So wird Energie preiswert! Der Energie-Pakt der Bundesregierung mit der Industrie soll eine nachhaltige Entwicklung fördern.

Der Handel lautet: Preiswerte Energie für Investitionen in Energieeffizienz. Ist das ein guter Deal für Unternehmen?

Über eine deutschlandweite Befragung von Unternehmen unterschiedlicher Größenordnungen und aus verschiedenen Branchen möchte thinkstep AG in Kooperation mit forum Nachhaltig Wirtschaften eine erste Zwischenbilanz ziehen.

Von Martin Blumberg und Markus Michalzik, thinkstep AG
 
Foto: thinkstep - i-StockVor gut 2 Jahren hat die Bundesregierung den Schalter umgelegt. Seit Januar 2013 kommen Unternehmen des produzierenden Gewerbes nur noch dann in den Genuss einer Entlastung der Strom- und Energiesteuer, wenn sie ein Energiemanagement- oder Umweltmanagement-system nachweisen. forum beleuchtet die Hintergründe und Implikationen der Novellierung des Spitzenausgleichs im Rahmen der Strom- und Energiesteuergesetzgebung und lädt seine Leser ein, eine erste Bilanz zu ziehen. Bitte nehmen Sie teil an unserer Befragung. Wir tragen die Ergebnisse an die Bundesregierung heran und möchten damit den Dialog zwischen Politik und Wirtschaft verstärken.
 
Eine schöne neue Welt?
Bis 2012 war die Welt der Betriebsleiter und Umweltmanager noch in Ordnung. Ein einfacher Antrag beim zuständigen Hauptzollamt reichte aus, um in den Genuss von Entlastungen von der Strom- und Energiesteuer (der sog. Ökosteuer) zu kommen.
 
Diese Regelung, die 1999 im Zuge der „Ökologischen Steuerreform" eingeführt wurde, entlastet Unternehmen des produzierenden Gewerbes von der Strom- und Energiesteuer für bestimmte Energieverbräuche, um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden, Energieeffizienz bzw. erneuerbare Energien zu fördern und um die im internationalen Wettbewerb hohe Energie- und Stromsteuerbelastung in Deutschland auszugleichen.
 
Martin Blumberg © thinkstep AGDie möglichen Steuerentlastungen umfassen dabei die Ermäßigung der Steuersätze und den sog. Spitzenausgleich: Das ist die Erstattung der nach Ermäßigung verbleibenden und mit der Entlastung beim Rentenversicherungsbeitrag verrechneten Ökosteuerlast.
 
Leider war der Spitzenausgleich nur bis 31.12.2012 befristet und wird (lt. dem Gesetz zur Änderung des Strom- und Energiesteuergesetzes zur Neuregelung des Spitzenausgleichs in § 10 StromStG und §55 EnergieStG) seit Januar 2013 nur noch gewährt, wenn die antragstellenden Unternehmen ein Energiemanagement- (nach DIN EN ISO 50001), Umweltmanagement- (nach EMAS-Verordnung) oder alternative Systeme (für KMU) nachweisen.
 
War es für das Antragsjahr 2013 noch ausreichend einen Nachweis über den Beginn der Einführung eines dieser Systeme zu erbringen , mussten die Unternehmen in 2014 die Einführung abschließen. Für das Antragsjahr 2015 und Folgejahre gilt das Nachweisverfahren im Regelverfahren (§ 4 der SpaEfV). Zudem müssen die Unternehmen damit beginnen Energieeinsparungen nachzuweisen.
 
Als Nachweis für die Einführung oben genannter Managementsysteme im Sinne von § 55 Absatz 5 EnergieStG und § 10 Absatz 4 StromStG werden folgende Testate anerkannt:
  • Zertifikat oder Überprüfungsauditzertifikat nach DIN EN ISO 50001, eines von beiden ausgestellt durch einen für den Spitzenausgleich zugelassenen Zertifizierer/Gutachter (§ 55 Absatz 8 EnergieStG bzw. § 10 Absatz 7 StromStG)
  • EMAS-Registrierungsurkunde, validierte und aktualisierte Umwelterklärung oder Überprüfungsauditbescheinigung Kleine und mittlere Unternehmen können anstelle dieser Energiemanagement- und Umweltmanagementsysteme ein Energieaudit nach DIN EN 16247-1 durchführen oder alternative Systeme zur Verbesserung der Energieeffizienz einführen.

Der Deal zwischen Industrie und Regierung
Die Bundesrepublik Deutschland hat sich zum Ziel gesetzt bis 2020 die Treibhausgasemissionen um 40% und entsprechend der Zielformulierung der Industriestaaten bis 2050 um mindestens 80% – jeweils gegenüber 1990 – zu reduzieren. Bis 2020 soll der Anteil erneuerbarer Energien am Bruttoendenergieverbrauch 18% betragen und der Primärenergieverbrauch gegenüber 2008 um 20% und bis 2050 um 50% sinken.

 Diese ehrgeizigen Ziele kann die Bundesregierung nur unter massiver Beteiligung aller gesellschaftlichen Akteure und insbesondere durch die Verpflichtung der deutschen Wirtschaft zu diesen Zielen erreichen.

