Neu:wagen

Wir Gratulieren

Die Eberhard von Kuenheim Stiftung wird 15 Jahre alt und eröffnet die forum Serie über „Stiftungen für eine nachhaltige Entwicklung".
 
Mehr Wirkung! Müsste man die Arbeits- und Wirkungsweise der Eberhard von Kuenheim Stiftung in zwei Worten zusammenfassen, dann wohl am treffendsten mit diesen. Im Jahr 2000 von der BMW AG zu Ehren ihres langjährigen Vorstands- und Aufsichtsratsvorsitzenden Eberhard von Kuenheim gegründet, hat die Stiftung den Auftrag, unternehmerisches Denken und Handeln zu fördern – über den wirtschaftlichen Kontext hinaus, im Dienste einer werteorientierten Gesellschaft.
 
tat:funk - Schüler entdecken unternehmerisches Handeln. © Eberhard von Kuenheim StiftungUnter dem Motto „freude am neu:wagen" entwickelt, erprobt und begleitet die Eberhard von Kuenheim Stiftung seit 15 Jahren neue Lösungsmodelle für aktuelle gesellschaftliche Fragestellungen. Ob es um die Förderung kleiner Denker, die Verbesserung der Chancen von Migranten oder um Unterstützung für gestandene Unternehmer bei der Umsetzung von Nachhaltigkeitsprojekten geht.
 
Stets möchte die Stiftungsarbeit diesen drei Maximen folgen:
  1. Immer da, wo es im Getriebe der Gesellschaft hakt, wo Stillstände auftreten, wird die Stiftung tätig. Sie analysiert die Problemfelder, sucht nach innovativen Lösungen und entwickelt und erprobt diese anhand von konkreten Projekten.
  2. Die Stiftung versteht sich in erster Linie als Impulsgeber für nachhaltige Lösungen. Das heißt, es werden solche Projekte entwickelt und in die Selbständigkeit geführt, die auf andere Strukturen übertragbar sind, deren Wirkung sich möglichst aus sich heraus verstärkt und die das Potential haben, über Jahre hinaus immer weitere Kreise zu ziehen. Bei jedem Projekt bringt die Stiftung daher von Anfang an Menschen und Partner aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und dem gemeinnützigen Sektor zusammen, die dann in der Folge ein Netzwerk bilden oder selbst tätig werden.
  3. Die Vision der Stiftung von einer selbsttätigen Gesellschaft impliziert, dass ihre Projekte immer auch dem Ziel dienen, Menschen überhaupt in die Lage zu versetzen, sowohl eigenverantwortlich als auch verantwortungsvoll im Sinne der Gesellschaft zu handeln. Damit versucht die Eberhard von Kuenheim Stiftung nachhaltig die Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft zu stärken.
JOBLINGE: gemeinsam gegen Jugendarbeitslosigkeit © JOBLINGE gAGAuf diesen drei Grundpfeilern beruhen stets auch die zwei Handlungsschwerpunkte der Stiftungsarbeit: Die Themen Bildung und werteorientiertes unternehmerisches Handeln. Das zeigten schon die ersten zwei Projekte, mit denen die Stiftung im Jahre 2001 ihre konkrete Arbeit begann. So ging es bei Neuanfang für Theresienthal nicht nur um die Rettung einer Glasmanufaktur und den Erhalt von Arbeitsplätzen, sondern auch darum, ein langfristiges Unterstützerbündnis, innovative Unternehmensstrukturen sowie ein übertragbares Modell für die Beteiligung von Mitarbeitern am Wiederaufbau zu entwickeln. Und ebenso ging es bei dem Bildungsprojekt tat:funk nicht allein darum, ein Schulprojekt (Schüler realisieren in eigener Regie eine Radiosendung) an einer bestimmten Schule zu entwickeln, sondern darum, ein übertragbares Modell für Projektarbeit an allen Gymnasien zu schaffen, da diese Unterrichtsform den Schülern dringend notwenige Freiräume für eigenverantwortliches Handeln ermöglicht.
 
