Textilbündnis. Wir sind auf dem Weg

Veränderungen in einer global agierenden Branche befördern

Mehr über
Nachhaltigkeit in der Textilbranche erfahren Sie im Themenspecial Outdoorkleidung und -equipment in der aktuellen Ausgabe
forum Nachhaltig Wirtschaften 2/2019.
Jedes Unternehmen kann über die Gestaltung seines Geschäftsmodells nachhaltiger und „fairer" werden. Es gibt bei kleinen, mittleren und auch großen Unternehmen hinreichend Beispiele für verantwortungsvolles Handeln im Rahmen des eigenen Einflussbereichs, in der eigenen Nische. Und es gibt eine Vielzahl von Produkt- und Prozessinnovationen die ganz klar zeigen: geht nicht gibt’s (fast) nicht…

… und trotzdem erscheint der notwendige Wandel hin zu Menschenrechte achtendem, inklusivem Wirtschaften innerhalb der planetaren Grenzen zu langsam, zu sporadisch und nicht umfassend genug. Hier setzt das Ende 2014 das initiierte Textilbündnis an.
 

Im Zentrum steht die Überzeugung, dass kein Unternehmen – und sei es noch so nachhaltig – und keine Akteursgruppe alleine die zentralen Herausforderungen der globalen Textil- und Bekleidungsindustrie erfolgreich angehen kann. Für tiefgreifende Änderungen braucht es ein möglichst abgestimmtes Vorgehen aller relevanten Akteure. Unternehmen und Verbände, Nicht-Regierungsorganisationen, Gewerkschaften, Standardorganisationen und nicht zuletzt Regierungen müssen ihre spezifischen Rollen, Fähigkeiten und Kapazitäten zur Geltung bringen. Vorwettbewerblich können so Themen wie Löhne und Arbeitnehmerrechte, Substitution von Chemikalien und Umweltschutz, Beschwerdemechanismen, Förderung nachhaltiger Fasern oder Ressourcenschutz nachdrücklicher adressiert werden.
 
Das Textilbündnis zielt also nicht darauf ab, nur die nachhaltige Nische weiter zu verbessern, obwohl die Nachhaltigkeitsvorreiter häufig den Weg weisen können. Vielmehr möchte das Textilbündnis wesentlich dazu beitragen, dass sich die gesamte Textil- und Bekleidungsbranche auf den Weg macht und zwar - wo sinnvoll und erlaubt – in abgestimmter, koordinierter Weise. Neben einer möglichst breiten Beteiligung sind dabei aus unserer nunmehr fast fünfjährigen Erfahrung vier Faktoren besonders erfolgsrelevant:
 
  1. © Bündnis für nachhaltige Textilien, GIZAlle Mitglieder müssen ihrer individuellen Verantwortung nachkommen und die entsprechenden Anforderungen des Bündnisses umsetzen. Im Kern handelt es sich hierbei um die Umsetzung der unternehmerischen Sorgfaltspflichten (Due Diligence), wie sie in den UN Leitprinzipien dargelegt, vom Nationalen Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte eingefordert und in den Empfehlungen der OECD für die Textil- und Bekleidungswirtschaft konkretisiert werden. Auf dieser Grundlage sind alle Mitglieder angehalten, verpflichtende und empfohlene Ziele zu verfolgen und über die Zielerreichung zu informieren.

  2. Alle Mitglieder sind aufgerufen, sich an gemeinsamen Initiativen in Produktionsländern zu beteiligen. Aktuell ist die Beteiligung an Initiativen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen (Indien), zum Chemikalien- und Umweltmanagment (China, Bangladesch) und zur Förderung existenzsichernder Löhne (bislang Kambodscha) möglich. Gerade bei den Bündnisinitiativen geht es darum, dass die Mitglieder einen echten Beitrag zur Lösung struktureller Probleme leisten und gemeinsam mehr erreichen als alleine.

  3. Der Bündnisansatz als Multi-Stakeholder-Initiative umfassende Veränderungen anzustoßen, ist für viele Mitglieder - und nicht nur für die Unternehmen - Neuland, sowohl was die Prozesse als auch was die Breite der behandelten Themen angeht. Um erfolgreich zu sein, muss sich das Bündnis daher immer mehr auch zur Informations-, Lern- und Austauschplattform für Nachhaltigkeit in der deutschen Textil- und Bekleidungsbranche entwickeln.

