Von wegen Würde

Die Idee hinter der ersten Wiener Woche der Würde

Ein Wiener auf der Suche nach dem verloren gegangenen Schatz. Einer, der sich für Nachhaltigkeit einsetzt, der die Fäden zieht, die andere losgelassen haben und der dabei Spaß hat – Martin Rohla und die WWW.

Das Habibi & Hawara - hier mit dem Slogan 'Make Menschlichkeit Great Again' - stellt einen der Veranstaltungsorte für die Wiener Woche der Würde © Markus ThumsJa, Sie lesen richtig – DIE WWW. Was man weltweit als Abkürzung für das World Wide Web versteht, bekommt in Wien gerade eine ganz andere Bedeutung, um nicht zu sagen Dimension, und die habe ich vorgestern Nacht erfahren. Kennen Sie das? Sie denken, Sie sind mit allem fertig, Ihr Projekt, in dem Fall Texte für forum, sind eingetütet, wunderbar, darauf einen schönen kalten Rosé – und dann kommt von Chefredakteur Fritz Lietsch eine E-mail, um 23h47, und die stellt alles auf den Kopf: „…ein Mann, der vor Ideen sprüht, und bei allem, was er macht, hat er die Nachhaltigkeit im Hinterkopf. Über ihn und dessen aktuelles Projekt sollten wir berichten …"

Ok, statt Wein einen schönen starken Espresso und über den Mann recherchiert: Pioniergeist, Verrücktheit, Querdenken. Klingt schon mal gut. Unermüdliches Engagement für ein lebenswertes Leben in einer gesunden Welt. Klingt auch gut. Und jetzt organisiert der Mann auch noch die erste WWW, die „Wiener Woche der Würde". Das klingt super! Morgen Früh, also sozusagen gleich, es ist inzwischen kurz vor 5 Uhr morgens, kontaktiere ich den, der Ökologie, Ökonomie und Soziales, wie es scheint, fast mühelos verbindet.

Wer, wenn nicht er?
Man weiß nicht genau, wo man bei ihm anfangen soll. Martin Rohla ist 54 und ein Tausendsassa: konzessionierter Unternehmensberater, Eigentümer der Goodshares Beteiligungs- und Beratungs GmbH, die gute Geschäftsideen initiiert und oft auch finanziert, und wenn sie nachhaltig sind, umso lieber. Gründer diverser Unternehmen, Bio-Landwirt auf Gut Bergmühle und Gewinner der Ausschreibung der Stadt Wien für das berühmte Schloss Cobenzl, in dem auf 4.500 Quadratmeter eine lebendige kreative Begegnungsstätte entstehen soll. Er ist dreifacher Vater, Jäger aus Passion, steht für die Erzeugung von gutem Fleisch und fährt ohne schlechtes Gewissen einen über 60 Jahre alten Austin Healy. Jedenfalls hin und wieder, denn ansonsten fährt er seit drei Jahren Elektroauto, und in der Stadt auch einen Elektroroller. Er ist ein guter Koch und ein kulinarischer Genießer, immerhin hat er zu allem anderen mit der „Stadtflucht Bergmühle" außerhalb Wiens auch einen Verein für Kochen und Muße gegründet.

Goodshares ist Mitinitiator und Mitgesellschafter der veganen Burgerkette Swing Kitchen und des Habibi & Hawara, einem orientalisch-österreichischen Restaurant in Wien, in dem Geflüchteten als Mitarbeiter eine berufliche Perspektive geboten wird. Und bei einem Kochbuch hat er auch schon mitgeschrieben. Wann macht der Mann eigentlich mal Pause? In nächster Zeit vermutlich nicht, denn jetzt organisiert er auch noch vom 2. bis 5. Mai 2018 die Wiener Woche der Würde. Ein Tausendsassa eben.

Wo, wenn nicht in Wien
Das Habibi & Hawara hat schon jetzt Geschichte geschrieben. Sowohl als Restaurant wie auch als Ort der Integration. © Markus ThumsDie erste Wiener Woche der Würde ist Viktor Frankl gewidmet, der sich als KZ-Überlebender dafür eingesetzt hat, sich immer der menschlichen Würde bewusst zu sein, egal in welcher Lebenssituation man sich befindet. Katja Ratheiser, eine Enkelin von Viktor Frankl und Vorsitzende des Viktor Frankl Instituts, hat die Idee der WWW begeistert aufgenommen, und auch andere Institutionen unterstützen Rohla´s Initiative, so z.B. die Industriellenvereinigung, die Wirtschaftsuniversität Wien, die Kulturabteilung der Stadt Wien, die Wiener Staatsoper und das Filmarchiv Austria. Den Ehrenschutz übernimmt Bundespräsident Dr. Alexander Van der Bellen.