Ein Beispiel für eine nachhaltige Wirkungsweise ist das Projekt JOBLINGE, das die Aufgabe hat, selbst chancenlose Schulabgänger mit Hilfe von ehrenamtlichen Mentoren und individuellem Training ins Arbeitsleben zu vermitteln. 2007 von The BostonConsulting Group und der Eberhard von Kuenheim Stiftung gemeinsam initiiert und konzipiert, funktioniert JOBLINGE heute als selbständiges, bundesweites Netzwerk nach dem Prinzip des Social Franchising an 13 Standorten. Fast 3.000 jugendliche Langzeitarbeitslose konnten auf diese Weise seitdem vermittelt werden. Mit 1400 Unternehmen, 1200 ehrenamtlich engagierten Mentoren und 30 Institutionen der öffentlichen Hand ist das Netzwerk zudem ein beeindruckendes Beispiel dafür, was eine aktive Zivilgesellschaft zu leisten vermag.
 
Junge Vor!Denker - Kinder erleben Freude an Verantwortung © Eberhard von Kuenheim StiftungEine Entwicklung ganz anderer Art hat hingegen das 2011 gestartete Projekt Lehr:werkstatt erfahren. In Zusammenarbeit mit mittlerweile vier Universitäten unterrichten jeweils ein Lehrer und ein Lehramtsstudierender im Tandem ein Jahr lang gemeinsam. Dieses Projekt zielt sowohl auf eine sofortige Verbesserung des Bildungsklimas (Studenten erhalten früher Einblick in den Beruf, Lehrer werden inspiriert, Schüler intensiver betreut) als auch auf eine nachhaltige modellhafte Wirkung. Dieses gut erprobte und evaluierte Tandem-System kommt nun in einer aktuellen Notlage zum Tragen. Im September 2015 wird das Modell erstmals auch an Münchner Berufsschulen mit Flüchtlingsklassen angewandt. Denn die Klassen sind übervoll, die Schülerschaft ist extrem heterogen, und die Lehrer stehen akut unter großem Druck.
 
In den vergangenen Jahren hat die Eberhard von Kuenheim Stiftung sich thematisch zunehmend auch dem Spannungsfeld zwischen unternehmerischem Handeln und Nachhaltigkeit angenommen. So will die Initiative Verantwortung unternehmen Führungskräfte aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und dem gemeinnützigen Sektor konkret dabei unterstützen, nachhaltige Handlungsfelder im eigenen Unternehmen umzusetzen.
 
Aus dem Anliegen, auch die Anlage des Stiftungsvermögensnachhaltiger und wirkungsorientierter zu gestalten, ist in Kooperation mit der Schwesterstiftung, der BMW Stiftung Herbert Quandt, das Projekt Sinnvestition entstanden. Das selbst gesteckte Ziel ist es, das Stiftungskapital zunehmend so anzulegen, dass durch das Investment neben dem finanziellen Gewinn auch eine soziale/ökologische Wirkung (Impact Investing) erzielt wird. Um das eigene Portfolio teilweise auf Impact Investing umzustellen, war es jedoch notwendig, die entsprechenden Strukturen und Rahmenbedingungen zu schaffen (Anpassung der Anlagerichtlinien, Klärung der rechtlichen Voraussetzung, etc.). Um die dadurch gewonnenen Erfahrungen mit anderen zu teilen, wurde im Rahmen des Projekts gemeinsam mit dem Bundesverband Deutscher Stiftungen ein sg. „Expertenkreis Impact Investing" ins Leben gerufen. Aus diesem ging unter anderem ein MRI Pilotfonds hervor, der von BonVenture umgesetzt wurde. Auch wird im Frühjahr zusammen mit dem Bundesverband ein Ratgeber veröffentlicht, der das gesammelte Expertenwissen zusammenfassen und Stiftungen den Einstieg ins Impact Investing erleichtern soll.
 
Im kommenden Oktober wird die Eberhard von Kuenheim Stiftung ihr fünfzehntes Jubiläum begehen. Zeit also für eine Reflektion auch über die eigene Positionierung. Denn nicht nur die Gesellschaft hat sich in den 15 Jahren des Wirkens (hoffentlich) gewandelt, auch die Stiftung selbst hat sich beständig weiterentwickelt. Konzentrierte sie sich anfangs noch auf wenige Leuchtturm-Projekte, so stellte sie ihr daraus gewonnenes Know-how später zunehmend als Dienstleister für Entwicklungsarbeit von Projekten zur Verfügung. Heute definiert sie sich als Manufaktur für gesellschaftliche Verantwortungsräume und entwickelt selber Lösungen für gesellschaftlich relevante Probleme.

Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 04/2015 - Ertrinken wir in Plastik? erschienen.

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