Anzeige, Wirtschaft | Branchen & Verbände, 24.10.2025
Bauen mit Holz bei stockender Konjunktur in einer "entnormalisierten" Welt
18. Europäischer Kongress für energieeffizientes Bauen mit Holz im urbanen Raum (EBH) (Köln, 9./10. Oktober 2025)
Kurzarbeit am Bau, sinkende Auftragsbestände und eine in Deutschland auf der Stelle tretende Gesamtwirtschaft - beim 18. Europäischen Holzbaukongress (EBH) am 9. und 10. Oktober in Köln überwog dennoch der Optimismus. Schließlich dienen die Kongresse von FORUM HOLZBAU in erster Linie dem Zweck, ausgetretene Pfade am Bau zu verlassen, Ideen zu sammeln und Kontakte zu ermöglichen. Die Probleme in der Auto- und Zulieferindustrie, in der Möbelindustrie sowie eine sich vertiefende Baukrise schwangen natürlich auch beim EBH im Hintergrund mit, wobei der Holzbau noch vom Nachhaltigkeitsbonus des Grundmaterials zehren kann. Trotzdem gerät auch er unter Preisdruck und die Gürtel werden bereits enger geschnallt.

Prof. Heinz Köster, Präsident des Veranstalters Forum-Holzbau, und Thomas Wälter, neuer Leiter des Zentrums Wald und Holzwirtschaft in Münster als EBH-Mitveranstalter führten am ersten Vormittag in das Programm ein. Den politischen Teil der Veranstaltung eröffnete Staatssekretär Dr. Martin Berges vom Landwirtschaftsministerium in Düsseldorf – mit einem Grußwort in Vertretung für Ministerin Silke Gorißen. Holzbau sei kein Nischenthema mehr und heute die Schnittstelle im Dreieck zwischen Klimapolitik, Forstwirtschaft und Bau – und deswegen ein „Gamechanger", so Berges, „…und eigentlich der einige ernst zu nehmende Baustoff, den wir im Bausektor verwenden können. […] Der Weg zu mehr Holz ist kein Selbstläufer und auch nicht billig, aber es ist sicherlich günstiger, wenn wir auch alle externen Faktoren berücksichtigen, wenn wir klassische Baustoffe einsetzen." Die Landesregierung wolle weiter daran arbeiten, baurechtliche Hemmnisse abzubauen. In diesem Zusammenhang verwies auf den von der Stahlbranche zu einem „Easycode" zusammengestrichenen Eurocode 3 mit 159 statt 1.300 Seiten. Bauministerin Scharrenbach habe den dann für NRW umgesetzt. „Solche Dinge sollten sie in ihren Organisationen aufgreifen," empfahl Berges am Ende seines Grußwortes in Richtung Holzbauunternehmer.
Thema Klimawandel
Der erste Vortrag des Vormittages wird bei FORUM HOLZBAU üblicherweise der Klimawandelthematik gewidmet. Dr. Veit Bürger vom Freiburger Ökoinstitut wies auf die beiden Sorgensektoren Verkehr und Gebäude hin, was das Erreichen des deutschen Klimaschutzziels bis 2045 betrifft. Das 2030er Einsparziel sei in greifbarer Nähe, aber langfristig reiche es nicht und es seien zusätzliche Maßnahmen erforderlich, so ein Projektionsbericht des Umweltbundesamtes (UBA). Bei der Gebäudedämmung sei (wegen zu hoher Kosten) Realismus eingekehrt. Mit der BEG-Förderung und dem GEG-Heizungsgesetz existierten aber zwei sehr „wirkmächtige" Instrumente für die Wärmewende im Heizkeller. Das GEG stehe zwar bei vielen Bürgern in der Kritik, dürfe wegen des Klimaziels aber nicht verändert werden. Das Heizungsgesetz bezeichnete Bürger gar als eine Art Verbraucherschutz, der vor dem Fehlkauf eines Gaskessels und explodierenden Heizkosten bewahre. Er plädiert für die Wärmepumpe als Schlüsseltechnik im Heizungskeller und die Fernwärme als Schlüsselinfrastruktur in Ballungsräumen. Holzheizungen stellten allenfalls im ländlichen Raum eine Alternative dar.
