Lifestyle | Geld & Investment, 04.12.2019
Kooperation und Kapital
Interview mit Mag. Markus Zeilinger, Vorstandsmitglied des Forums Nachaltige Geldanlagen (FNG)
Ganz im Sinne von SDG 17 – Partnerschaften für nachhaltige Entwicklung – bringt der Gründer und Vorstandsvorsitzende der fair-finance Vorsorgekasse, Mag. Markus Zeilinger, Expertise aus Österreich ins Forum Nachhaltige Geldanlagen ein.
Herr Zeilinger, Sie wurden soeben in den Vorstand des Forums Nach- haltige Geldanlagen (FNG) berufen. Welche Rolle spielt das FNG in Österreich?
Das FNG ist als spezifische Interessenvertretung und Plattform vor allem in Deutschland aktiv und bekannt. Für die 12 österreichischen Mitglieder des FNG bedeutet die Mitgliedschaft vor allem Zugang zu Informationen und die Möglichkeit zum Austausch. In vielerlei Hinsicht ist Deutschland auch näher an der EU, die ja aktuell eine hohe Dynamik bei Sustainable Finance zeigt und zukünftig das Regelwerk bestimmen wird. Da auch die Finanzmärkte global sind und das Klima keine Grenzen kennt, macht ein Engagement von Österreichern im FNG damit Sinn. Ich gehe deshalb davon aus, dass Bedeutung und Mitgliederstärke des FNG in Österreich deutlich steigen werden, nicht nur weil Nachhaltigkeit, ESG und Green Finance im Trend liegen, sondern auch weil es keine vergleichbare österreichische Plattform gibt. Auch die Bedeutung des FNG-Siegels als Qualitätsstandard für Fonds steigt und das Österreichische Umweltzeichen für Finanzprodukte, welches zwar eine Pionierrolle innehatte, muss nun aufpassen, dass es neben den kommenden Zertifizierungssystemen in den großen EU-Ländern wie eben Deutschland oder auch Frankreich bestehen kann.
Welche Aspekte möchten Sie in das Forum hineintragen oder verstärken?
Das FNG-Team, die Geschäftsführerinnen und der Vorstand rund um Volker Weber, der das FNG ambitioniert und engagiert vertritt, macht seine Arbeit ausgezeichnet. Ich freue mich darauf, mitarbeiten und unserer Erfahrungen einbringen zu dürfen. Da wir mit fair-finance einerseits institutioneller Investor, aber auch Anbieter von nachhaltigen Immobilien und nachhaltigen Fonds sind, verstehen wir beide Seiten sehr gut. Ich werde mich also auf jene Themen und Assetklassen fokussieren, in denen wir Expertise und Vorreiterstellung haben. Das ist vor allem der Bereich der Impactinvestments – wenn also neues, frisches Geld zur Lösung gesellschaftlicher Probleme eingesetzt wird, ohne dabei die Rendite aus den Augen zu lassen. Neben nachhaltiger Immobilienentwicklung ist dies bei Mikrofinanz und nachhaltigen Investments in Privat Debt und Privat Equity der Fall.
Und dann möchte ich noch zur Mitgliedergewinnung des FNG beitragen – denn je größer die Plattform ist, desto stärker sind Wirkung und Einfluss. Dies gilt zunächst einmal für die Anzahl der Personen und Institutionen, aber umso mehr für die Assets under Management.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft der nachhaltigen Geldanlage?
Die Entwicklung der letzten Jahre ist sehr erfreulich. Die Titelselektion unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien ist heute im Mainstream angekommen. Ihr positiver Einfluss auf Ertrag und Risiko wird von kaum jemandem mehr bezweifelt. Die Datenlage für die Anwendung von ESG-Kriterien – für Ausschlüsse, Best in Class oder das CO2-Exposure – hat sich auch in Bezug auf Verfügbarkeit, Tiefe und Transparenz massiv verbessert. Der Aktionsplan der EU wird die Freiwilligkeit in vielen Bereichen beenden und Rahmenbedingungen schaffen, sodass ein weiteres starkes Wachstum unausweichlich ist. Das ist sehr erfreulich, und ich hoffe, dass Nachhaltigkeitskennzahlen zu Titeln, Emittenten oder Fonds bald so selbstverständlich sein werden wie Rendite oder Risikokennzahlen.
Ich habe aber auch etwas Sorge, dass sich ein niederschwelliger Standard durchsetzen könnte, dass also „ein wenig nachhaltig" schon genug sein könnte. Das wäre fatal, denn Kapital bewegt und verändert die Welt viel schneller als dies einzelne, gutgemeinte Initiativen tun können. Impactinvestments, auch wenn sie nicht in regulatorische Schubladen passen, müssen gefördert werden. Das Ziel, einen Beitrag zur Verbesserung von Lebenschancen zu leisten, muss im Vordergrund stehen. Ich wünsche mir von Investoren und Anlegern, dass sie nicht nur das Erreichen von Zielen, Standards oder sogar Auszeichnungen anstreben, sondern nach deren Weiterentwicklung und Übererfüllung trachten.
Welche Aktivitäten ergreift fair-finance dazu?
fair-finance ist ein stakeholder-getriebenes Unternehmen, das sich an der Wirkung orientiert. Das bedeutet, dass für uns die Dimension Nachhaltigkeit ein eigenes, selbstständiges Ziel neben Rendite, Risiko und Liquidität ist, das unabhängig, aber interdependent angestrebt wird. Wir versuchen den bestmöglichen Beitrag zum Erhalt oder der Verbesserung der Lebensgrundlagen zukünftiger Generationen zu leisten, indem wir unser gesamtes Kapital sinnstiftend einsetzen. Zunehmend in Impactinvestments, deren Anteil wir von aktuell rund 35 Prozent des Portfolios gerne erhöhen würden. Dies scheitert aber an den aufsichtsrechtlichen Vorgaben. Begonnen haben wir mit Mikrofinanzierung, wofür wir auch ein eigenes Bewertungsmodell einsetzen. Im heurigen Sommer haben wir unseren Social Entrepreneurship-Fonds gestartet, der Eigenkapital für das Wachstum von Unternehmen zur Verfügung stellt, die neben dem wirtschaftlichen Erfolg einen signifikanten gesellschaftlichen Beitrag leisten. Und wir investieren in Wohnimmobilien, die leistbar sind und definierte Mindestkriterien erfüllen. Darunter sind neben klimarelevanten Punkten auch ethische Kriterien, wie die Mieterstruktur oder Governance zu finden. Und schließlich investieren wir in Themenfonds, wie Aufforstung, Alternative Energiespeicher oder Pflegeimmobilien.
Die Impactinvestments werden einer individuellen Due Diligence unterzogen und die über 1.300 Titel lässt unsere Nachhaltigkeitsexpertin, Frau DI Mag.a Schwaiger, quartalsweise hinsichtlich der Einhaltung unserer Richtlinie überprüfen. Dazu bedienen wir uns der Research-Agentur TVG The Value Group in München. Hinsichtlich der Selektionskriterien arbeiten wir an einem eigenen Scoring-Modell. Und auch den CO2-Footprint unseres Portfolios werden wir weiter senken und auf möglichst alle Assetklassen erweitern.
Herr Zeilinger, wir danken für das Gespräch.
Dieser Artikel ist in forum 04/2019 - Food for Future erschienen.
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