Vor diesem Hintergrund hat die Bundesregierung im August 2012 eine verbindliche Vereinbarung mit der Industrie geschlossen, in der sich die Industrie zu einer außserordentlichen Energieeffizienzsteigerung des produzierenden Gewerbes verpflichtet. In dieser Vereinbarung sagt die Industrie die Einrichtung von Energiemanagementsystemen bzw. Audits in den den Spitzenausgleich beantragenden Unternehmen in Deutschland bis zum Ende des Jahres 2015 zu.

Stimmt das Kosten-Nutzen Verhältnis?
Nach Aussage der Bundesregierung bieten Energieeffizienzmaßnahmen in der deutschen Industrie ein wirtschaftliches Einsparpotential von jährlich 10 Mrd. Euro. Um diese Einsparpotenziale zu heben, koppelt die Bundesregierung nun die Entlastungen von der Strom- und Energiesteuer an die Einführung von Energie- oder Umweltmanagementsysteme. Diese Systeme sind Instrumente um Effizienzpotenziale aufzuzeigen. Sie sind inzwischen durch internationale Normen anerkannt (EN 16001, ISO 50001, EMAS) und bedeuten im Kern die regelmäßige Erfassung der Energie- und Stoffströme und der Minderungspotenziale in den Produktionsprozessen. Die Normen schreiben keine Maßnahmen vor, sondern überlassen es den Unternehmen zu entscheiden, welche wirtschaftlichen und Effizienz steigernden Maßnahmen sie umsetzen wollen.

Markus Michalzik © thinkstep AGSchon heute werden Energie- und Umweltmanagementsysteme bzw. Energieaudits in vielen Unternehmen genutzt, um systematisch Verbesserungschancen in betrieblichen Energieversorgungssystemen zu identifizieren und unter Berücksichtigung der jeweiligen Kosten zu erschließen.

Allerdings ist die Einführung eines Energie- oder Umweltmanagementsystems mit einem nicht unerheblichen Aufwand für die Unternehmen verbunden. Dazu zählen:

  • Kosten für die Beauftragung externer Umweltberater zur Unterstützung der Einführung eines Energie- oder Umweltmanagementsystems
  • Kosten für die Anschaffung von Mess-Systemen (EDV) für eine systematische Erfassung, Verarbeitung und das Reporting von Verbrauchswerten 
  • sowie Zertifizierungskosten durch eine zugelassene Zertifizierungsstelle oder Gutachter (z.B. TÜV, DEKRA, DQS, etc.).

Außerdem müssen Unternehmen zusätzliche Kapazitäten in Form eines Energie- oder Umweltbeauftragten für eine kontinuierliche Aufrechterhaltung des Managementsystems sowie zur Realisierung der identifizierten Effizienzpotenziale bereitstellen.

Diesen Kosten stehen die potenziellen Nutzen durch den Spitzenausgleich im Rahmen der Strom- und Energiesteuergesetzgebung sowie die wirtschaftlichen Potenziale durch die Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen gegenüber.

Stimmt das durch die Bundesregierung propagierte Kosten-Nutzenverhältnis für die Industrie und insbesondere für den deutschen Mittelstand? Entwickelt sich die Novelliierung des Spitzenausgleichs zu einem echten „Triple Win" für Gesetzgeber, Wirtschaft und Gesellschaft für eine nachhaltige Entwicklung?

Wir meinen es ist Zeit eine erste Zwischenbilanz zu ziehen. Über eine deutschlandweite Befragung von Unternehmen unterschiedlicher Größenordnungen und aus verschiedenen Branchen möchte thinkstep AG in Kooperation mit forum Nachhaltig Wirtschaften Antworten auf folgende Fragen geben:

  1. Hat die Neuregelung des Spitzenausgleichs Unternehmen motiviert verstärkt in betriebliche Energieeffizienzmaßnahmen zu investieren?
  2. Sind Steueranreize geeignete Instrumente zur Verbreitung von Managementsystemen und Standards (Energiemanagement nach DIN ISO 50001 oder Umweltmanagement nach EMAS Verordnung)?
  3. In welchem Umfang sind Unternehmen, die Energieeinsparungen realisieren und über den Betrieb eines Energiemanagementsystems oder eines Umweltmanagementsystems verfügen, in den Genuss von Entlastungen der Strom- und Energiesteuer gekommen? 
  4. Wie wirksam ist ein Energiemanagementsystem oder ein Umweltmanagementsystem im Hinblick auf die Verbesserung der Energie- und Ressourceneffizienz von Unternehmen? 
  5. Wie hoch ist bis heute der Anteil der Unternehmen, die vom Steueranreiz keinen Gebrauch machen und aus welchen Gründen ist für einige Unternehmen der staatliche Anreiz nicht stark genug?

Die Ergebnisse dieser Untersuchung sollen der Bundesregierung die Wirksamkeit dieses Politikinstruments aufzeigen und insbesondere Unternehmen, die über kein Energie- oder Umweltmanagementsystem verfügen, Einblicke in den wirtschaftlichen Nutzen der Einführung solcher Systeme geben.

Machen Sie mit. Hier gelangen Sie zur Umfrage. Die Teilnehmer der Untersuchung erhalten die Ergebnisse der Untersuchung kostenfrei zugesandt. Außerdem verlosen wir unter den Teilnehmern 5 Gratis Einjahres-Abonnements des Magazins forum Nachhaltig Wirtschaften.

Kontakt:

Technik | Energie, 29.04.2015

     
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