Transparency Deutschland verlässt Textilbündnis

Korruptionsbekämpfung wird nicht mehr als Querschnittsaufgabe berücksichtigt

Die Antikorruptionsorganisation Transparency Deutschland zieht Konsequenzen aus der Neuausrichtung des Bündnisses für nachhaltige Textilien und verlässt die Initiative. Der Steuerungskreis des Textilbündnisses hat am 22. September 2022 das Konzept "Bündnis 2023" verabschiedet, das die künftige Arbeit auf vier Fokusthemen konzentriert. Darin fehlen korruptions- und integritätsbezogene Sorgfaltspflichten gänzlich. Auf dieser Basis kann das Textilbündnis nicht mehr als Impulsgeber für eine ambitionierte Weiterentwicklung von Sorgfaltspflichten agieren. 

© NaZemi, CC BY-SA 3.0Dazu Dr. Christa Dürr, Expertin für Lieferketten von Transparency Deutschland: "Es ist schade, dass wir als Gründungsmitglied des Textilbündnisses die Entscheidung treffen müssen, dieses zu verlassen. Doch auf Grundlage des neuen Konzepts bleibt uns keine andere Möglichkeit. Korruption ist ein entscheidendes Problem, das zu Menschenrechtsverletzungen und Umweltverstößen führt. Das Textilbündnis hat einen falschen Weg eingeschlagen, wenn Korruption nicht mehr als Querschnittsaufgabe berücksichtigt wird, denn das schadet der Erreichung der Ziele des Bündnisses. Leider ist die Entwicklung des Textilbündnisses in diese Richtung enttäuschend und für uns als Antikorruptionsorganisation unzureichend." 

De Missachtung von Arbeitsschutzvorschriften, das Umgehen von Mindestlöhnen, das Wegsehen von Kontrollbehörden - all das wird überhaupt erst durch die Bestechung von Amtsträgern möglich. Deswegen kann es ohne die Eindämmung von Korruption im internationalen Handel auch keine sauberen Lieferketten geben. Laut des neuen Vorhabens genügt für den Nachweis der Umsetzung der Sorgfaltspflichten im Textilbündnis künftig der Bericht an das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) oder Berichterstattung gemäß Anforderungen des Grünen Knopfes 2.0 (GK 2.0). Die BAFA-Prüfung umfasst gemäß des LkSG jedoch nur menschenrechts- und umweltbezogene Sorgfaltspflichtverletzungen, ohne korruptionsbezogene Sorgfaltspflichten mit einzubeziehen. Dadurch ist eine Vergleichbarkeit und transparente Bewertung der Fortschritte der Unternehmen nicht mehr gegeben. 

Dr. Christa Dürr kritisiert: "Gerade jetzt, wo das Lieferkettengesetz Korruption nicht mit einbezieht, wären verstärkte Bemühungen zur Korruptionsbekämpfung und Lösungsansätze im Textilbündnis als Vorreiter dringend erforderlich. Der jüngste Bericht "Exporting Corruption 2022" von Transparency International zeigt, dass die Verfolgung von Auslandsbestechung global seit 2009 noch nie auf einem niedrigeren Niveau war. Dabei hat sich Deutschland mit der Agenda 2030 im SDG 16.5 dazu verpflichtet, Korruption in all seinen Formen zurückzudrängen. Das ist offensichtlich noch nicht gelungen, weil Teile der Industrie und der Politik die Problematik nicht ernst nehmen wollen. Weltweit wird auf den verschiedensten Ebenen eine Sorgfaltspflicht zur Korruptionsbekämpfung gefordert. Wenn jetzt im Textilbündnis anders agiert wird, kann Transparency Deutschland diesen Weg nicht mittragen." 

Hintergrund 
Am 16. Oktober 2014 wurde das Textilbündnis durch den damaligen Bundesentwicklungsminister Gerd Müller als Reaktion auf den Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch ins Leben gerufen. Korruption hatte beim Einsturz eine Rolle gespielt. Transparency Deutschland war Gründungsmitglied und setzte sich seither in dieser Multi-Stakeholder-Initiative für Korruptionsbekämpfung und -prävention bei der Umsetzung sozialer und ökologischer Ziele ein. 

Weiterführende Informationen

Kontakt:  Transparency Deutschland, Dr. Christa Dürr | presse@transparency.de | transparency.de


     
        
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