Würde, was für eine Würde?
Würde. Was ist Würde eigentlich? Das hat sich Cicero gefragt, auch Kant, und einer der aktuellen Impulsgeber, Gerald Hüther, Neurobiologe und Professor für Hirnforschung, hat gerade ein Buch zum Thema veröffentlicht. Es geht darin unter anderem darum, dass Würde nicht nur ein ethisch-philosophisch begründetes Menschenrecht ist, sondern ein neurobiologisch fundierter innerer Kompass. Dieser Kompass versetzt uns in die Lage, uns nicht in der Vielfalt der äußeren Anforderungen und Zwänge in einer hochkomplexen Welt zu verlieren. Umso wichtiger ist es, dass wir lernen, die Wahrnehmung der eigenen Würde zu stärken. Denn: Wer sich seiner Würde bewusst ist, ist nicht verführbar.

Die Erste Wiener Woche der Würde befasst sich mit dem Begriff in seinen vielen Facetten und möchte ein Forum ins Leben rufen, das den Begriff, der eine zentrale Rolle in jedem Leben spielt, tiefer ergründen soll. Das Programm geht dabei auf eine Spurensuche, die Inhalte reichen von Würde und Respekt, Würde und Innovation, Würde und Ethik, bis zu Würde und Begleitung Obdachloser, Würde in sozialen Medien und dem so besonders wichtigen und spannenden Thema Würde in der Wirtschaft.

Martin Rohla wäre nicht Martin Rohla, wenn er nicht für das vier Tage dauernde Programm hochkarätige Gäste eingeladen hätte – TheologInnen, WissenschaftlerInnen, UnternehmerInnen, TherapeutInnen, PolitikerInnen. Spannende Impulse sind zum Beispiel zu erwarten von Dr. Zuzana Mihal?inová, Member of the Global Coordinating Team of the Human Dignity and Humiliation Studies; Dr. Edit Schlaffer, Gründerin Frauen ohne Grenzen; Dr. Harald Mahrer, Präsident der Österreichischen Wirtschaftskammer; Kilian Kleinschmidt, Leiter von UNHCR-Flüchtlingslagern; Melissa Fleming, leitende Pressesprecherin der UN-Flüchtlingshilfe, und vielen anderen.

WWW – Win Win Wien
Präsident van der Bellen kommt nicht nur gerne in die 'Stadtflucht Bergmühle' er ist auch Schutzherr der ersten Wiener Woche der Würde © Stadtflucht BergmühleSchwarzmalerei ist so gar nicht seins – Martin Rohla hat eine grundsätzlich hundertprozentig positive Einschätzung der heutigen Zustände dieses Planeten. Er will den Zug, der in vielen Dingen schon sehr in die richtige Richtung geht, weiter beschleunigen, und das erreicht man seiner Meinung nach nicht mit faktenferner Schwarzmalerei, die der Sache, der Nachhaltigkeit, gar nicht gut tut. Und so reiht er sich nicht in die Reihe der ewigen Nörgler ein – er handelt. Da ihm ganz besonders Menschen am Herzen liegen, die in ihrer Würde verletzt wurden, war das ein Grund, warum er das orientalisch-österreichische Restaurant Habibi & Hawara mit mehr als 120 Sitzplätzen in der Wiener Innenstadt mitbegründet hat: Hier bekommen Geflüchtete die Möglichkeit zur Arbeit und zum Lernen, mit einer Perspektive für eine spätere eigene Existenz. Hier bekommen sie ihre Würde wieder.

Das Habibi & Hawara ist auch einer der Veranstaltungsorte der WWW – und einer der Feier-Orte, denn Martin Rohla wäre auch nicht Martin Rohla, wenn er sich nicht auch für die Abende und Nächte etwas einfallen lassen würde, er feiert ja schließlich gerne. „Jeden Abend auch Party irgendwo ...!" mit Poetryslam, gutem Essen und Trinken, Lachen und Feiern, und vielleicht auf den Tischen Tanzen, aus Freude über eine gelungene Veranstaltung. Und das Comeback der Würde! Die erste WWW im Jahr 2018 soll der Start eines nachhaltigen Diskurses sein und eine Tradition begründen. Die Tradition einer Debatte darüber, was es bedeutet, ein Mensch zu sein. Den manchmal verloren gegangenen, lebensnotwendigen Schatz WÜRDE wieder ins Bewusstsein zu rücken und zu entsprechendem Handeln zu ermuntern.

Eine tolle Sache. Dafür habe ich mir gerne die Nacht um die Ohren geschlagen. Ein paar Fragen habe ich allerdings noch, an den Mann, der die Fäden zieht …!

Dagmar Walser

Gesellschaft | Pioniere & Visionen, 10.04.2018
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 01/2018 - Digital in die Zukunft? Tierische Geschäfte! erschienen.
     
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