Gesellschaft | Green Cities, 01.12.2018
Ein Leuchtturm
Das Quartier der Zukunft in Graz
Ein Hochhaus mit 60 Metern Höhe, modernster Technik und 16 Millionen Euro teuer, fungiert als Flaggschiff eines Hightech-Stadtviertels in Graz, das den Weg zu einer zukünftigen Smart City weisen soll.
Das Besondere am Grazer Leuchtturm: Er ist verkleidet mit „Energieglas". Dabei handelt es sich um spezielle Gläser mit eingebauten „Grätzel-Zellen" – transparente, rötlich braune Glasscheiben, die Strom in einem Prozess, ähnlich der Photosynthese bei Pflanzen, erzeugen können. Doch auch der Wind wird im Turm „angezapft": Eingebettet an der Dachkonstruktion sollen sich künftig spezielle Windturbinen nahezu lautlos drehen, während im Boden unter dem Science Tower eine Geothermie-Anlage 200 Meter in die Tiefe ragt. Sie wird das Gebäude im Winter heizen und im Sommer kühlen.Symbol des Fortschritts
Der markante Turm ist das Zentrum eines smarten Stadtteils. Dieses ist eingefasst in Alleen mit neu verlegten Straßenbahnschienen und bietet 3.500 Menschen Wohnung und über 1.000 einen Arbeitsplatz. Schulen, Nahversorger, ein Krankenhaus und ein großer Park in Gehweite bieten eine attraktive Infrastruktur für die Bewohner. Auf den Straßen Fahrräder, E-Bikes und nur wenige Autos, diese elektrisch betrieben und von den Anwohnerinnen und Anwohnern per Carsharing geteilt. Zukunftsmusik? All das soll auf dem riesigen Projektareal bald Realität werden, und die ehrgeizigen Innovationen treiben auch in luftiger Höhe ihre Blüten: Im 14. Stockwerk des Science Tower, auf Augenhöhe mit dem Grazer Uhrturm, sollen im Dachgarten schon bald Bananen gedeihen.
Der Science Tower kann Energie produzieren, speichern und je nach Bedarf abgeben. Nicht nur für seine Mieter – Unternehmen aus dem Bereich der Umwelttechnologie –, sondern auch für sämtliche Elektrofahrzeuge des Viertels. Damit wäre die Smart City nicht nur ein technologisches, sondern auch ein soziales Pilotprojekt, um zu zeigen, wie eine Sharing Economy in der Praxis funktionieren kann. Die Entwicklung und Umsetzung der „Smart City Graz" wird durch den österreichischen Klima- und Energiefonds in Kooperation mit dem Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) mit bis zu 4,2 Millionen Euro gefördert.
In der Europäischen Union entfallen rund die Hälfte des Endenergieverbrauchs auf Wärme, gefolgt von 32 Prozent, die den Transportsektor ausmachen, und 21 Prozent auf Elektrizität. Es ist zu erwarten, dass sich in Zukunft durch einen steigenden Anteil von Elektromobilität und die Elektrifizierung des Wärmesektors (Power to Heat) das Verhältnis in Richtung Elektrizität verschieben wird.
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Die Handlungsfelder im Bereich Bauen
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Das Ministerium konzentriert sich sehr stark auf urbane Ballungsräume, denn sie beherbergen die Mehrheit der europäischen Bevölkerung, sind Motor der wirtschaftlichen Entwicklung und zugleich Verursacher des Großteils an Energieverbrauch und Emissionsausstoß. Innerhalb des Systems „Stadt" bildet der Gebäudesektor nach wie vor einen der zentralen Ansatzpunkte in Energieszenarien und weist angesichts internationaler energie- und klimapolitischer Zielsetzungen die größten Potenziale zur Verbesserung der Energieeffizienz und der Reduktion treibhausgasrelevanter Emissionen auf. Deshalb reicht es nicht, wenn nur neue Stadtteile die Zukunft weisen. Auch Innovationen im Bereich der Sanierung des Gebäudebestandes müssen für höhere Energieeffizienz, Kosteneffizienz, Leistbarkeit, Komfort und Hygiene sorgen. Dies kann durch vorgefertigte Fassadensysteme, Lösungen zur energieoptimierten Aufstockung und Nachverdichtung sowie durch Energieoptimierungsmodelle für Gebäude unter Denkmalschutz erfolgen. Die Reduktion des Heizöl- und Gasverbrauchs und ein Umstieg auf Erneuerbare ist hier ebenso angesagt wie die Nutzung regionaler Abwärme und die Entwicklung intelligenter (smarter) stromgeführter Wärmeerzeugungssysteme.
Quartierslösungen auch im Bestand
Die Multifunktionalität und stärkere Vernetzung von Gebäuden mit der sie versorgenden Infrastruktur, die dezentrale Energiespeicherung, die lokale Gewinnung erneuerbarer Energien und ein intelligentes Energiemanagement sind deshalb auch ein Gebot für bestehende Quartiere/Areale. Statt nur Einzelgebäude zu optimieren, müssen Synergien zwischen Gebäudeeinheiten genutzt, Investitionskosten gesenkt und die Energieeffizienz gesteigert werden. Gebäude und Quartiere werden vom Energieverbraucher zu dezentralen Kraftwerken und tragen zum lokalen Ausgleich der thermischen und elektrischen Energieprozesse (Erzeugung und Nachfrage) sektorübergreifend bei. Dies erfordert nicht zuletzt auch die Entwicklung und Erprobung integraler Planungswerkzeuge auf Quartiersebene, welche die unterschiedlichen Interessen und Lebenslagen der NutzerInnen berücksichtigen und in ganzheitlichen Quartierskonzepten (Neubau und Sanierung) koordinieren.
Bis 2050 soll mit diesen Maßnahmen der Gebäudebestand in Österreich, über den gesamten Lebenszyklus betrachtet, keine treibhausgasrelevanten Emissionen mehr aufweisen und energieeffizient klimaneutral betrieben werden. Es gibt also noch viel zu tun in der ambitionierten Alpenrepublik.
Von Fritz Lietsch
Dieser Beitrag ist mit der freundlichen Unterstützung des Österreichischen Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie entstanden. Entgeltliche Einschaltung. |
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 04/2018 - Frauen bewegen die Welt erschienen.
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