Prof. Dr. Michael Grömling vom Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) pflichtete seinem Vorredner bezüglich der Beibehaltung der Klimaschutzzieles 2045 bei, riet aber dazu, auf dem Weg dorthin auf jeden Fall die Gesellschaft mitzunehmen. Die massive Baukrise mit einer ebenso massiven Industrie- und Investitionskrise laste wie Blei auf Konjunktur und der Stimmung in der Bevölkerung. Die deutsche Volkswirtschaft mit ihrem hohen Industrieanteil brauche verlässliche und wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen für die Unternehmen, damit letztere die Transformation schafften. Und die werde 10, 20, 30 Jahre in Anspruch nehmen. Auch eine Dienstleistungs-Ökonomie benötige Energie. Wann denn die Wende komme? Es stelle sich, so Grömling, vielmehr die grundsätzliche Frage: Wende wohin denn? Jedenfalls nicht auf den seit Jahrzehnten gewohnten Wachstumspfad. Grömling: „Außer, wir machen etwas". Mit Regulierungen und mehr Bürokratie im Verkehrs- und Gebäudebereich wäre er sehr vorsichtig. Vielmehr müsse über staatlich regulierte Arbeitskosten und die sozialen Sicherungssysteme geredet werden. Die Gesellschaft müsse handlungsfähig bleiben, damit sie so flexibel wird, dass sie neuen mit kurzfristigen geopolitischen Schocks zurechtkommt. Denn die Welt habe sich „entnormalisiert".
Mit Hochdruck an die Umstellung der Energieversorgung
Alexander Rychter vom Wirtschaftsverband VdW Rheinland-Westfalen bestätigte den Trend, dass die Wohnungswirtschaft einen deutlichen Schwenk weg von der Ertüchtigung der Gebäudehülle vollziehe und mit Hochdruck die Umstellung der Energieversorgung in den Heizkellern angehe. Die Branche befinde sich im Spagat zwischen der Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum und der Anforderung, den Gebäudesektor bis 2045 klimaneutral zu bekommen. Viele Mitgliedsunternehmen würden derzeit weniger oder gar nicht mehr neu bauen, aber auch im Bestand sinke die Sanierungstiefe. Hintergrund sind die zu hohen Kosten von Komplettsanierungen, die nicht mehr mit der Kaufkraft der Mieter in Einklang zu bringen seien. Die Mieten würden wegen zu wenig Wohnungsangebot in den Ballungsräumen trotzdem weiter steigen. „Und nichts deutet darauf hin, dass sich das ändern könnte," so Rychter. Er zeigte sich aber zuversichtlich, dass die Bundesregierung verstanden habe, dass die Regulatorik vereinfacht werden müsse.
In der sich anschließenden Diskussion Stichwort griff Michael Grömling dieses Stichwort auf. Ein Bürokratieabbau werde nur dann funktionieren, wenn alle föderalen Ebenen in die Verantwortung genommen würden, Damit es nicht dazu komme, dass nichts passiere, weil sich die kommunale Ebene hinter Regularien verstecke. Dr. Ralf Petercord als Vertreter der NRW-Landesforsten auf Ministerialebene pflichtete Grömling bei. In dieser Sache sei die Verstärkung der Kommunikation von unten aus der Praxis heraus in die Parlamente hinein ganz wichtig. Dort säßen viele Juristen, die zwar alles akribisch regeln, aber oft nicht erkennen würden, wenn Regeln nicht passen. Petercord nutzte die Diskussion dann noch für deutliche Kritik an der Positionierung des Freiburger Ökoinstituts bezüglich der Waldholznutzung. Petercord: „Holzverwendung ist tatsächlich CO2-neutral. Selbst wenn sie Holz verbrennen, haben sie das CO2 innerhalb der Vegetationszeit wieder drin. Jede Holznutzung ist daher etwas Doppeltes: entweder wir bauen damit, dann ist es extra gespeichert, egal worin, und gleichzeitig wird CO2 auf der Waldfläche wieder gebunden. Diesen Effekt müssen wir nutzen, um Klimaneutralität zu erreichen." Da habe man einen großen Wirkhebel, der leider teilweise schlechtgeredet werde.
