Lifestyle | LOHAS & Ethischer Konsum, 01.04.2015
Away
Ein Film, der es feiert, weg zu sein und gleichzeitig einen Weg zu finden.
Im forum-Interview die Regisseure des Filmes, Kevin & Tobias Schmutzler.
37 Koffer, 14 Abenteurer und 1050 Kohletabletten im Handgepäck. Keiner der jungen Filmemacher konnte sich nur im Ansatz vorstellen, was sie auf der Reise zu ihrem ersten Film AWAY erwartet. Kevin und Tobias Schmutzler, die beiden Regisseure, sitzen im Flugzeug auf dem Weg nach Dehli voller Tatendrang, um ihren ersten großen Spielfilm abzudrehen. Eine gute Portion Mut, aber auch Ungewissheit begleitet sie auf dem Weg nach Indien. Entstehen soll ein abendfüllender Film, der eine universelle Geschichte unserer Zeit erzählt. Der Protagonist David Keller (gespielt von Tobias selbst) bricht aus der Routine des Alltags aus, um etwas in der Welt zu bewegen. Er flieht vor den starren Konventionen in ein Land, von dem er sich eine Menge verspricht. Er möchte sich finden, seine Träume leben und etwas Gutes vollbringen. Er reist in ein Camp für Entwicklungshilfe, um einen Brunnen zu bauen. Mit AWAY möchten die Filmemacher diese Erfahrungen teilen und ermutigen, auch Dinge mit unbekanntem Ausgang anzupacken, denn was der Film AWAY zeigt, ist vor allem eines: Es lohnt sich seine Träume zu Leben!Kevin & Tobias, das Cosmic Cine Filmfestival ist euer erstes Festival, wie werden die Moderatoren euren Filmtitel ankündigen?
Tobias: Away.
Kevin: Oder A way, denn beide Varianten legen den Fokus der Erzählung auf einen anderen Punkt. Welcher das dann für den Zuschauer ist, kann jeder selbst entscheiden.
Ihr beide und eure Filmcrew seid blutjung – wie kamt ihr dazu, gleich einen ganzen Spielfilm zu machen?
Tobias: Die Idee kam mir 2011. Da war gerade der Track „Auf und Davon" vom deutschen Rapper Casper in den Charts. Darin singt er die Zeilen: „Immer nur funktionieren nach Regeln und Listen, will inmitten der Schnappschüsse mal das Leben erwischen und bin weg, weit weg..." – das hat uns inspiriert. Kevin: Genau. Es geht um ein gewisses Lebensgefühl. Bei uns selbst, aber im Prinzip bei allen aus der Generation Y. So viele von uns haben dieses Problem mit der Routine im Alltag, den Regeln, wie es eben gemacht werden sollte und schon immer gemacht wurde. Ein langer Weg des Studierens, bis es endlich losgehen kann. Klar ist es wichtig, Dinge zu lernen, doch genauso wichtig ist es, Erfahrungen im aktiven Tun zu sammeln. Ich glaube, da ist unsere Gesellschaft über die Jahre aus dem Gleichgewicht geraten. Wir wollten den Film unbedingt machen und fühlten uns bereit. Warum also warten?
Nicht allen Menschen fällt es so leicht, ihren Träumen zu folgen.
Warum, glaubt ihr, ist das so?
Kevin: Wir befinden uns in einer Zeit, in der die Möglichkeiten unendlich scheinen. Aber bei so vielen Optionen wissen die meisten gar nicht mehr, was sie eigentlich wollen.
Tobias: Ich glaube, dass bei vielen auch Angst eine Rolle spielt. Angst, weil unser System nicht darauf ausgelegt ist, Zeit zum Entdecken und Erleben zu haben. Oder eben Zeit, Fehler zu machen, um daraus zu lernen. Ich glaube, unsere Generation möchte sich die Frage „Hätte ich doch..." nicht mehr stellen.
„Auf und davon" ist somit die Lösung?
Tobias: Es gibt kein Universalrezept, wie man sich selbst besser kennen lernt. Es geht im Grunde um Bewusstseinserweiterung, um Perspektivwechsel und Erfahrungen. „Auf und davon" fasst unseren Film und unser Erlebnis zusammen. Doch geht es nicht nur um das Ausbruchmotiv, sondern eben darum, sich selbst und die Welt zu entdecken. Verantwortung zu übernehmen für das, was man ist und tut. Wir sind durch den Film AWAY zum Beispiel auf ein anderes aktuelles Thema gestoßen, das unserer Meinung nach vielen häufig nicht bewusst ist: die Wasserproblematik in Entwicklungsländern.
Wie sieht die Wasserproblematik denn in Indien konkret aus?
Kevin: Eins der Probleme, von dem wir auch im Film erzählen, ist arsenhaltiges Grundwasser. Arsen ist für uns Menschen giftig und langfristig sehr schädlich.
Tobias: Dank der Zusammenarbeit mit den Hilfsorganisationen Viva con Aqua und der Deutschen Welthungerhilfe haben wir eine umfassende Einführung in die Herausforderung der Menschen rund um das Thema Wasser in Indien bekommen. Das konnten wir dann auch im Film weitergeben.
Was ist das Besondere an Away?
Tobias: Ganz klar, dass Davids Geschichte auch unsere ist. Wir sind genau wie er in den Flieger gestiegen und nach Indien geflogen. Es gab tausende Unbekannte: die Locations, die Darsteller, das Wetter... Wenn wir Pech gehabt hätten, stünden wir jetzt hier und hätten ein ziemlich teures Urlaubsvideo ...Kevin: Indien hat uns alles abverlangt. Wir sind an unsere Grenzen gegangen und darüber hinaus. Aber das ist okay, weil wir darauf aus waren, ein Abenteuer zu erleben, während wir einen Abenteuerfilm drehen. Das war unsere Idee – eine Kombination aus Fiktion und Doku, das macht AWAY besonders. Vieles, was wir selbst erlebt haben, haben wir über Nacht in bestehende Szenen reingeschrieben. Doch schaut Euch den Film selbst an, ihr werdet sehen wie die Realitäten verschwimmen.
Tobias: Außerdem wird Away Mut machen und dem Publikum einfach vor Augen führen, was alles möglich sein kann – mit der nötigen Portion Glauben und Durchhaltevermögen.
Euer Abenteuer hört sich kostspielig an.
Wie seid ihr an das Thema Finanzierung herangegangen?
Tobias: Man könnte es unkonventionell nennen.
Kevin: Aber man kann es auch innovativ nennen. Wir haben uns Partner gesucht, die ein thematisches Interesse an Away hatten. Die haben das Projekt zum Großteil getragen. Einen weiteren Teil haben wir über Crowdfunding finanziert.
Tobias: Und der letzte Rest kam von uns selbst und natürlich dem großen Engagement aller Beteiligten, das mit Geld einfach nicht zu bezahlen ist. Für eine Sache zu brennen, das erst macht sie lebendig. Genau das spüren wir auch bei dem Festivalteam von Cosmic Cine und freuen uns schon jetzt auf die Stimmen der Festivalbesucher, denn den Award zu gewinnen, wäre natürlich ein Highlight.
Von Fritz Lietsch
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 02/2015 - Nachhaltige Mode erschienen.
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