Sabine Rieth
Technik | Mobilität & Transport, 26.08.2025
KI als Schlüssel für nachhaltiges Mobilitätsmanagement
Innovative Ansätze für weniger Emissionen
Das Forschungsprojekt AIAMO entwickelt und erprobt zukunftsweisende Lösungen für das Mobilitätsmanagement in Städten und Kommunen. Zwei Modellregionen – Leipzig und Landau in der Pfalz – zeigen exemplarisch, wie KI-basierte Steuerungssysteme Verkehrsflüsse optimieren, Emissionen senken und den Mobilitätswandel konkret unterstützen können.
Städte und Kommunen stehen beim Mobilitätsmanagement vor einem doppelten Dilemma: Einerseits wachsen Wirtschaft und Bevölkerung, was zu mehr Verkehr und höheren Emissionen führt. Andererseits steigen die Anforderungen an Luftqualität, Klimaschutz und Lebensqualität. Genau hier setzt das vom ehemaligen Bundesministerium für Digitales und Verkehr geförderte Forschungprojekt AIAMO an. Der Name steht für „Artificial Intelligence And MObility" – und für die Vision, künstliche Intelligenz gezielt für lebenswertere Städte einzusetzen.Das durch ITS Germany e.V. geführte Konsortium entwickelt innovative Lösungen, die urbane und ländlich geprägte Mobilitätsbedürfnisse gleichermaßen adressieren. Dem Konsortium gehören Partner aus Wissenschaft, Forschung und Industrie an: T-Systems, Theis Consult, Fraunhofer IML, Bosch, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Helmholtz Zentrum für Umweltforschung, highQ, FKFS, TEQYARD, Swarco sowie Schlothauer & Wauer.
Leipzig: Digitale Zwillinge für smarte Mobilität
Die sächsische Metropole Leipzig ist eine von 100 EU-Modellstädten für „klimaneutrale und smarte Städte". Sie steht exemplarisch für viele wachsende Großstädte in Europa: steigende Einwohnerzahlen, mehr Verkehr, höhere Luftbelastung. Die Stadt begegnet diesen Herausforderungen mit einer ambitionierten Digitalstrategie, die neue Technologien mit konkretem Nutzen für Bürger:innen verbindet.
AIAMO ist dabei ein zentraler Baustein: Im gesamten Stadtgebiet entsteht ein sensorbasiertes Umweltmessnetz mit rund 50 Stationen, das kontinuierlich Daten zur Luftqualität sammelt. Darüber hinaus erfasst die Stadt aktuelle Verkehrsdaten. All diese Echtzeitdaten werden durch KI-Modelle analysiert und fließen in die Entwicklung eines umweltsensitiven Mobilitätsmanagementsystems ein.
Ein digitales Abbild – der sog. digitale Zwilling – verknüpft die Daten aus Umwelt und Verkehr und hilft, Hotspots frühzeitig zu erkennen, Szenarien zu simulieren und dynamische Gegenmaßnahmen zu entwickeln. Wenn die Schadstoffkonzentrationen an bestimmten Orten steigen, soll das System automatisch reagieren und entsprechende Maßnahmen vorschlagen: etwa Tempolimits, Verkehrsumleitungen oder Hinweise auf umweltfreundliche Alternativen.
Der digitale Zwilling kombiniert dabei zwei Modelle – eines für Verkehr, eines für Umwelt – die miteinander gekoppelt werden, um Wechselwirkungen analysieren und steuern zu können. Damit schafft Leipzig eine innovative Grundlage für ein datenbasiertes, KI-gestütztes Mobilitätsmanagement, das flexibel und zukunftssicher ist.
Landau in der Pfalz: Smarte Ampeln für saubere Luft in der Mittelstadt
Landau in der Pfalz steht vor ganz anderen, aber nicht weniger komplexen Aufgaben: Als Mittelstadt mit rund 46.000 Einwohner:innen liegt sie in einer Region mit hohem Pendelverkehr. Täglich passieren etwa 37.000 Pendler:innen die Stadtgrenzen – was zu regelmäßigen Belastungsspitzen führt.Im Rahmen von AIAMO wird in Landau in der Pfalz ein intelligentes Verkehrssteuerungssystem erprobt, das mit Hilfe von KI die Ampelschaltungen an den Hauptverkehrsachsen optimiert. Ziel ist eine „dynamische grüne Welle", die unnötige Stopps vermeiden, den Verkehrsfluss verbessern und Emissionen reduzieren soll. Darüber hinaus kommen auch Vorhersagemodelle zum Einsatz, etwa zur Steuerung eines beschrankten Bahnübergangs, der bislang ein Engpass im Westen der Stadt war. Landau zeigt damit: Auch kleinere Kommunen können Vorreiter in Sachen KI-gestützter Nachhaltigkeit sein.
