Asheen Phansey

Von Extremwetter zu ESG-Exzellenz

Lieferketten zukunftssicher machen

Ein Beitrag von Asheen Phansey, Director of ESG and Sustainability bei PagerDuty

© pixabay, pexels.comExtremwetter wird zur neuen Normalität. Schon 2024 führten Unwetter in Österreich und Slowenien zu schweren Überschwemmungen und Erdrutschen. Mehrere Straßen mussten gesperrt werden. Brücken wurden zum Teil zerstört. Die Folge waren weitreichende Störungen in Transport und Logistik. Langfristige Klimaveränderungen wie steigende Temperaturen, Starkregen und Dürreperioden sowie der Anstieg des Meeresspiegels können die Verkehrsinfrastruktur schädigen und damit die Verfügbarkeit von Ressourcen und Produkten beeinflussen. Der Global Supply Chain Report von CDP prognostiziert, dass klimabedingte Wetterereignisse und andere Umweltrisiken die Zulieferer schätzungsweise 1,26 Billionen US-Dollar kosten könnten. Handel und Logistik können durch Nachhaltigkeitsziele und geeignete Strategien bei der Gestaltung ihrer Lieferketten maßgeblich dazu beitragen, die Folgen solcher extremer Wetterereignisse abzumildern. 

Unternehmen müssen sowohl ihre eigenen Auswirkungen als auch die Risiken, denen sie selbst ausgesetzt sind, verstehen und bewerten. Auf dieser Basis lassen sich geeignete Strategien im Bereich Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG) entwickeln, um Lieferketten nachhaltiger und widerstandsfähiger zu gestalten.

Laut dem Deloitte 2024 Sustainability Action Report machten 98 % der Unternehmen im vergangenen Jahr Fortschritte bei der Erreichung ihrer Nachhaltigkeitsziele im Rahmen der ESG (Environmental Social Governance) Richtlinien. Auch wenn die ursprünglichen Zeitpläne für manche Berichtspflichten zeitlich verschoben oder angepasst wurden, bleibt die Relevanz ungebrochen. Die Integration von Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekten ist ein wesentlicher Faktor für langfristigen Erfolg, Risikomanagement und die Erfüllung der Erwartungen von Stakeholdern: Mehr als drei Viertel der Verbraucher geben an, dass sie nicht mehr bei Unternehmen kaufen würden, die das Wohl der Umwelt vernachlässigen. Und laut einer Studie der Capital Group berücksichtigen 89 % ESG bei ihren Investitionen.

Größere Unternehmen sind bereits dazu verpflichtet, ihre CO2 Emissionen zu messen und nehmen diesbezüglich auch die Partner innerhalb ihrer Lieferkette genau unter die Lupe. Durch die indirekte Berichtspflicht müssen diese ebenfalls ihren CO2 Ausstoß offenlegen. Mögliche Gegenmaßnahmen sind die Diversifizierung von Lieferanten, die Entwicklung flexibler Produktionssysteme, die Investition in eine widerstandsfähige Infrastruktur und die Implementierung umweltschonender Prozesse, um die wichtigsten ESG-Ziele zu erreichen. Die Einführung nachhaltiger Praktiken über die gesamte Lieferkette hinweg kann die allgemeine Widerstandsfähigkeit des Ökosystems in einem Unternehmen verbessern. Folgende drei Schritte können zum Ziel führen: 

1. Die richtigen Fragen stellen

Um herauszufinden, wo ein Lieferant auf dem Weg zur Nachhaltigkeit steht, hilft die Beantwortung folgender Fragen:

  • Gibt es Richtlinien, Ziele und Messgrößen für nachhaltige Praktiken?
  • Wird der CO2-Fußabdruck gemessen? Wenn ja, wie hoch ist er und wer hat welchen Anteil daran?
  • Werden erneuerbare Energiequellen genutzt? Auch von Zulieferern?
  • Gibt es einen ESG-/Nachhaltigkeits-/Auswirkungsbericht? Ist der Bericht öffentlich?
  • Wird in ESG und Nachhaltigkeit investiert, z. B. durch die Beschäftigung qualifizierter Mitarbeiter sowie Budgets für Messung, Berichterstattung und nachhaltigere Prozesse?
  • Welche konkreten Unternehmensrichtlinien gibt es, um den ökologischen Fußabdruck zu verringern?
  • Wie wird mit wichtigen globalen gesellschaftlichen Herausforderungen wie Klimawandel und Wasserschutz umgegangen?
  • Werden physische Risiken wie die Zunahme von Waldbränden, Überschwemmungen und Stürmen sowie von Übergangsrisiken, z. B. Veränderungen in
  • gesetzlichen Vorgaben wie der CO2-Verordnung oder sich daraus ergebender Marktveränderungen miteinbezogen?
  • Welche Chancen wurden identifiziert und evaluiert?

