Auf das Klima kommt es an
Entscheidend für die betriebliche Gesundheitsvorsorge ist eine gesunde Unternehmenskultur
Der Philosoph Hans-Georg Gadamer war schon über 90 Jahre alt, als er in einem seiner legendären Vorträge über die „Verborgenheit der Gesundheit" sprach. Verborgen, so der betagte Denker, sei die Gesundheit deshalb, weil der Mensch sie meist nicht wahrnimmt und erst durch ihr Fehlen auf sie aufmerksam wird. „Wenn wir gesund sind, sind wir eigentlich an das weggegeben, was jeweils für uns da ist, und jeder weiß, wie leicht jedes Missbehagen, (…) diesen gehobenen Zustand von Wachheit stört."
Wenn heute in Unternehmen über Gesundheitsvorsorge, Resilienz und Gesundheitsmanagement diskutiert wird, darf man das als Symptom dafür nehmen, dass es um die Gesundheit der Menschen nicht zum Besten steht. Und in der Tat: Der Krankenstand steigt, die Fehlzeiten nehmen zu, und die Personalverantwortlichen fragen sich, wie sie damit umgehen wollen.
Und wie es so zu gehen pflegt: Kaum ist das Thema auf dem Tisch, kommen auch schon findige Berater und Coaches, die mit einem Arsenal von Methoden und Techniken aufwarten, die alle dazu dienen, die Gesundheit in die Unternehmen zurückkehren zu lassen. Es gibt Resilienz-Trainings für Führungskräfte, Meditation für die Belegschaft, Mindfulness Based Stress Reduction für jedermann; was alles gut und schön ist und sicher den geplagten Arbeitstieren der Gegenwart ein gewisses Maß an Wohlbefinden beschert. Ob damit aber der Auslöser der betrieblichen Gesundheitskrise behandelt werden kann, darf bezweifelt werden.
Gesundheit ist eine Beziehungsqualität: die Qualität einer stimmigen Kommunikation von Mensch und Welt. Sie stellt sich ein, wenn er auf angemessene Weise mit seiner Umgebung im Austausch steht – etwa vermöge seines Immunsystems oder seines Stoffwechsels, ebenso aber auch vermöge seiner kognitiven Datenverarbeitung. Aus diesem Grund ist es gesundheitsfördernd, in einem guten Umfeld zu leben und zu arbeiten. Denn nur wo Menschen wenig Reibungsverluste nach außen haben, kann auch ihr Inneres die ihm angemessene Harmonie finden.
Methoden, Techniken und Programme helfen da wenig. Oft wird so noch mehr Druck aufgebaut; denn wenn ich nicht achtsam genug meditiert habe, bin ich es wohl selber schuld, wenn mir der Magen zwackt und der Rücken schmerzt. Wer schon depressionsgefährdet ist, wird nicht gesünder, wenn ihm solches durch den Kopf geht. Deshalb ist es nicht gut, wenn die betriebliche Gesundheitsvorsorge auf den Arbeitnehmer abgewälzt wird und sich darauf fokussiert, Methoden und Techniken der Resilienz anzubieten. Das hat nur dann einen nachhaltigen Wert, wenn es eingebettet ist in eine gesunde Unternehmenskultur: wenn es verortet ist in einem Klima der Verbundenheit und Kommunikation.
Nicht die viele Arbeit macht die Menschen krank, sondern die Einsamkeit vorm Monitor – das Nicht-mehr-dazu-Gehören, das Abgehängt-Sein, das Sich-nicht-mehr-mit-der-Firma-identifizieren-Können. Hier muss innovatives Gesundheitsmanagement ansetzen, indem es Kulturräume schafft, in denen Begegnung möglich wird: Gesünder als ein ayurvedisches Menü ist für einen Manager zuweilen eine Portion Fritten mit dem Hausmeister, oder ein Bier mit dem Vorarbeiter. Begegnung heilt den Menschen – und eine Kultur, in der er Verbundenheit erfahren kann.
Der Kulturwissenschaftler Hartmut Schröder von der Viadrina Universität Frankfurt/Oder plädiert mit Grund dafür, eine neue Disziplin der Kulturheilkunde zu profilieren, um dem Einfluss der Kultur auf unser Wohlergehen Rechnung zu tragen. Unternehmen können diesen Impuls aufnehmen, indem sie ein kulturelles Klima schaffen bzw. eine Atmosphäre kultivieren, worin Gesundheit und Lebendigkeit gedeihen.
Wenn heute in Unternehmen über Gesundheitsvorsorge, Resilienz und Gesundheitsmanagement diskutiert wird, darf man das als Symptom dafür nehmen, dass es um die Gesundheit der Menschen nicht zum Besten steht. Und in der Tat: Der Krankenstand steigt, die Fehlzeiten nehmen zu, und die Personalverantwortlichen fragen sich, wie sie damit umgehen wollen.
