Mit Cradle to Cradle gesunde und kreislauffähige Innenräume gestalten
C2C Fachforum Raumkonzepte
90 % unserer Zeit verbringen wir in Innenräumen – Zeit, die wir in einer gesunden und ansprechenden Umgebung verbringen möchten. Doch unsere Innenarchitektur ist oft das Gegenteil davon: Teppiche und Textilien, die Mikroplastik und schädliche Chemikalien absondern, ungesunde Wandfarbe sowie Baumaterialien und Möbel, die nach der Nutzung direkt auf der Müllhalde landen. Dabei ist die Gestaltung und Qualität unserer Innenräume keine reine Ästhetikfrage, sondern kann ein ernstzunehmendes Gesundheitsrisiko darstellen: Allergien, Atemwegserkrankungen und Krebserkrankungen können durch schlechte Luftqualität in Innenräumen verursacht werden.
Doch es geht auch anders: Wie gesunde und kreislauffähige Innenräume nach Cradle to Cradle (C2C) aussehen können, wurde beim "C2C Fachforum: Raumkonzepte – Innovatives Produktdesign und Innenarchitektur nach Cradle to Cradle” am 22. September 2022 diskutiert. An der Fachveranstaltung nahmen rund 70 Personen vor Ort im C2C LAB in Berlin und digital teil.
Dass eine gesunde Raumgestaltung möglich ist, konnten die Teilnehmenden am Veranstaltungsort zum Anfassen erleben: Das C2C LAB wurde nach C2C-Kriterien saniert und dient als Bildungszentrum, NGO Head Office und Reallabor. "Mit unserem C2C LAB zeigen wir, wie Cradle to Cradle auch im Bestand umgesetzt werden kann. So können wir gesunde Innenräume schaffen und bieten einen gesunden Arbeits- und Veranstaltungsort”, so Tim Janßen, geschäftsführender Vorstand C2C NGO.
Den Anfang des Fachforums machte Prof. Tina Kammer, Dipl. Ing. Architektin bei InteriorPark. Sie betonte, dass wir alle auf eine gute, gesunde Innenraumluft angewiesen sind. Kammer brachte drei Projektbeispiele aus der Praxis mit, die zeigen, wie Bestandsobjekte ressourcenfreundlich saniert werden können. Dafür braucht es nicht zwangsläufig neue Baustoffe, stattdessen können bereits vorhandene Materialien kreativ eingesetzt werden. Bei solchen einzelnen Beispielen dürfe es aber nicht bleiben, forderte Kammer: "Wir haben genug Leuchtturmprojekte. Jetzt müssen wir sie in den Mainstream bringen.”
Von Leuchturmprojekten in die Praxis ging es direkt im nächsten Input des Abends: Jürgen Jordan, Leiter Consulting und Architektenberatung bei WINI Büromöbel, stellte den C2C-Sessel vor, den WINI gemeinsam mit Partnern aus dem Netzwerk der C2C NGO (HPP Architekten, Derix-Gruppe, JAB Anstoetz und PNZ) für das jüngste Transformationsprojekt von C2C NGO, Labor Tempelhof, entworfen hatte. Der Sessel wurde aus Abfallholz aus dem Massivholz-Hochbau gefertigt und mit C2C-Stoff bezogen. "Man muss flexibel sein und in Netzwerken denken. So können aus Wettbewerbern Lieferanten werden und wir haben plötzlich Materialien zur Verfügung, die wir vorher nicht beachtet haben”, erzählte Jordan von der Umsetzung.
Im darauf folgenden Panel diskutierten die Dipl. Innenarchitektin und Strategische Planerin bei Haworth Inc., Julia Sickermann, Sven Urselmann, Inhaber von Urselmann Interior, sowie Martin Wirz, Geschäftsführer der Wohngesundheitsplattform Gesünder Wohnen über die Herausforderungen in der Planung und Umsetzung von kreislauffähigen Lösungen in der Innenarchitektur. Sickermann berichtete, dass die Nachfragen von Kund*innen nach zirkulären Lösungen da sei. Jedoch fehle noch das nötige Wissen bei der Umsetzung. "Es gibt ein diffuses Bewusstsein für C2C und Nachhaltigkeit, aber nur wenige Kund*innen sind sich bewusst, wie der Prozess dahin aussieht. Da müssen wir noch viel Aufklärungsarbeit leisten”, gab sie zu Bedenken.
Sven Urselmann forderte mutige Lösungen von allen Beteiligten – auch Mut zur Zusammenarbeit. Eine Ellenbogenmentalität sei bei der Umsetzung zukunftsfähiger Innovationen fehl am Platz, zielführender sei es, zu kooperieren und dabei alle Beteiligten an Bau- und Ausbauprojekten mitzunehmen, so Urselmann. Eine besondere Rolle sieht er im Handwerk: Cradle to Cradle ließe sich für Handwerker*innen verhältnismäßig leicht umsetzen, die Motivation dazu sei seiner Erfahrung nach ebenfalls vorhanden. "Handwerker*innen haben Lust darauf, mit guten, gesunden Materialien zu arbeiten”, sagte Urselmann.
Martin Wirz sieht ein fehlendes Problembewusstsein bei Architekt*innen für die in vielen Baustoffen für Innenräume enthaltenen Schadstoffe als größte Herausforderung für die Umsetzung materialgesunder und kreislauffähiger Räume. Die steigende Nachfrage nach Produkten wie Pflanzenwänden sei allerdings ein positives Zeichen. "C2C ist für die Probleme, die wir vor der Haustür haben, ein super Lösungsansatz, gerade für die Baubranche”, hob Wirz den C2C-Ansatz hervor.
Wer das Fachforum verpasst hat, findet hier die Aufzeichnung der Veranstaltung. Mehr Informationen zu C2C im Büro gibt es hier.
Wirtschaft | Green Events, 23.09.2022
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