2. Daten analysieren

Um einen fundierten Überblick zu erhalten, empfiehlt es sich, ein System zur Erfassung und Analyse von Daten über die ESG-Aktivitäten des Unternehmens und seiner Zulieferer zu implementieren. In der Praxis hat sich eine Kombination aus internen Audits, Lieferanten-Scorecards und Bewertungen durch Dritte bewährt. Spezielle Software-Plattformen erleichtern die Kommunikation mit den Lieferanten.

Da insbesondere kleinere Organisationen möglicherweise nicht über die notwendigen Kenntnisse oder Ressourcen verfügen, um die erforderlichen Daten zu erfassen und bereitzustellen, können Software-Plattformen zur Treibhausgasbilanzierung genutzt werden. Einige dieser Tools sind kostengünstig oder sogar kostenlos und ermöglichen verlässliche Schätzungen des CO2--Fußabdrucks und anderer relevanter Kennzahlen.

3. Gemeinsam Maßnahmen planen und umsetzen

Druck in der Lieferkette kann entweder als Anreiz oder als Hemmnis wirken. Anreize können vergünstigte Lieferantenkonditionen sein: Wenn Lieferanten regelmäßig Angaben zu ihren CO2-Emissionen andere wichtige Daten zur Verfügung stellen, kann z.B. eine Verkürzung der Nettozahlungszeit erfolgen. Manche Unternehmen bezuschussen auch die Kosten für die Erstellung hochwertigerer Daten, indem sie ihren Lieferanten Zugang zu Software für die Treibhausgasbilanzierung gewähren. Negative Anreize hingegen sind Strafen, wenn Lieferanten keine Klimadaten bereitstellen oder ihre Klimaziele verfehlen. Salesforce verlangt beispielsweise von seinen Zulieferern, dass sie ein von der Science-Based Targets Initiative (SBTi) validiertes Klimaziel entwickeln. Andernfalls riskieren sie, dass bei einer Vertragsverlängerung eine Strafe von 0,5 % erhoben wird.

Es ist oft wirkungsvoller, mit Lieferanten zusammenzuarbeiten, um die Auswirkungen gemeinsamer Aktivitäten zu minimieren, anstatt sie aufgrund fehlender ESG- und Nachhaltigkeitsstandards auszuschließen. Diese Art der Partnerschaft kann sowohl die Gesamtemissionen reduzieren als auch einen größeren geschäftlichen Mehrwert generieren. Zu den Strategien zur Verringerung des gemeinsamen Fußabdrucks gehören beispielsweise die

  • gemeinsame Investition in eine nachhaltige Unternehmensinfrastruktur
  • Verpflichtung zu höherer Treibstoffeffizienz
  • Reduzierung von Flugreisen bei gemeinsamen Geschäften
  • Minimierung von Abfall und Erhöhung der Recyclingquote
  • Verwendung nachhaltigerer Produkte
  • Bündelung der Kaufkraft oder die Aufteilung der Kosten beim Erwerb erneuerbarer Energien

Fazit

Asheen Phansey ist Director of Sustainability bei PagerDuty. © PagerDutyDie Entwicklung eines kooperativen Ansatzes innerhalb der Lieferkette und die langfristige Verpflichtung zu nachhaltigem Wirtschaften ist ein Gewinn für alle Beteiligten. Gemeinsame Werte führen oft zu stabilen, dauerhaften Partnerschaften, die zudem ein positiveres Bild gegenüber Investoren und Kunden abgeben. Einen ähnlichen Effekt hat auch die Förderung der Nachhaltigkeit auf die Gesellschaft und die natürlichen Ressourcen. Grundsätzlich gilt: Ein resilientes Unternehmen hat langfristig ein höheres Potenzial für mehr Wertschöpfung. 

Über Asheen Phansey
Asheen Phansey ist Director of Sustainability bei PagerDuty. Zuvor war er als Head of Sustainability bei einem französischen Softwareunternehmen tätig und beriet in dieser Position Unternehmen verschiedenster Branchen in Fragen der Nachhaltigkeitsstrategie. Er hat einen Bachelor of Science in Chemieingenieurwesen sowie einen Master in Business Administration mit dem Schwerpunkt Entrepreneurship im Bereich Technologie. Zudem ist als Gastprofessor für nachhaltiges Design am Minneapolis College of Art and Design (MCAD) tätig.



     
        
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