G20: Wirtschaft und Soziales gemeinsam denken
Forderungen der G20-Think-Tank-Gruppe
Die Vorsitzenden der G20-Think-Tank-Gruppe Think 20 haben heute in Berlin die Staats- und Regierungschefs der G20 aufgefordert, neben Wirtschaftswachstum und makroökonomischer Stabilität stärker soziale Bedürfnisse der Menschen sowie Umwelt- und Klimaschutz in den Mittelpunkt ihrer Agenda zu rücken. Zudem müsse der Gipfel ein Zeichen setzen, dass globale Probleme weiterhin multilateral koordiniert angegangen werden.
„Viele Menschen spüren, dass sich wirtschaftliches Wachstum und gesellschaftlicher Fortschritt entkoppelt haben. Darauf müssen die G20 reagieren, indem sie Menschen neben Wirtschaftswachstum auch Perspektiven für ein soziales Gedeihen eröffnen", sagte Dennis Snower, Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) in einem Pressegespräch.
Dirk Messner, Direktor des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik (DIE) in Bonn, sagte: „‘Our Country First‘-Ideologien untergraben die Grundlagen des Multilateralismus, ohne die eine eng vernetzte Weltwirtschaft nicht funktionieren kann. Es wäre wichtig, wenn beim G20-Gipfel deutlich würde, dass dies von den allermeisten G20Regierungschefs auch so gesehen wird."
Elementare Bedürfnisse der Menschen seien nicht nur ökonomischer Natur, betonten Snower und Messner. Bislang bedeutete Wirtschaftswachstum auch gleichzeitig sozialen Fortschritt. Doch in vielen G20-Staaten gehe das Wachstum des Gesamteinkommens einher mit wachsender Ungleichheit und stagnierenden Lebensstandards.
Die angekündigten Proteste am Rande des G20-Gipfels seien Ausdruck einer Unzufriedenheit mit dem Globalisierungsprozess in Industrie- und Schwellenländern. Es sei daher wichtig, dass Deutschland bei seinem G20-Vorsitz Prioritäten auch jenseits der wirtschaftlichen Belange setze und Themen wie Migration, Digitalisierung, Klimaschutz, die Entwicklung Afrikas und soziale Gerechtigkeit adressiere.
Dirk Messner, Direktor des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik (DIE):
Zur internationalen Klimapolitik:
„Die US-Regierung hat entschieden, das Klimaabkommen von Paris zu verlassen. Umso wichtiger ist es, dass die anderen G20-Staaten, wie viele US-Bundesstaaten, beim Klimaschutz voranschreiten und ihn als Modernisierungsprojekt der Weltwirtschaft nutzen."
Zur Agenda 2030:
„Die im Herbst 2015 von der Staatengemeinschaft verabschiedete Agenda 2030 ist ein Fahrplan für eine Globalisierung, die Armut und Ungleichheiten bekämpft und dabei die Grenzen des Planeten berücksichtigt. Deutschland hat eine anspruchsvolle Strategie vorgelegt, um in diese Richtung zu gehen. Ein deutsch-französisches Tandem könnte in der G20 dafür werben, dass eine große Zahl der Mitgliedsstaaten zu Vorreitern der Agenda 2030 wird. Europa könnte sich so in der G20 als Motor einer zukunftsfähigen Globalisierung präsentieren."
Zu Afrika (G20 Compact with Africa):
„Stabilität in der Welt kann es langfristig nur geben, wenn Afrika seinen Platz in der Weltwirtschaft findet. Die G20 sollten dazu beitragen, nachhaltige Infrastrukturen, Städte und Institutionen in afrikanischen Ländern zu entwickeln."
Dennis Snower, Präsident des Instituts für Weltwirtschaft (IfW):
Zur Bedeutung der G20:
„Das persönliche Treffen von Staats- und Regierungschefs ist gerade in Zeiten globaler Unsicherheit ein Wert an sich. Die G20 können nationaler Isolation entgegenwirken und damit globale Kooperation fördern. Probleme wie Terror, Cyberkriminalität, Klimawandel oder Finanzkrisen lassen sich in einer vernetzten Welt nur mit globaler Kooperation lösen."
Zur Digitalisierung:
„Um die Versprechen der Digitalisierung von mehr Wohlstand und Wachstum mit einer sicheren und sozial verträglichen Entwicklung in Einklang zu bringen, müssen die G20 die Anpassung von Menschen an das digitale Zeitalter fördern, etwa durch neue Ausbildungskonzepte. Außerdem muss die Sicherheit von Daten und Infrastruktur eine Priorität für die G20 sein."
Zur Migration:
„Der Schlüssel für eine bessere Flüchtlingspolitik liegt in den Erstaufnahmeländern in Krisenregionen, die übermäßige Lasten tragen. Die G20 müssen diese Länder finanziell viel stärker unterstützen und ihnen beim Aufbau einer angemessenen Infrastruktur, etwa auf dem Wohnungsmarkt und bei der Eingliederung der Flüchtlinge, helfen. Die Förderung von Sonderwirtschaftszonen in Erstaufnahmeländern durch Industriestaaten wäre ein wichtiger Baustein."
Kontakt: Guido Warlimont Institut für Weltwirtschaft (IfW)
Gesellschaft | Politik, 04.07.2017
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