifenden Wertewandel ausgemacht haben, der die Ablehnung von Projekten wie Stuttgart
21 aus der Mitte der Gesellschaft heraus erklären könnte. So ergab eine im Auftrag der Bertelsmann Stiftung durchgeführte Umfrage, die Emnid Mitte August veröffentlichte, dass die Wirtschaftskrise die Deutschen nachdenklicher und wachstumskritischer gemacht habe. Nur noch jeder Dritte glaube an die "Selbstheilungskräfte des Marktes". Unter den jungen Menschen sei der Anteil der Skeptiker sogar noch größer als bei den älteren, die bereits in den siebziger Jahren die Debatten über die Grenzen des Wachstums geführt haben. Laut der Umfrage beeinflussen heute mehr denn je immaterielle Werte wie soziale Gerechtigkeit und die Umwelt die Haltung der Deutschen zum Wirtschaftssystem. So gaben 88 Prozent der Befragten an, das derzeitige Wirtschaftssystem berücksichtige weder den Schutz der Umwelt, noch den sorgsamen Umgang mit den Ressourcen oder den sozialen Ausgleich in der Gesellschaft.
Lässt sich damit auch der heftige Widerstand gegen Stuttgart 21 begründen?
Oder steckt dahinter doch etwas anderes? Ist es nicht allein die Sorge um die Zukunft, sondern auch das Gefühl der Ohnmacht, die Bürger auf den Plan ruft? Als Google sein Projekt Street View ankündigte, stieß es auf heftige Proteste, die der Medien- und Kommunikationstheoretiker Norbert Bolz als "zutiefst bürgerlich" bezeichnete, gefährde das Vorhaben doch die Privatsphäre des Individuums und damit die bürgerliche Freiheit. Wird bürgerliche Freiheit womöglich wieder neu definiert durch den Widerstand gegen die wahrgenommene Allmacht von Staat und/oder Wirtschaft?
Zumindest ist der gesellschaftliche Konsens schon so weit erodiert, dass sich große Projekte - egal aus welchem Grund und egal mit welcher Vorgeschichte - kaum mehr umsetzen lassen. Dabei ist oft nicht mehr zu trennen zwischen symbolischem Widerstand, Protest in eigener Sache und der wohlbegründeten Ablehnung von Projekten, die das Prinzip der Zukunftsvorsorge verletzen. Auf jeden Fall hat der Sommer 2010 einige Fragen nach der gemeinsamen Weiterentwicklung unserer Gesellschaft aufgeworfen. Wobei über allem immer noch die existenzielle Frage steht, wie eine wachsende Weltbevölkerung künftig satt werden soll, wenn klimatische Veränderungen immer wieder zu Ernteausfällen führen, das Getreide knapp wird und die Preise dafür weltweit steigen.
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Sabine Braun |
21 aus der Mitte der Gesellschaft heraus erklären könnte. So ergab eine im Auftrag der Bertelsmann Stiftung durchgeführte Umfrage, die Emnid Mitte August veröffentlichte, dass die Wirtschaftskrise die Deutschen nachdenklicher und wachstumskritischer gemacht habe. Nur noch jeder Dritte glaube an die "Selbstheilungskräfte des Marktes". Unter den jungen Menschen sei der Anteil der Skeptiker sogar noch größer als bei den älteren, die bereits in den siebziger Jahren die Debatten über die Grenzen des Wachstums geführt haben. Laut der Umfrage beeinflussen heute mehr denn je immaterielle Werte wie soziale Gerechtigkeit und die Umwelt die Haltung der Deutschen zum Wirtschaftssystem. So gaben 88 Prozent der Befragten an, das derzeitige Wirtschaftssystem berücksichtige weder den Schutz der Umwelt, noch den sorgsamen Umgang mit den Ressourcen oder den sozialen Ausgleich in der Gesellschaft.
Lässt sich damit auch der heftige Widerstand gegen Stuttgart 21 begründen?
Oder steckt dahinter doch etwas anderes? Ist es nicht allein die Sorge um die Zukunft, sondern auch das Gefühl der Ohnmacht, die Bürger auf den Plan ruft? Als Google sein Projekt Street View ankündigte, stieß es auf heftige Proteste, die der Medien- und Kommunikationstheoretiker Norbert Bolz als "zutiefst bürgerlich" bezeichnete, gefährde das Vorhaben doch die Privatsphäre des Individuums und damit die bürgerliche Freiheit. Wird bürgerliche Freiheit womöglich wieder neu definiert durch den Widerstand gegen die wahrgenommene Allmacht von Staat und/oder Wirtschaft?
Zumindest ist der gesellschaftliche Konsens schon so weit erodiert, dass sich große Projekte - egal aus welchem Grund und egal mit welcher Vorgeschichte - kaum mehr umsetzen lassen. Dabei ist oft nicht mehr zu trennen zwischen symbolischem Widerstand, Protest in eigener Sache und der wohlbegründeten Ablehnung von Projekten, die das Prinzip der Zukunftsvorsorge verletzen. Auf jeden Fall hat der Sommer 2010 einige Fragen nach der gemeinsamen Weiterentwicklung unserer Gesellschaft aufgeworfen. Wobei über allem immer noch die existenzielle Frage steht, wie eine wachsende Weltbevölkerung künftig satt werden soll, wenn klimatische Veränderungen immer wieder zu Ernteausfällen führen, das Getreide knapp wird und die Preise dafür weltweit steigen.
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