Susanne Baust
Lifestyle | Einrichten & Wohnen, 28.04.2016
IKT - Wer kommuniziert mit wem?
Smarte Anwendungen der Informations- und Kommunikationstechnologie
Smarte Anwendungen der Informations- und Kommunikationstechnologie: Jeder glaubt zu wissen, worum es geht. Internet, Handy, TV - was sonst? Zum Beispiel um eine Herdplatte oder einen Kühlschrank: Denn in Wirklichkeit kann heute jedes Gerät, das an einem Kabel hängt, ein Teil von IKT sein.
Der zusammenfassende Begriff IKT entstand in den frühen 1980er-Jahren, als die Telefonleitungen digitalisiert wurden und der erste Teletext am Fernsehschirm aufleuchtete. Mit der Verbreitung des Internets startete eine weltweite Vernetzung, doch gleichzeitig wurde auch das Intranet immer verzweigter und stärker genützt. Der Unterschied? Im Intranet findet in erster Linie Datentransfer zwischen Maschinen statt, im Internet hingegen werden Informationen zur menschlichen Verwertung generiert. IKT dient als Deckbegriff für beides: Doch in Zusammenhang mit dem Entstehen von „Smart Cities" ist vor allem der Ausbau und die Absicherung der Dateninfrastruktur von besonderer Bedeutung.

Innovative Kommunikationsnetze werden künftig die Basis jeder „Smart City" darstellen. In Zeiten des demografischen Wandels unserer Gesellschaft wird der Informationsaustausch ohne menschliche Komponente sowohl aus Rentabilitäts-, als auch Sicherheitsgründen einen hohen Stellenwert einnehmen. Es ist davon auszugehen, dass immer mehr ältere Menschen selbstbestimmtes Wohnen mit und ohne Betreuung einem Altersheim vorziehen, und sich daher entsprechend oft physisch alleine in ihren Wohnungen aufhalten werden. Pflegeheime im ursprünglichen Sinn werden nur noch in Notfällen in Anspruch genommen und Seniorenheime als luxuriöser Altensitz, wenn man sich einen solchen leisten kann. Dass die nächste Generation von alten Menschen schon aus dem sich bereits jetzt deutlich abzeichnenden Mangel an Pflege- und Betreuungspersonal in ihren Wohnungen mit vielen alltäglichen Dingen alleine zurecht kommen muss, ist unvermeidlich. Aber man kann sie mit moderner IKT unterstützen: AAL (Ambient Assisted Living) ist ein Forschungsgebiet, das in der Abteilung für Informations-, industrielle Technologien und Raumfahrt im Rahmen von „smart cities" zu den Kernaufgaben des Teams rund um den Abteilungsleiter Mag. Michael Wiesmüller zählt, wobei das bmvit entsprechende Forschungsprojekte nicht nur auf nationaler, sondern auch auf Europäischer Ebene unterstützt.
AAL – „Ambient Assisted Living" für selbstbestimmtes Wohnen
Auf Basis erster Ergebnisse dieser Forschung entstand letztes Jahr in Zusammenarbeit mit der Innovationsplattform AAL Austria das Positionspapier „AAL Vision Österreich", das schon jetzt erkennen lässt, wie vielfältig IKT-basierte Produkte sein können, um älteren Menschen ein selbstbestimmtes und aktives Leben zu bieten. Das beginnt mit vernetzten Sicherheitssystemen in den Wohnungen, die Warninformationen an eine zentrale Stelle schicken, wenn beispielsweise eine BewohnerIn längere Zeit keine Türen oder Fenster öffnet und die Toilette nicht benützt, aber auch ein Personal Monitoring, das den Wohnungsbesitzer informiert, wenn eine Herdplatte nicht abgeschaltet wurde oder die Badewanne überläuft. Es wird Kommunikationszentralen geben, wo Shuttledienste und Mitfahrgelegenheiten organisiert und Dinge des täglichen Bedarfs bestellt werden können. Diese Onlinedienste sind mit Ernährungsberatern verbunden, die Hilfe bei der Zusammenstellung von Einkaufslisten anbieten, aber auch medizinischem Personal, das online Kontrolldaten wie Blutdruck oder Blutzucker überprüft, Dosierungen neu einstellt und bei Bedarf Medikamente bestellt. Videotelefonie ermöglicht es den Angehörigen, jederzeit Face-to-Face zu sprechen und sich gegenseitig von ihrem Gesundheitszustand zu überzeugen. Und ein mobiler Rufknopf am Handy schließlich verständigt bei einem Notfall die Zentrale, damit rasch Hilfe kommen kann. Diese Vision ist durchaus real und umsetzbar, allerdings müssen dafür erst ein ganzes System aus Kontrollstellen und „Daseinsversorgern", also mobilen Diensten, aufgebaut und Standards für Hersteller entwickelt werden, um „Ambient Assisted Living" auch großflächig im Sozialen Wohnbau integrieren zu können. Derzeit gibt es bereits mehrere funktionsfähige Demonstrations-Wohneinheiten im ländlichen Raum, die als Anregung für Bauträger, Entwickler und Produzenten besichtigt werden können, ein weiteres Demo-Projekt im urbanen Raum entsteht gerade.
Urban factoring – zurück zu kleinen Strukturen
Ein weiteres Forschungsfeld, bei dem IKT im Rahmen von „Smart Cities" eine bedeutende Rolle spielt, ist die Rückkehr der produzierenden Industrie in dicht besiedelte Gebiete. „In den 60er-Jahren war in Großstädten wie New York City ein Großteil der arbeitenden Bevölkerung in der Industrie tätig, heute sind es nicht einmal mehr 10 Prozent. Die Stadt Wien, die noch Mitte der 90er-Jahre 120.000 Personen in der produzierenden Industrie (Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitern) beschäftigen konnte, musste innerhalb von 15 Jahren einen kontinuierlichen Rückgang dieser Zahl auf 84.000, also fast um ein Drittel, registrieren", so Mag. Michael Wiesmüller. „Aber es gibt auch einen gegenläufigen Trend, den wir als Basis unserer Forschungstätigkeit nutzen möchten. Durch die zunehmende Individualisierung und Spezifizierung werden Produktauflagen zwar vielfältiger, aber immer kleiner: Diese können dann oft besser in kleinen Werkstätten und Produktionsgemeinschaften im urbanen Umfeld produziert werden, da sich lange Transportwege, für die man vielleicht auch noch Container benötigt, nicht auszahlen. Man muss aber erforschen, wie man vorhandene Bausubstanz, zum Beispiel stillgelegte Fabriken, revitalisieren kann, damit sich dort moderne Produktionsabläufe rationell, nachhaltig und umweltschonend abwickeln lassen." Eine andere Idee sind vertikale Montagebänder, die weniger Fläche benötigen und durch den Verlauf von oben nach unten sogar energieeffizienter arbeiten. Verteilt man auch noch die einzelnen Produktionsschritte auf verschiedene Standorte in einer Stadt und steuert sie zentral mittels IKT, so ist auch eine „Smart City" als Industriestandort wieder attraktiv.
Der Beitrag ist mit der freundlichen Unterstützung des Österreichischen Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie entstanden. Entgeltliche Einschaltung.
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 02/2016 - Zukunft gestalten erschienen.
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