Drei Studenten auf "Expedition Welt"
40 Sozialunternehmer, 25 Länder, 8 Monate
Matti Spiecker, Tim Lehmann und Jan Holzapfel (v.l.n.r.) |
Bei diesem Unternehmertyp steht ideeller und nicht finanzieller Profit im Mittelpunkt des Wirkens. Sozialunternehmer zeichnen sich dadurch aus, gesellschaftliche Missstände zu identifizieren und mit Unternehmergeist zur Lösung dieser Probleme beizutragen. Wie der Mexikaner Castillo, der als Soziologe erkannt hat, dass das in Lateinamerika weit verbreitete Phänomen gewalttätiger Jugendgangs seine Wurzel darin hat, dass arme Jugendliche von Chancen ausgeschlossen werden und ihre Talente nicht in die Gesellschaft einbringen können. Überschüssige Energie entlädt sich dann auf der Straße. Diesen jungen Leuten bietet sein Zentrum die Möglichkeit, sich mit Gleichaltrigen aller gesellschaftlichen Schichten in Tanzkursen, beim künstlerischen Gestalten und Theaterspielen kreativ zu verwirklichen. Die dabei entwickelten Talente und Interessen helfen den Jugendlichen auch in Bezug auf ihre Berufs- und Lebensorientierung. Der Verkauf von Kunsthandwerk und Eintrittskarten zu Konzerten und Tanzaufführungen zeigt nicht nur die Wertschätzung, die die Werke erfahren, sondern ist zudem wichtige Finanzierungsquelle des Zentrums.
Jugendliche beim Capoeira-Training im "Circo Volador" |
Die Berichterstattung über derartige Projekte soll Nachahmer inspirieren. "Wie können wir junge Menschen dazu bringen, sich gesellschaftlich zu engagieren?" war die Ausgangsfrage, die sich die drei Wirtschaftsstudenten der Uni Witten/Herdecke gestellt haben. Daraus ergab sich die Idee zur Reise durch 25 Schwellen- und Entwicklungsländer in Afrika, Lateinamerika und Asien. Während ihrer Tour hielten die Globetrotter mit Schulklassen per Livechat Kontakt, die die Initiativen im Unterricht behandelten und die Erlebnisse der drei gespannt verfolgten.
Von einer bolivianischen Fabrik für Bio-Lebensmittel, in der die Kleinbauern an der Wertschöpfung der Produkte beteiligt werden, bis zur innovativen Lösung des Abwasserproblems durch Klärtanks in Mali - überall auf der Welt haben sie inspirierende Initiativen kennengelernt, die nicht nur positive gesellschaftliche Auswirkungen haben, sondern auch wirtschaftlich tragfähig sind. Auch die Leuchtfigur der Sozialunternehmerbewegung, Muhammad Yunus, der mit seiner Grameen Bank den Ärmsten der Armen Kleinkredite gibt, gewährte ihnen in Dhaka, Bangladesch, ein Interview. Kurz nach ihrer Rückkehr nach Deutschland im Oktober 2006 wurde bekannt, dass Yunus den Friedensnobelpreis erhalten wird. "Das war für uns natürlich eine tolle Bestätigung, dass wir die richtigen Leute besucht haben", kommentiert Matti Spiecker schmunzelnd.
Besonders beeindruckt hat ihn die positive Lebenseinstellung vieler Menschen, die ihnen unterwegs begegnet sind: "Trotz schwieriger Bedingungen haben sie eine große Kraft und Gelassenheit ausgestrahlt. Davon könnten wir uns in Deutschland eine Scheibe abschneiden." Mut machen, selbst aktiv zu werden, wollen die drei mit ihrem Buch "Expedition Welt", das sie über ihre Reise geschrieben haben. Ihre Motivation, junge Leute in Deutschland zu zivilgesellschaftlichem Engagement zu inspirieren und den Nord-Süd-Dialog zu beleben, spiegelt sich auch in ihrem Folgeprojekt, der Stiftung Welt:Klasse, wieder.
"Sí, se puede!", würde Hector Castillo wahrscheinlich dazu sagen, "Yes, we can" Barack Obama. Ja, es ist möglich, die Welt zum Besseren zu verändern - das machen die Beispiele erfolgreicher Sozialunternehmer auf eindrucksvolle Weise deutlich.
Weitere Informationen zur "Expedition Welt" und den Initiativen: http://www.expedition-welt.de/
Autorin: Sarah Häuser
Quelle:
Gesellschaft | Pioniere & Visionen, 20.03.2009
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