Vereinfachung des Bauens geht nur sehr langsam voran
Wichtige Rückschlüsse, woran es liegt, dass es mit der Vereinfachung des Bauens nur sehr langsam voran geht, konnte man aus den Ausführungen von Gero Droste von der Dortmunder Feuerwehr (Brandschutz-Dienststelle) ziehen. Droste trug die neuen Regeln der Muster-Holzbaurichtlinie 2024 (MHR) für die Gebäudeklassen 4 und 5 vor, die in einer gemeinsamen Brandschutz-Arbeitsgruppe aus Fachleuten erarbeitet wurden. Sie ist seit Oktober 2024 in NRW anwendbar. Von der Politik hatte die Arbeitsgruppe seit 2021 den Auftrag, die MHR 2020 unter Beibehaltung des derzeitigen Schutzniveaus weiterzuentwickeln. Die Vertreter der Feuerwehren hätten besonderen Wert auf die Fortschreibung des Schutzniveaus gedrängt. Nachdem sich die Politik nicht der Diskussion über eine Absenkung des Schutzniveaus habe stellen wollen, hätten die Feuerwehren ihre Sicht deutlich gemacht. „Schließlich sind wir es, die nachts um 3 Uhr hinfahren und die Leute rausholen," ergänzte Droste. Mit der MHR 2024 sei in den Gebäudeklassen GK 4 und 5 jetzt aber auch viel mehr Holzbau möglich. Dass in NRW so wenig in Holz gebaut werde, sei ein Thema des Marktes und liege nicht an der Feuerwehr – sondern eher an den Bauherren, die keinen Holzbau möchten.
Dass die EU-Kommission mit ihren Nachhaltigkeitskriterien an zusätzlicher Bürokratie mitschraubt, wird von der Holzwirtschaft intensiv kritisiert. Dr. Wolfgang Eichert vom Verband der öffentlichen Versicherer berichtete aus Brüssel, dass auf Unternehmen im Prinzip jeder Betriebsgröße Berichtspflichten zukämen – auf die größeren eher als auf die kleineren. Das hängt mit den Offenlegungspflichten zusammen, die die EU-Kommission Versicherern und Banken auferlegt hat, um über die Projektfinanzierung mehr Nachhaltigkeit im Bauen zu erzielen. Das aktuell angestoßene „Omnibus-Verfahren" sorge zwar für eine Abmilderung der Anforderungen und zeitlichen Aufschub bis 2028. Daten zum Beweis der Nachhaltigkeit des eigenen Handelns müssten aber alle Unternehmen unweigerlich liefern; spätestens dann, wenn man eine Kreditfinanzierung benötige.
