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Lennart Zech

Mit Teebeuteln den Bodenzustand erforschen

Luise Ohmann, Bodenforscherin am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung, im forum-Interview

In der Print-Ausgabe vom forum Nachhaltig Wirtschaften 1/2021 haben wir in unserem Schwerpunkt weitere spannende Artikel zum Thema Boden. Am besten gleich bestellen.

Im April startet die bundesweite Citizen-Science-Aktion „Expedition Erdreich" des Bundesforschungsministeriums zur Erforschung des Bodenzustands in Deutschland. Mehr als 3.000 interessierte Bürgerinnen und Bürger bundesweit haben sich dafür angemeldet und werden so im Frühjahr selbst zu Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. 

Frau Ohmann, was ist „Citizen-Science"?

Bodenforscherin Luise Ohmann im Interview. © Luise OhmannBodenforscherin Luise Ohmann im Interview. © Luise Ohmann
Citizen-Science heißt übersetzt Bürgerwissenschaften. Bei einer solchen Aktion forschen interessierte Bürgerinnen und Bürger zusammen mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, indem sie zum Beispiel Beobachtungen, Zählungen und Messungen in ihrem Umfeld vornehmen oder Daten auswerten. Es ist eine tolle Methode, um Wissenschaft zugänglicher und greifbarer für alle zu machen und den Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft zu fördern. Gleichzeitig profitiert die Forschung von den Daten und den Erkenntnissen der Bürgerforschenden.

Wie läuft die Aktion ab?
Für die Aktion Expedition Erdreich haben sich bundesweit mehr als 3.000 Interessierte angemeldet, die sich ab April im gesamten Bundesgebiet an die Erforschung von Böden machen. Alle Teilnehmenden erhalten von uns ein Aktions-Kit, in dem sich neben den zwölf Teebeuteln auch pH-Teststreifen, eine kleine Schaufel, Probenbehälter und eine Anleitung befinden. Mit diesen Utensilien führen sie die Versuche an zwei möglichst unterschiedlichen Standorten durch und übermitteln uns zum Aktionsschluss ihre Ergebnisse. Über die Projektwebseite bekommen alle Teilnehmenden dann eine Auswertung ihrer Daten und sie können die eigenen Ergebnisse mit denen anderer vergleichen.

Können Sie uns diese Versuche näherbringen?
Die Teebeutel werden für drei Monate vergraben und so der Zersetzung durch Mikroorganismen wie Bakterien und Pilze im Boden ausgesetzt, bevor sie wieder ausgegraben werden. Anhand des Gewichtsverlusts der Teebeutel kann man Rückschlüsse auf die Aktivität der Bodenorganismen ziehen. Dieser Versuch basiert auf dem sogenannten Tea-Bag-Index, bei dem gemessen wird, wie schnell abgestorbenes Material im Boden zersetzt wird. Zusätzlich können Teilnehmende mit dem Aktions-Kit weitere Bodeneigenschaften, wie den pH-Wert, die Bodenart oder die Durchwurzelung des Bodens, ermitteln. Da sich die verschiedenen Bodeneigenschaften untereinander stark beeinflussen, lässt erst die Kombination der Ergebnisse eine Beurteilung des Bodens zu. Mit all diesen Ergebnissen erhalten wir einen Eindruck vom Bodenzustand in Deutschland.

Was geschieht mit den Ergebnissen?
Alle erhobenen Daten werden über die Webseite www.expedition-erdreich.de an uns übermittelt. Anschließend werden sie von uns wissenschaftlich aufbereitet, bereinigt und ausgewertet. Die gesammelten Daten fließen dann zum Beispiel in das Projekt „Boden als nachhaltige Ressource für die Bioökonomie" (BonaRes) ein, das ebenfalls wissenschaftlicher Partner der Expedition Erdreich ist. Später stellen wir alle Datensätze „open access", also kostenlos, für die Forschung zur Verfügung. Die Ergebnisse des Tea-Bag-Index fließen später in das europäische Projekt „teatimes4science" ein und helfen dort bei der Verbesserung von Klimamodellen. Die Ergebnisse können dazu beitragen, Strategien zu entwickeln, wie unsere Böden noch nachhaltiger genutzt werden können. 

Was ist das Ziel von Expedition Erdreich?
Wir möchten Bürgerinnen und Bürgern ganz allgemein die Bedeutung von gesunden und fruchtbaren Böden näherbringen. Denn Böden sind nicht nur Lebensraum für Tiere und Pflanzen, sondern bilden auch die Grundlage für die Produktion von Nahrungs- und Futtermitteln sowie nachwachsenden Rohstoffen. Zudem speichern sie Kohlenstoff und spielen daher auch eine wichtige Rolle beim Klimaschutz. Um unsere Böden mit all ihren Funktionen bestmöglich und vor allem nachhaltig nutzen zu können, müssen wir verstehen, wie es heute um sie bestellt ist – dabei können die gewonnenen Daten der Bürgerwissenschaftler*innen eine große Hilfe sein. 

Eine letzte Frage: Was hat es mit dem Wissenschaftsjahr 2020/2021 auf sich?
Das Wissenschaftsjahr 2020|21 – Bioökonomie widmet sich der Frage, wie wir nachhaltiger leben, Ressourcen schonen und gleichzeitig unseren hohen Lebensstandard erhalten können. Im Rahmen des diesjährigen Wissenschaftsjahres findet Expedition Erdreich statt, eine bundesweite Citizen-Science-Aktion zum Thema Bodengesundheit. Grundlage für die Aktion ist der sogenannte Tea-Bag-Index, der die Zersetzungsrate im Boden beschreibt. 

Vielen Dank für das spannende Gespräch!

Luise Ohmann ist Bodenforscherin am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Halle/Saale, die gemeinsam mit ihrem Team die Aktion Expedition Erdreich begleitet.


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