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Gesellschaft | Politik, 25.07.2022

Wir brauchen keine Beschwichtigungen…, sondern wollen, dass uns reiner Wein eingeschenkt wird

Der aktuelle Kommentar von Fritz Lietsch

Die Party ist vorbei! Das ist vielleicht das falsche Bild, denn nicht die Party ist vorbei, sondern die sinnlose Verschwendung von Ressourcen, Steuergeldern, Energie, Lebenszeit und falsch verstandenem Wohlstand. Und da wirkt es geradezu fatal, wenn sich Politiker beim Volk einschmeicheln – zum Beispiel mit Treibstoff- und Energiegutscheinen für alle. Damit auch diejenigen weiterhin mit ihren SUVs aus den Nobelvororten bequem in die Innenstädte fahren und sich über Staus aufregen können, die eigentlich keine Unterstützung bräuchten und sich locker auch die doppelten Spritpreis leisten könnten.

The Party is over. © Matheus Frade, unsplash.comThe Party is over. © Matheus Frade, unsplash.com
Oder eine Mehrwertsteuersenkung für Lebensmittel – auch wieder wirksam für alle. Damit wir weiterhin an unserem Übergewicht arbeiten, über zu viele Pfunde auf den Rippen klagen und ungehemmt Lebensmittel wegwerfen können.  Denken Sie dabei nur an das Buffet bei ihrem letzten Konferenzbesuch…

Und Herr Söder setzt noch eines drauf und fordert, dass der verminderte Mehrwertsteuersatz nicht nur für Gemüse oder Grundnahrungsmittel, sondern natürlich auch für Fleisch gelten muss…

Ja Herrgott, wo sind wir denn?
Sind das die Maßnahmen, die zu mehr Klimaschutz führen, unsere grandiose Lebensmittelverschwendung und die Massentierhaltung endlich reduzieren und unsere Misswirtschaft und unser Fehlverhalten endlich auch über den Preis umsteuern? Sicherlich nicht. Das sind ausschließlich Maßnahmen, um das Wahlvolk einzulullen und für sich zu gewinnen. Denn eigentlich sollte man nur den wirklich Bedürftigen unter die Arme greifen. Genau jenen, die durch Misswirtschaft, falschen Versprechungen und Inflation in eine existentielle Schieflage geraten.  

Apropos Inflation
Genau diese wird massiv angeheizt durch all diese kleinen und großen Geschenke und die damit verbundene Ausweitung der Geldmenge. 100 Milliarden hier und 400 Milliarden dort – wie schön ist es doch, Geld auszugeben, dass man nicht verdienen muss. Und so mutet es geradezu seltsam an, dass etwa Mercedes ein Rekordergebnis für 2021 ausweist, während die Gemeinschaft gleichzeitig Milliarden für die Kurzarbeit aufgebracht hat…

Zurück zum Populismus: Der Hallenbad-Lockdown
„Wir sind gegen die erneute Schließung der Hallenbäder wegen einer möglichen Gasmangellage im Herbst", so Hans-Peter Hörner MdL, der sportpolitische Sprecher der AfD-Landtagsfraktion. Der Anlass der Aufregung von Hörner: Ministerpräsident Winfried Kretschmann hatte gesagt, dass er „notfalls auch Spaß- und Hallenbäder schließen lassen" wolle. Hörners Retourkutsche im genauen Wortlaut: „Die Grünen übersehen dabei, dass es sich bei Kinderschwimmkursen nicht um eine verzichtbare Aktivität im Spaßbad geht, sondern um das Lernen einer lebenswichtigen Grundfertigkeit. Nach zweieinhalb Jahren voller Corona-Lockdowns muss das Thema Priorität vor dem Energiesparen haben. Sonst wächst eine ganze Generation von Nichtschwimmern heran, und wir bekommen einen drastischen Anstieg an Badetoten."
 
Ja sind wir denn noch zu retten?
Während Bäckereien sich Sorgen machen, ob es im Winter genug Gas für die Backöfen gibt, befürchtet ein populistischer Politiker Badetote…
 
Dem sei hinzugefügt, dass wir das Schwimmen einfach im Sommer von Freunden gelernt bekamen und dass dafür der Teich oder See in der Nähe ausgereicht hat. Frei-, Fahrten- und Leistungsschwimmer eingeschlossen.
 
Doch auch in anderen Bereichen ist die Augenwischerei an der Tagesordnung: So werden Wasserstoff und E-Fuels als die große Zukunftslösung hingestellt ohne saubere Zahlen zu präsentieren, wie viel Strom nötig ist um diese und auch die SAFs (Sustainable Aviation Fuels) zu produzieren. Aber diesen Strom soll es zukünftig ja unbegrenzt in Afrika und Südamerika geben und man muss das Zeug dann nur noch zu uns schippern. Problem gelöst und dem ungezügelten Verkehr im Verbrenner oder im Düsenflugzeug sind erneut keine Grenzen mehr gesetzt. Auch bei uns soll die Photovoltaik plötzlich alles richten ohne dabei die Dunkelflauten ins Visier zu nehmen. Hauptsache wir sind alle beruhigt und machen weiter wie bisher. Wohlstand und Wachstum für alle – oder doch nicht alle?
 
Deshalb: Wir wollen keine populistischen Schattenkämpfe und mediengerechtes Geschacher wie etwa Atomkraft gegen Tempolimit, sondern entschlossene Politiker, die über Parteigrenzen hinweg und im Schulterschluss mit der Wirtschaft und der Bevölkerung den Weg der großen Transformation einschlagen.
 
Fritz Lietsch © Manor LuxFritz Lietsch © Manor Lux
Dafür braucht es Mut und die Bereitschaft für Experimente und entschlossenes Handeln. Kein Entweder-oder sondern ein Sowohl-als-auch: Da brauchen wir sowohl die E-Mobilität, wie auch E-Fuels und Wasserstoff, sowohl die Bereitschaft zur Einschränkung und Veränderung wie auch einen Paradigmenwandel und das Abschneiden alter Zöpfe. Lassen Sie uns gemeinsam konzentriert und ohne Populismus, Greenwashing und Medienwirbel die bereits vorhandenen Lösungen umsetzen, Innovationsgeist fördern, einem Bewusstseinswandel den Weg ebnen und einfach auch bereit sein, eine andere Party zu feiern. Eine Party, die auf Freude statt Konsum setzt, auf Solidarität statt Protz, auf Gemeinschaft statt Ego.
 
Damit verschließen wir den Populisten die Türe, denn schon einmal haben falsche Versprechungen einen ganzen Kontinent, ja die ganze Welt in ein menschenmordendes Chaos verwandelt.   

Fritz Lietsch ist Diplom-Kaufmann, hat BWL und Werbepsychologie studiert und ist Chefredakteur von forum Nachhaltig Wirtschaften.
Unter "Der aktuelle Kommentar" stellen wir die Meinung engagierter Zeitgenossen vor und möchten damit unserer Rolle als forum zur gewaltfreien Begegnung unterschiedlicher Meinungen gerecht werden. Die Kommentare spiegeln deshalb nicht zwingend die Meinung der Redaktion wider, sondern laden ein zur Diskussion, Meinungsbildung und persönlichem Engagement. Wenn auch Sie einen Kommentar einbringen oder erwidern wollen, schreiben Sie an Alrun Vogt: a.vogt@forum-csr.net


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