Wenn Rekordpreise auf Rekordarmut treffen

Kakao-Barometer 2025 offenbart Probleme im Kakaosektor

Der Kakaosektor blickt auf die drei turbulentesten Jahre seit Menschengedenken zurück. Hohe Weltmarktpreise treffen auf steigende Armut, Kinderarbeit und zunehmende Abholzung. Das Kakao-Barometer 2025 macht deutlich: Es geht der Kakaobranche schlecht, es geht ihr besser als zuvor – und es könnte ihr noch viel besser gehen.

Kakaopreise so hoch wie nie – ohne, dass Kleinbäuer*innen profitieren 
© Solidaridad DeutschlandIn den letzten Jahren hat der Kakaopreis sämtliche Rekorde gebrochen. Dennoch bleiben die meisten Kleinbäuer*innen in Armut gefangen. Gründe sind Ernteausfälle, steigende Produktionskosten, Klimaschocks und Lieferverträge, die verhindern, dass sie von den Preissteigerungen profitieren. Armut bleibt damit die zentrale Ursache nahezu aller Probleme im Kakaosektor – von Abholzung über Kinderarbeit bis hin zu Geschlechterungleichheit.

Ein existenzsicherndes Einkommen für Kakaobäuer*innen ist daher dringend erforderlich. Das Kakaobarometer 2025 fordert den Sektor auf, einen Living Income Reference Price zu zahlen – also einen Preis, der tatsächlich ausreicht, die Einkommenslücke der Mehrheit der Produzent*innen zu schließen. Preisaufschläge pro Tonne oder Zahlungen für Ökosystemleistungen können zwar unterstützend wirken, ersetzen jedoch niemals diese Kernforderung. Mit den neuen europäischen Sorgfaltspflichten ist die faire Bezahlung längst nicht nur ein moralisches, sondern auch ein rechtliches Muss. Leider gefährdet der aktuelle politische Rechtsruck in Europa die Durchsetzung dieser Gesetze und damit die Chance auf verbindliche Regeln für Unternehmen.
 
Preis-Boom führt zu vermehrter Abholzung 
Die hohen Preise führen aktuell zu einer Ausweitung des Kakaoanbaus. Besonders in Lateinamerika und Zentralafrika breitet sich kakao-bedingte Entwaldung in neue, sensible Regionen aus. Ab 2027 droht eine Überproduktion mit gravierendem Preisverfall – ähnlich wie beim Crash von 2016.

Zudem verschärfen sich soziale Probleme: Rund 1,5 Millionen Kinder arbeiten weiterhin unter gefährlichen Bedingungen in der Kakaoernte, insbesondere in Ghana und Côte d’Ivoire. Frauen, die einen Großteil der landwirtschaftlichen Arbeit leisten, bleiben systematisch von Entscheidungsprozessen und Gewinnen ausgeschlossen. Auch Landarbeiter*innen und Pächter*innen, die für die Lieferketten unverzichtbar sind, werden in politischen und unternehmerischen Maßnahmen kaum berücksichtigt.

Wie lässt sich Veränderung erreichen? 
Das Kakao-Barometer 2025 zeigt zugleich, dass grundlegender Wandel machbar ist. Fortschritte in der Regulierung sowie stärkere Zusammenarbeit innerhalb des Sektors beweisen, dass systemische Veränderung möglich ist. Doch sie erfordert konsequentes Handeln auf mehreren Ebenen gleichzeitig.

Der Bericht ruft Politik und Unternehmen zu dringend notwendigen Maßnahmen auf:
  • Faire Bezahlung: Sicherstellung eines existenzsichernden Einkommens für Kakaobäuer*innen
  • Waldschutz: Durchsetzung eines globalen Moratoriums gegen kakao-bedingte Abholzung
  • Partizipation: Gleichberechtigte Einbindung von Frauen und Männern in Entscheidungen
  • Transparenz: Einführung wirksamer Transparenz- und Rechenschaftsmechanismen in den Lieferketten
Darüber hinaus macht das Barometer klar: Kakao ist kein Einzelfall. Die Krisen der Branche sind ein Warnsignal für die weltweite Landwirtschaft – wenn globale Lieferketten weiter auf kurzfristige Gewinne setzen, drohen ähnliche Dynamiken auch bei anderen Nahrungsmitteln.

Über das Kakao-Barometer
Das Kakao-Barometer gilt als zentrale Referenzpublikation zur Nachhaltigkeit im Kakaosektor. Der mehr als 200 Seiten umfassende Bericht bietet eine umfassende Analyse der aktuellen Situation, einen historischen Rückblick auf die Entwicklungen seit 2000 sowie einen Ausblick auf kommende Herausforderungen und Chancen.
 
Über Solidaridad 
Seit über 50 Jahren setzt sich das Solidaridad-Netzwerk weltweit für eine nachhaltige, kleinbäuerliche Landwirtschaft ein. Bekannt als Mitbegründer*innen der Max Havelaar Fairtrade Bewegung in den 1980ern, haben wir früh damit begonnen, Kleinbäuer*innen als schwächstes Glied innerhalb unserer Lieferketten dabei zu unterstützen, landwirtschaftliche Produkte wie Kaffee, Kakao oder Baumwolle nachhaltig zu produzieren und auf dem globalen Markt zu vertreiben. Mit knapp 1.000 Mitarbeitenden weltweit und Projekten in mehr als 40 Ländern gehören wir heute zu den weltweit größten und erfahrensten Entwicklungsorganisationen.

Über das Voice Netzwerk
Das Voice Network vereint die Zivilgesellschaft, um die systemischen Ursachen von Armut, Kinderarbeit, Entwaldung und Geschlechterungleichheit im Kakaosektor aufzudecken und zu bekämpfen. Das Netzwerk besteht aus über 30 Mitgliedsorganisationen aus 13 Ländern, die global über den Kontinent verteilt sind. Gemeinsam beeinflussen die Mitglieder die globale Politik durch Studien und strategische Zusammenarbeit, verschaffen unterrepräsentierten Stimmen Gehör und treiben sinnvolle, dauerhafte Reformen voran.

Kontakt: Solidaridad Deutschland, Julia Hugenschmidt | julia.hugenschmidt@solidaridadnetwork.org | www.solidaridadnetwork.org



     
        
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