Technische Infrastruktur
Der AIAMOnexus liefert die technische Grundlage: Er besteht aus der Integrationszone sowie aus leistungsstarken AI Foundation Models. Die Integrationszone verknüpft die Mobilitäts- und Umweltdaten sicher, interoperabel und im Einklang mit allen rechtlichen Vorschriften wie DSGVO, AI Act und Data Act.
Die AI Foundation Models ermöglichen, die Daten für innovative KI-Anwendungen und passgenaue Mobilitätslösungen wie digitale Zwillinge oder szenarienbasierte Steuerungsstrategien nutzbar zu machen. Damit bildet der AIAMOnexus das Rückgrat eines intelligenten, skalierbaren und praxisnahen Mobilitätsmanagements.
AIAMO ist zudem modular und übertragbar. Ein zentrales Element ist dafür das Entwickler-Framework editionAIAMO: Es bietet Zugang zu kuratierten, interoperablen Daten sowie zu leistungsstarken AI Foundation Models als Grundlage für Innovationen, neue digitale Services und Geschäftsmodelle – interessant auch für Verkehrsbetriebe und Wirtschaft.
Social Mobility: Gemeinwohlorientiert und intermodal
Neben der technischen Infrastruktur spielt auch die soziale Dimension eine wichtige Rolle bei AIAMO. Social Mobility ermöglicht soziale Teilhabe, Umweltgerechtigkeit und gemeinwohlorientierte Mobilitätsangebote. Mit der MobilitySuite und der App editionAIAMO des AIAMO Projektpartners highQ entsteht eine Plattform, die multimodale, barrierefreie und personalisierte Routenplanung ermöglicht – über alle Verkehrsträger hinweg.
Die App erkennt das Mobilitätsverhalten der Nutzenden automatisch, schlägt nachhaltige Alternativen vor und belohnt umweltfreundliches Verhalten mit einem Anreizsystem. Durch Funktionen wie Echtzeitinformationen, barrierefreie Wegeführung und Sicherheitsfeatures profitieren besonders schutzbedürftige Gruppen wie Kinder, ältere Menschen oder Personen mit Mobilitätseinschränkungen.
Fazit: KI ermöglicht die Mobilität der Zukunft
AIAMO zeigt, wie technologische Innovation, soziale Verantwortung und klare Nachhaltigkeitsziele miteinander vereinbar sind. Ob Großstadt oder Mittelzentrum: Mit Hilfe von KI lassen sich Verkehrsflüsse vorausschauend steuern, Emissionen reduzieren, Barrieren abbauen und Mobilität ganzheitlich gestalten.
AIAMO steht für einen übertragbaren, datenbasierten Lösungsrahmen, der digitale Zwillinge, künstliche Intelligenz und soziale Innovation in ein intelligentes Gesamtsystem für umweltfreundliches Mobilitätsmanagement integriert. Es bietet einen konkreten, praxiserprobten Beitrag zur digitalen und nachhaltigen Transformation des Verkehrssektors – und damit zur Gestaltung zukunftsfähiger Mobilität für Menschen und Umwelt.
Mit AIAMO können Städte und Kommunen Mobilität effizient, sozial und umweltfreundlich gestalten, den CO2-Ausstoß minimieren und so die Lebensqualität der Bürger:innen verbessern.
Sabine Rieth ist bei ITS Germany e.V. im Rahmen des Forschungsprojekts AIAMO verantwortlich für Transfer und Öffentlichkeitsarbeit. Sie ist Expertin für strategische Kommunikation, Projektmanagement und Wissenstransfer an der Schnittstelle von Mobilität, Digitalisierung und Nachhaltigkeit.
Quelle: BAUM e.V. - Netzwerk für nachhaltiges Wirtschaften
Dieser Artikel ist in forum 04/2025 - Zukunft gestalten erschienen.
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