Und wie es so zu gehen pflegt: Kaum ist das Thema auf dem Tisch, kommen auch schon findige Berater und Coaches, die mit einem Arsenal von Methoden und Techniken aufwarten, die alle dazu dienen, die Gesundheit in die Unternehmen zurückkehren zu lassen. Es gibt Resilienz-Trainings für Führungskräfte, Meditation für die Belegschaft, Mindfulness Based Stress Reduction für jedermann; was alles gut und schön ist und sicher den geplagten Arbeitstieren der Gegenwart ein gewisses Maß an Wohlbefinden beschert. Ob damit aber der Auslöser der betrieblichen Gesundheitskrise behandelt werden kann, darf bezweifelt werden.
Gesundheit ist eine Beziehungsqualität: die Qualität einer stimmigen Kommunikation von Mensch und Welt. Sie stellt sich ein, wenn er auf angemessene Weise mit seiner Umgebung im Austausch steht – etwa vermöge seines Immunsystems oder seines Stoffwechsels, ebenso aber auch vermöge seiner kognitiven Datenverarbeitung. Aus diesem Grund ist es gesundheitsfördernd, in einem guten Umfeld zu leben und zu arbeiten. Denn nur wo Menschen wenig Reibungsverluste nach außen haben, kann auch ihr Inneres die ihm angemessene Harmonie finden.
Methoden, Techniken und Programme helfen da wenig. Oft wird so noch mehr Druck aufgebaut; denn wenn ich nicht achtsam genug meditiert habe, bin ich es wohl selber schuld, wenn mir der Magen zwackt und der Rücken schmerzt. Wer schon depressionsgefährdet ist, wird nicht gesünder, wenn ihm solches durch den Kopf geht. Deshalb ist es nicht gut, wenn die betriebliche Gesundheitsvorsorge auf den Arbeitnehmer abgewälzt wird und sich darauf fokussiert, Methoden und Techniken der Resilienz anzubieten. Das hat nur dann einen nachhaltigen Wert, wenn es eingebettet ist in eine gesunde Unternehmenskultur: wenn es verortet ist in einem Klima der Verbundenheit und Kommunikation.
Nicht die viele Arbeit macht die Menschen krank, sondern die Einsamkeit vorm Monitor – das Nicht-mehr-dazu-Gehören, das Abgehängt-Sein, das Sich-nicht-mehr-mit-der-Firma-identifizieren-Können. Hier muss innovatives Gesundheitsmanagement ansetzen, indem es Kulturräume schafft, in denen Begegnung möglich wird: Gesünder als ein ayurvedisches Menü ist für einen Manager zuweilen eine Portion Fritten mit dem Hausmeister, oder ein Bier mit dem Vorarbeiter. Begegnung heilt den Menschen – und eine Kultur, in der er Verbundenheit erfahren kann.
Der Kulturwissenschaftler Hartmut Schröder von der Viadrina Universität Frankfurt/Oder plädiert mit Grund dafür, eine neue Disziplin der Kulturheilkunde zu profilieren, um dem Einfluss der Kultur auf unser Wohlergehen Rechnung zu tragen. Unternehmen können diesen Impuls aufnehmen, indem sie ein kulturelles Klima schaffen bzw. eine Atmosphäre kultivieren, worin Gesundheit und Lebendigkeit gedeihen.
Christoph Quarch
ist Philosoph aus Leidenschaft. Seit ihm als junger Mann ein Büchlein mit »Platons Meisterdialogen« in die Hand fiel, beseelt ihn eine glühende Liebe (philia) zur Weisheit (sophia), die er als Weg zu einem erfüllten und lebendigen Leben versteht. Als Autor, Publizist, Berater und Seminarleiter greift er auf die großen Werke der abendländischen Philosophen zurück, um diese in eine zeitgemäße Lebenskunst und Weltdeutung zu übersetzen."
ist Philosoph aus Leidenschaft. Seit ihm als junger Mann ein Büchlein mit »Platons Meisterdialogen« in die Hand fiel, beseelt ihn eine glühende Liebe (philia) zur Weisheit (sophia), die er als Weg zu einem erfüllten und lebendigen Leben versteht. Als Autor, Publizist, Berater und Seminarleiter greift er auf die großen Werke der abendländischen Philosophen zurück, um diese in eine zeitgemäße Lebenskunst und Weltdeutung zu übersetzen."
Lesen Sie mehr von ihm unter www.christophquarch.de
Gesellschaft | Pioniere & Visionen, 21.01.2015
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