  4. Als nationale Initiative in einer stark globalisierten Branche vernetzt sich das Bündnis intensiv mit den relevanten Initiativen und Organisationen. Es bestehen bereits strategische Kooperationen mit dem niederländischen Textilbündnis (AGT), der Sustainable Apparel Coalition (SAC), der Fair Wear Foundation, der ZDHC Foundation, SAICM, Textile Exchange (TE) und der Initiative Action, Collaboration, Transformation (ACT). Im Rahmen dieses Kooperationsnetzwerks werden der Umsetzungshebel vergrößert und z.B. über die gegenseitige Anerkennung von Aktivitäten der Aufwand für die Mitglieder reduziert.
Auf diese Weise trägt das Textilbündnis wesentlich zu den Veränderungen in der Branche hin zu mehr Nachhaltigkeit bei. Dass der Ansatz des Bündnisses für die Mitglieder mit Aufwand verbunden ist und wir uns als lernende Organisation ständig weiter entwickeln müssen, ist allen Beteiligten klar. Ebenso klar ist, dass wir mit einer Marktabdeckung von immerhin knapp 50 Prozent noch nicht zufrieden sein können. Einige Akteure mit signifikantem Marktanteil wähnen sich unter dem Radar der kritischen Öffentlichkeit, beziehungsweise gestalten ihren eigenen Einflussbereich/ihre Nische nachhaltiger, auch außerhalb des Bündnisses mit guten Ergebnissen. Auf diese Weise leisten sie aber leider kaum einen Beitrag zu grundlegenden Verbesserungen in den Lieferketten der gesamten Textil- und Bekleidungswirtschaft.
 
© Bündnis für nachhaltige Textilien, GIZAuch vor diesem Hintergrund gewinnt aktuell die Diskussion um gesetzliche Regelungen wieder an Fahrt. Dabei wird sehr häufig ein Gegensatz zwischen freiwilligen Mitgliedsinitiativen wie dem Textilbündnis und einer Regulierung betont. Hier plädiere ich für eine Versachlichung. Beide Instrumente zielen auf Verbesserungen in den Lieferketten ab, setzen dazu aber an unterschiedlichen Punkten an. Sollten bei einer gesetzlichen Regelung z.B. die unternehmerischen Sorgfaltspflichten im Mittelpunkt stehen, so kann das Textilbündnis seinen Mitgliedern bereits heute eine Umsetzungsstruktur bieten, die auf den entsprechenden OECD-Vorgaben basiert. Hinzu kommen passende Lern- und Austauschformate. Darüber hinaus will das Bündnis aber noch weitergehen, als seine Mitglieder „nur" auf ein individuelles „do-no-harm" zu verpflichten. Wir wollen mit Hilfe der Bündnisinitiativen und ganz im Sinne von SDG 17 möglichst weitreichende Partnerschaften für Entwicklung initiieren bzw. uns an solchen beteiligen. So können wir, wie oben dargelegt, echte Beiträge zur Lösung struktureller Probleme leisten. Etwaige gesetzliche Regelungen würden das Bündnis also nicht obsolet machen, sondern den business case für eine gut strukturierte, umsetzungsorientierte Multi-Stakeholder-Plattform eventuell sogar stärken. Denn das Formulieren von Anforderungen ist in aller Regel leichter, als deren Umsetzung.
 
Seit Ende 2014 ist das Textilbündnis auf seinem nicht immer ganz einfachen Weg. Die Initiative verfügt heute über das grundlegende Instrumentarium und die Kooperationsstruktur, um substantielle Verbesserungen in der Textil- und Bekleidungsbranche zu erreichen. Sie agiert dabei im Kontext von staatlichen Vorgaben, Konsumentenerwartungen und Siegeln und nicht zuletzt der Entwicklungen in der Branche und im gesellschaftlichen Umfeld. Weitere Mitstreiter sind uns dabei sehr willkommen.
 
Dr. Jürgen Janssen ist Mitarbeiter der GIZ GmbH und leitet seit Anfang 2016 das Sekretariat des Bündnisses für nachhaltige Textilien, einer Multi-Stakeholder Initiative mit mittlerweile gut 120 Mitgliedern. Zuvor war er Koordinator und Repräsentant des Deutschen Global Compact Netzwerks und vertrat das Netzwerk national und international im Rahmen des UN Global Compact.

Lifestyle | Mode & Kosmetik, 30.04.2019

     
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