Kursänderung für München: Kommt jetzt die Mehrwegwende?

Mehrweg MUC diskutiert mit Expert*innen Auswege aus der Einwegflut und übergibt Forderungen an den Stadtrat

Mehrweg MUC, ein Projekt des Münchner Vereins rehab republic, richtete am 12.09.2025 eine Podiumsdiskussion für eine Mehrwegwende in München aus und überreichte ein 5-Punkte-Forderungspapier an die Stadt. Über die Frage „Von Verpackungssteuer bis Rückgabeinfrastruktur – was hilft wirklich gegen die Einwegflut?" diskutierten die Podiumsgäst*innen Sibylle Stöhr (Grüne) und Julia Schmitt-Thiel (SPD) als Vertreterinnen des Münchner Stadtrats, Verpackungssteuerexpertin Claudia Patzwahl (Stadt Tübingen), Gastronom Florian Högel (SIGGIS) sowie Mehrwegexpertin Vanessa Esslinger (ProjectTogether) mit dem interessierten Publikum.

Die anwesenden Stadträtinnen Julia Schmitt-Thiel und Sibylle Stöhr (Mitte v. l. n. r.) nahmen das Forderungspapier für eine Mehrwegwende entgegen. © Vanessa Tschapke
Münchens Müllturm
Anlass der Veranstaltung war das sich zuspitzende Müllproblem der bayerischen Landeshauptstadt: Verdeutlicht wurde dieses zum Auftakt anhand eines bildhaften Müllturms aus den 190 000 täglich in München anfallenden Einweg-Kaffeebechern, die sich bis über die Dächer der Stadt stapeln. Laut Mehrweg MUC brauche es einen Kurswechsel. Das Podium war geladen, um Maßnahmen zu diskutieren, die wirklich helfen, die sehr geringe Mehrwegnutzung in München deutlich zu steigern. Das Interesse der Münchner Stadtgesellschaft am Thema ist groß, wie die hohe Diskussionsbereitschaft zeigte.

Übergabe von fünf Forderungen an die Stadt
Den Auftakt der Veranstaltung bildete die offizielle Übergabe eines umfangreichen Forderungspapiers an den Stadtrat. Darin hatte der Verein im Vorfeld fünf konkrete Forderungen für eine Mehrwegwende in München formuliert, die bereits von zahlreichen lokalen und überregionalen Initiativen mitgezeichnet wurden. Neben Kontrollen der Mehrwegangebotspflicht und dem Aufbau einer Mehrweginfrastruktur benennt dieses Papier insbesondere finanzielle Anreize als wichtige Hebel.

Finanzielle Mehrweganreize – die Verpackungssteuer ist noch nicht vom Tisch
So war der Eingangsbeitrag Claudia Patzwahls, die als Verpackungssteuer-Projektleiterin der Stadt Tübingen Erfahrungswerte aus erster Hand lieferte, ein gelungener Einstieg in ein kontroverses Kernthema. Aus ihrer Sicht sei die Einführung einer solchen Verbrauchssteuer nicht nur wegen der kommunalen Einnahmen, sondern besonders wegen ihrer Lenkungswirkung ein echter Katalysator gewesen. Die Veränderung sei im Stadtbild deutlich sichtbar. Dass der Freistaat die bayerische Landeshauptstadt dieser effektiven Maßnahme berauben will, ist aus Sicht von Mehrweg MUC daher ein herber Rückschlag, gegen den man sich wehren müsse. Münchens Recht auf kommunale Selbstverwaltung einzuklagen, wäre auch für Stadträtin Sibylle Stöhr ein gangbarer Weg. Auch alternative finanzielle Anreize wurden diskutiert: Gastronom Florian Högel erhebt sogar freiwillig einen Aufpreis auf Einwegverpackungen.

Bedarf an Kontrollen und Infrastruktur
Auch die weiteren Eckpfeiler des Forderungspapiers kamen im Verlauf der Podiumsdiskussion zur Sprache: So bestand unter den Podiumsgäst*innen Einigkeit, dass die Mehrwegangebotspflicht lückenhaft ist. Esslinger kritisierte die Beschränkung auf Kunststoffverpackungen, die zu unnachhaltigen Ausweichbewegungen führe, und Patzwahl nannte das Gesetz sogar einen „zahnlosen Tiger". Gleichzeitig wurden aus Högels gastronomischer Perspektive verstärkte Kontrollen zur besseren Umsetzung gefordert. Immer wieder wurde deutlich: Dafür braucht die Stadtverwaltung mehr Geld. Beim Thema Infrastruktur helfe den Betrieben laut Patzwahl die Unterstützung bei der Spüllogistik. Die Herausforderung der Rückgabe erledige sich mit steigender Anzahl der an Mehrwegsystemen teilnehmenden Betriebe von allein.

Wie geht es weiter?
Alle Podiumsgäst*innen wollen das Thema weitertragen. Die beiden Stadträt*innen können sich beispielsweise ein Mehrweggebot für Becher vorstellen. Ein für alle geltendes Gebot würde auch einer Wettbewerbsverzerrung, wie sie aktuell im Fall der Münchner Märkte kritisiert wird, positiv entgegenwirken. Somit wurden sogar Maßnahmen formuliert, die über die Forderungen von Mehrweg MUC hinausgehen. Dass den Worten jetzt Taten folgen müssten, wurde auch lautstark im Publikum geäußert. Den Fahrplan dafür hat Mehrweg MUC der Stadtpolitik in Form eines 5-Punkte-Papiers vorgelegt. Die Reaktion, auch der Bürgermeister, wird nun mit Spannung erwartet. Abschließend wurde ein optimistischer Blick in die Zukunft gewagt: „Vielleicht wurde mit der heutigen Diskussion der entscheidende Hebel gesetzt, um die Mehrwegwende in München anzustoßen", sagte der Moderator. Dann bliebe der anstrebenden Zero Waste City auch das unfreiwillige Wahrzeichen eines Müllturms erspart.

Das Forderungspapier ist unter mehrwegmuenchen.de/publikationen abrufbar.

Über den Veranstalter Mehrweg MUC
Als Projekt des gemeinnützigen Vereins rehab republic e. V. verfolgt Mehrweg MUC das Ziel, eine hohe Mehrwegnutzungsquote zu erreichen, um den Einwegverpackungsmüll in Münchens Gastronomie und Einzelhandel zu reduzieren. Dafür setzt das Münchner Projekt auf die Unterstützung von Betrieben, die Aufklärung der Bürger*innen sowie die Stärkung des lokalen Mehrwegnetzwerks. Auf der eigens betriebenen Plattform mehrwegmuenchen.de sind weitere Informationen sowie kostenloses Hinweis- und Schulungsmaterial zu finden.

Kontakt: rehab republic e.V., Charlotte Lachmann und Pamela Flores | mehrweg@rehab-republic.de | www.mehrwegmuenchen.de



     
        
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