Befürchtung, dass der Markt für nachhaltige Gebäude weniger wächst
Welchen Einfluss überraschende politische (auch zinspolitische) Entscheidungen auf die Bauwirtschaft haben, davon berichtete Bernhard Egert von UBM Development. Da war zum einen der Lockdown in der Pandemie, der das Geschäft der Hotelbranche schwer beeinträchtigte und UBM zum Umschwenken auf Holzbau veranlasste. Dies gerade auch im Hinblick auf den Green Deal der EU-Kommission. Die Immobilienentwickler hätten nach dem russischen Überfall der Ukraine nicht nur unter den steigenden Finanzierungskosten nach den raschen Leitzinserhöhungen zur Inflationsbekämpfung gelitten. Jetzt würden sie von ihren Banken wegen sinkender Immobilienpreise mit finanziellen Nachforderungen für ihre Finanzierungen konfrontiert. Beides wirke sich negativ auf die Bautätigkeit aus. Und mit den jetzt von Brüssel geplanten Omnibus-Erleichterungen bei den ESG-Berichtspflichten würden ausgerechnet die Firmen benachteiligt, die zeitig unterwegs waren, um sich auf den Green Deal der EU einzulassen. Damit steht zu befürchten, dass auch der Markt für nachhaltige Gebäude nicht mehr im selben Takt wachsen könnte, als noch vor wenigen Jahren erwartet.
Soweit hier ein paar Ausschnitte aus dem Verlauf des EBH-Kongresses. Außerdem wurden wieder viele unterschiedliche Bauprojekte und Bauweisen vorgestellt.
Trotz etlicher für die Jahreszeit typischer Krankmeldungen und wirtschaftlich herausfordernder Zeit erreichte der EBH-Kongress an den beiden Tagen wieder die Marke von 700 Teilnehmenden (wobei Referenten und Orga-Team mitgezählt sind). 65 technische Ausrüster und Dienstleister des Holzbaus haben mit ihrer Teilnahme und den Ständen in der begleitenden Fachausstellung den Kongress finanziell unterstützt bzw. mit ihren Informationen fachlich abgerundet.
Der nächste (dann 19.) EBH-Kongress ist auf den 7. und 8. Oktober 2026 terminiert, er findet wie gewohnt im Kölner Veranstaltungszentrum Gürzenich statt.
Über das FORUM HOLZBAU
FORUM HOLZBAU bzw. FORUM HOLZ ist eine gemeinsame Plattform der Aalto University School of Science and Technology Helsinki (FI), der Berner Fachhochschule (CH), der Technische Hochschule Rosenheim (DE), der Technischen Universität München (DE), der Technischen Universität Wien (AT) und der University of Northern British Columbia (CA). In Italien kooperiert man eng mit der Università di Trento. Ziel und Aufgabe des Vereins ist die Förderung des Einsatzes von Holz im Bauwesen, überschüssige Mittel werden im Sinne der Holzwirtschaft für die Unterstützung von Forschungs- und Entwicklungsprojekten von Studierenden eingesetzt.
Kontakt: FORUM HOLZBAU, Simone Burri | presse@forum-holzbau.com | https;//www.forum-holzbau.com
forum future economy
forum Nachhaltig Wirtschaften heißt jetzt forum future economy.
- Mit diesem Schritt markiert der Verlag bewusst eine Zeitenwende – hin zu einer Wirtschaft, die Zukunft schafft, statt nur Probleme zu verwalten.
Kaufen...
Abonnieren...
08
DEZ
2025
DEZ
2025
09
DEZ
2025
DEZ
2025
Club of Rome Salon: Building the City of the Future (in English)
Cities, World Expos, and Stakeholders Driving Sustainability
10178 Berlin
Cities, World Expos, and Stakeholders Driving Sustainability
10178 Berlin
Anzeige
Professionelle Klimabilanz, einfach selbst gemacht
Einfache Klimabilanzierung und glaubhafte Nachhaltigkeitskommunikation gemäß GHG-Protocol
Megatrends
Deutsche Einheit - deutsche Identität(en)Christoph Quarch sieht die Zukunft in der Stärkung individueller Identitäten im Dialog mit anderen
Jetzt auf forum:
Ökologische Stromproduktion aus Fließgewässern
Ab 14.12.2025 gilt der neue Fahrplan der Deutschen Bahn für 2026
Schulen stärken Bildung für nachhaltige Entwicklung
Seit 15 Jahren: faire und umweltbewusste Beschaffung mit dem Kompass Nachhaltigkeit















